Fort Myers/Herdecke. Mit einer Naturkatastrophe startete das letzte College-Jahr für Kaja Reinhardt in Florida. Wie die Herdecker Schwimmerin nach Hurrikan Ian half:

Es ist das letzte von vier Jahren für Kaja Reinhardt am US-College in Florida. Und es ist ein besonderes, nicht nur weil die Schwimmerin aus Herdecke die wassersportliche Equipe der „Florida Gulf Coast University“ (FGCU) als einer von drei „Team Captains“ anführt.

Im vierten Jahr schwimmt die Herdeckerin Kaja Reinhardt für die Florida Gulf Coast University (FGCU).
Im vierten Jahr schwimmt die Herdeckerin Kaja Reinhardt für die Florida Gulf Coast University (FGCU). © adam koszo | FGCU

Zu Beginn des letzten Semesters hat im Herbst Hurrikan „Ian“, der insgesamt mehr als 100 Todesopfer forderte, den Studienort Fort Myers schwer verwüstet. „Das war hier ein Jahrtausend-Ereignis, das Schlimmste, was diese Region je getroffen hat“, sagt die 22-Jährige, die den verheerenden Wirbelsturm im sturmgeplagten Florida einigermaßen unbeschadet überstand. Und mit ihren Teamkolleginnen in der Folge anpackte, um in der verwüsteten Nachbarschaft zu helfen: „Das hat alle näher zusammengebracht.“

Auch interessant

Es ist wieder Normalität eingekehrt im Sonnenstaat, auch nach der jüngsten Kältewelle mit eisigen Temperaturen selbst in Florida werden nun 26 Grad Celsius fürs Wochenende vorhergesagt. Und den ersten Schwimm-Wettkampf des Jahres gegen Eastern Michigan konnte die FGCU-Crew im Freiluft-Pool ihres „Aquatics Center“ bei angenehmen Bedingungen absolvieren. „Es ist sehr, sehr cool, jeden Tag draußen trainieren zu können“, liebt Kaja Reinhardt, die diesmal Rang fünf in der Staffel und sechste Plätze über 50 und 100 Yards Freistil zum Sieg beitragen konnte, ihr Leben in Florida: „Es ist toll, eine Gruppe von 30 jungen Frauen zu haben, die für das Gleiche brennt, nämlich für Schwimmsport.“

Athleten helfen bei Wiederaufbau

Nach Hurrikan „Ian“ hilft das Schwimmteam in Fort Myers beim Wiederaufbau
Nach Hurrikan „Ian“ hilft das Schwimmteam in Fort Myers beim Wiederaufbau © Kaja Reinhardt

Eine Gruppe, die durch eine Naturkatastrophe noch weiter zusammengeschweißt wurde. Ende September wütete „Ian“ als einer der schwersten Hurrikans in der Geschichte Floridas mit Windstärken von bis zu 240 Kilometern pro Stunde über die südwestliche Küste, die Zerstörungen waren aus dem All zu erkennen. „Nicht nur der Wind hat viele Schäden angerichtet, besonders die kilometerweit ins Inland stürmende Flut mit bis zu dreieinhalb Metern Wasserhöhe war verheerend“, weiß Kaja Reinhardt, die am College Umwelt-Ingenierwesen studiert: „Ich lebe seit vier Jahren hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“ In Fort Myers Beach seien 90 Prozent der Häuser komplett kaputt, die vorgelagerten Inseln Sanibel und Captiva völlig zerstört. Der Campus sei relativ weit von der Küste entfernt und habe kaum Schäden, das galt auch für das Studenten-Appartement, das sie mit drei Kommilitoninnen bewohnt. „Aber auch wir hatten weder Strom noch Wasser und wurden evakuiert, weil unser Appartement nicht als Hurrikan-sicher galt“, sagt sie, „erst nach einer Woche durften wir zurück.“ Und über 24 Stunden waren alle Netzwerke lahmgelegt, weder Telefon- noch Handynetz noch Internet oder Fernsehen funktionierten: „Erst danach konnte ich mich wieder zuhause melden.“

Auch interessant

Nachdem der Sturm abgeklungen war, machten sich die „Student Athlets“ zügig zum Hilfseinsatz in der zerstörten Region auf. „Morgens von sieben bis neun haben alle trainiert, danach haben wir uns getroffen und sind in die Vororte gefahren“, erzählt Kaja Reinhardt, „eine Woche haben wir so jeden Tag für bis zu acht Stunden den Familien geholfen, ihre Häuser leerzuräumen. Es war cool zu sehen, wie viele Leute da mitgeholfen haben.“ Nur die besonders zerstörten Orte, bei denen mit Toten zu rechnen war, blieben Feuerwehr und Polizei vorbehalten.

Start ins letzte Jahr in Florida: Kaja Reinhardt trainiert am College für das Finale der CCSA im Februar.
Start ins letzte Jahr in Florida: Kaja Reinhardt trainiert am College für das Finale der CCSA im Februar. © Florida Gulf Coast University/Linwood Ferguson

Wechsel an anderes College

Erst einen Monat später fanden wieder Schwimmwettkämpfe statt. Zunächst „Dual Meets“ gegen andere Unis, Mitte Februar stehen dann in Knoxville, Tennessee die CCSA-Championships, also die Meisterschaften der höchsten College-Division statt. In CCSA-Finals hat es Kaja Reinhardt mehrfach geschafft, seitdem sie 2019 nach der Grundschulzeit an der Herdecker Schraberg-Schule und dem Abitur in Dortmund wegen der professionellen Schwimm-Möglichkeiten ans College gewechselt ist. „Vor allem auf den Freistilsprintdistanzen“, sagt die Herdeckerin, die aus einer schwimmbegeisterten Familie stammt, für Stammklub SG Dortmund zweimal DM-Bronze gewann und mit 16 Teil des Jugend-Nationalteams war.

Auch interessant

„Wir waren im Urlaub immer am Meer, aber nicht zum Sonnenbaden“, erklärt sie ihre Wassersportbegeisterung, der sie aber nur bis zur Bachelor-Arbeit im Mai in Florida nachgehen kann. In den USA hängt sie aber vielleicht noch ein Jahr dran, nicht nur für ihren Master. „Normalerweise darf man vier Jahre am College schwimmen. Wegen der Corona-Pandemie hat aber jeder Student ein Extrajahr“, sagt sie, „und mich würde es reizen, noch eine andere Stadt und einen anderen US-Staat kennenzulernen.“ Vorausgesetzt, man kann dort stets draußen schwimmen.