Hagen. Phoenix-Routinier JJ Mann und seine Familie lieben ihr Leben in Hagen. Warum es sie hierherzog und was es mit dem „David-Bell-Plan“ auf sich hat.

Es ist von Vorteil, wenn man einen Plan für das eigene Leben hat. Das schafft Klarheit und hat den netten Nebeneffekt, dass die Eltern beruhigt sind. JJ Mann und Amy Jo Mann haben so einen Plan. Sie haben ihrer Vorstellung vom Leben sogar einen eigenen Namen verpasst, möglicherweise lassen sie ihn noch patentieren. Es handelt sich um den „David-Bell-Plan“, und der funktioniert so: JJ spielt so lange Basketball für Phoenix Hagen, wie seine Knochen es ihm erlauben, seine Familie unterstützt ihn bei jedem Spiel, sie wächst, gedeiht und genießt das Leben. Und im besten Fall steigt JJ nebenbei noch zur Hagener Basketball-Legende empor – wie David Bell es eben tat.

Familie Mann hat sich eingelebt

Aktuell könnte sich die US-amerikanische Familie Mann nichts Schöneres vorstellen, als dass dieser Plan verwirklicht wird. Vor vier Monaten sind sie aus Leverkusen nach Hagen gezogen, sie sind zurückgekehrt, denn JJ warf schon in der Saison 2015/16 für Phoenix auf den Korb. „Damals waren wir frisch verheiratet. Hagen hat seitdem einen besonderen Platz in unseren Herzen“, erzählt Amy Jo Mann. Nun haben sie zwei weitere Familienmitglieder mitgebracht, die es damals noch nicht gab: ihre Töchter Brooklynn (3) und Leiona (1). Während des Interviews im Café Flores wuseln die Mädchen auf und unterm Tisch, sie löffeln Milchschaum aus der Tasse und geben zwischendurch ein Interview. „Wau wau“ ist zwar keine adäquate Antwort auf eine der vom Reporter gestellten Fragen, aber die Schlagfertigkeit der Eltern scheint abgefärbt zu haben.

Inzwischen hat sich die Familie hier gut eingelebt: Brooklynn und Leiona besuchen seit August eine Hagener Kita und lernen fleißig Deutsch. Amy Jo hält zu Hause den Laden zusammen und jobbt nebenbei als Sozialarbeiterin. Die Routinen haben sich eingespielt. Familie Mann hat einen Bibliotheksausweis und eine Jahreskarte für den Gelsenkirchener Zoo. Ihr Lieblingsplatz in Hagen? JJ Mann grübelt. „Vermutlich Lidl und Aldi“, grinst der 1,98 Meter große Profibasketballer. „Amy Jo ist eine wahnsinnig gute Köchin. Daher kaufen wir gerne zusammen ein.“

Ein weiterer Lieblingsort ist natürlich die Ischelandhalle, wo JJ Mann die Fans von Phoenix Hagen begeistert. „Wir schauen jedes seiner Spiele“, sagt Amy Jo. Wenn JJ ein Auswärtsspiel hat, machen Amy Jo und ihre Töchter einen „Girls‘ Day. „Wir essen Eis und gucken uns das Spiel von der Couch aus an.“ Manchmal schlafen Brooklynn und Leiona zwar ein, aber an Papas Leistung liegt das natürlich nicht.

Ein Publikumsliebling: JJ Mann sorgt mit wichtigen Würfen und viel Einsatz für gute Stimmung auf den Rängen.
Ein Publikumsliebling: JJ Mann sorgt mit wichtigen Würfen und viel Einsatz für gute Stimmung auf den Rängen. © Michael Kleinrensing

Warum zurück nach Hagen? Diese Frage musste John Stuart „JJ“ Mann aus East Point/Georgia, ein Basketballer mit beeindruckendem Renommee, schon öfter beantworten. Hagen ist bekanntlich keine Stadt mit funkelnden Palästen und Phoenix zahlt auch keine Gehälter, die es einem erlauben würden, in funkelnden Palästen zu wohnen. Aber in Hagen fühlen sich Basketballer wohl, sie erfahren Wertschätzung, und das über die 40 Minuten Spielzeit am Wochenende hinaus. „Wir haben hier die besten Fans der Liga. Die Stimmung, der Vibe in der Halle sind einzigartig. Das haben wir vermisst“, sagt JJ Mann.

Als der Amerikaner 2015/16 für Phoenix Hagen spielte, war er noch ein Jungspund, der sich seine Sporen verdienen musste. Seine „Veterans“, so nennen die Amerikaner sehr erfahrene Spieler, waren David Bell und Adam Hess – ebenfalls Familienväter in ihren 30ern, ebenfalls seriöse und erfolgreiche Profis. „Sie haben mir zwei Dinge gelehrt“, sagt JJ Mann. „Du musst du selbst sein und nicht versuchen, andere zu kopieren. Und du musst dir einen Ruf als Gewinner erarbeiten.“ Dafür müsse man eben die Dinge tun, die einen Gewinner im Basketball ausmachen: Ein guter Mitspieler sein, verteidigen, rebounden, Einsatz zeigen, die sogenannten kleinen Dinge.

Kein Instagram, kein Facebook

Heute gibt JJ Mann seinen jungen Kollegen weiter, was ihm Bell und Hess gelehrt haben, denn nun ist er der „Veteran“ des Phoenix-Teams. Er ist Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainerteam, die Spieler können sich jederzeit vertrauensvoll an ihn wenden, auch wenn sie Sorgen haben. Vielleicht weiß er ja einen guten Rat, der JJ.

Mann ist ein Typ alter Schule. Er hat kein Instagram, kein Gesichtsbuch und weiß auch nicht, welches Tik-Tok-Video gerade „viral“ geht. „Ich halte nicht viel von sozialen Medien. Ich glaube nicht, dass daraus viel Gutes entsteht“, sagt er. JJ Mann liest lieber ein Buch oder führt ein tiefsinniges Gespräch, er ist ein gläubiger Christ und betet jeden Tag. „Das mag aus der Zeit gefallen sein, aber ich mag es so.“

JJ Mann zieht zum Korb.
JJ Mann zieht zum Korb. © Michael Kleinrensing

Was Basketball betrifft, liefert der „Small Forward“ mit dem schönen Wurf auch in seiner neunten Profisaison das ab, was man von ihm erwartet: Er punktet verlässlich aus allen Lagen, er strahlt ein lässiges Selbstbewusstsein aus und übernimmt Verantwortung. In dieser Saison ist es nicht wenig Verantwortung, die auf Manns Schultern lastet. Er will Hagens Durststrecke von vier aufeinanderfolgenden Saisons ohne Playoffs beenden. „In meinen Augen gehört das Team zu den zwei besten der Liga“, meint Amy Jo Mann. Und was meint JJ? „Ich zähle uns zu den Top-Vier der Liga. Aber ob wir in der Hauptrunde Dritter oder Achter werden, ist nicht so wichtig. Sobald du in den Playoffs bist, ist alles möglich, das habe ich in Leverkusen gelernt.“

Zuvor steht aber ein noch wichtigeres Ereignis an: Ende März 2023 erwarten Amy Jo und JJ ihr drittes Kind. Erst Zuwachs bekommen, dann die Playoffs erreichen – das ist alles Teil des David-Bell-Plans.