Hagen. In der Kolumne „Hagener Platzgeschichten“ blickt Jürgen König diesmal auf Roter Stern Wehringhausen – und den Kult-Sportplatz Waldlust.

In einem dunklen verräucherten Hinterzimmer der legendären Gaststätte Louvre wurde im Jahr 1993 der Verein Roter Stern Wehringhausen ins Leben gerufen. Und der Aufbruch ließ nicht lange auf sich warten: Erste Mitglieder beseitigten umgehend den Grünspan und das Moos vom Torgebälk, bis die Freigabe für den Spielbetrieb vom Fußballkreis damals erteilt werden konnte.

Sportplatz Waldlust fast 120 Jahre alt

Im Laufe der Zeit sollte sich ein Verein in der Fußball-Kreisliga C entwickeln, der mit Aha-Momenten aufhorchen lässt. Und das auf einer historischen Austragungsstätte, wie man es der Vereins-Website entnehmen kann. Fast 120 Jahre alt ist inzwischen der Sportplatz Waldlust, wo zuvor offenbar ein Steinbruch gewesen sein soll. Zumindest in der jüngeren Vergangenheit in den Derbys gegen Hagen United wurde so manche Staubwolke der rötlichen Asche aufgewirbelt. Die Ergebnisse sprechen jedenfalls Bände: 5:4, 2:6, 4:5, 7:0.

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Es ist in Wehringhausen schon einiges anders als anderswo. So wurde und wird auch heute noch der Ball zu Beginn eines Spieles bzw. zur 2. Halbzeit immer zuerst dem Gegner zugespielt, um damit die Hoffnung auf eine faire Partie zu wecken. Eine solche Fairness-Geste ist wirklich einzigartig! Aber sie zeigt offenbar auch Wirkung. Der 1. Vorsitzende Mike Spenner kann sich an nennenswerte Auseinandersetzungen nicht erinnern: „Das ist uns völlig fremd. Hier steht eine gute Sportkameradschaft im Vordergrund. Nach einem Spiel pflegen wir es, auch mit dem Gegner bei Bratwurst mit Getränk in lockerer Atmosphäre zu fachsimpeln.“

Auf Fair Play wird viel Wert gelegt

Sportliche Erfolge sind übrigens eher Nebensache für die Wehringhauser, die ganz andere Prioritäten setzen. Nur einen Sieg verbuchte man in der letzten Saison, am letzten Spieltag in Wengern. Für die Wald-Fußballer nicht tragisch - dabei sein ist alles. „Der Spaß am Spiel zählt“, so der Klubchef. Die einjährige Zugehörigkeit in der B-Liga etwa zur Jahrhundertwende, der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte, kam für Roter Stern Wehringhausen einer faustdicken Überraschung gleich. Den jüngeren Spielern, die jüngst nach einem kleinen Umbruch ins Team dazugestoßen sind, muss man natürlich begreiflich machen, auf welche Tugenden nahe der Deerthstraße besonders Wert gelegt wird. Dafür sorgt auch mit der Platzwart Sven Vierjahn, auf den der Klubchef große Stücke hält: „Er ist nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz für die Spieler ein idealer Ansprechpartner.“

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80 Mitglieder zählt der Hauptverein. Die Wehringhauser, die sich derzeit auf Trainersuche befinden, da der bisherige Coach aus zeitlichen Gründen aufgehört hat, erleben übrigens momentan mit, wie Löwenzahn und Kamille die rötliche Asche auf dem Platz immer mehr verdrängen und vermehrt die Bienen zu beobachten sind. Welch eine beschauliche Idylle in der Fußball-Kreisliga C – mitten im Wald.

In der Kolumne „Hagener Platzgeschichten“ blickt Fußballexperte Jürgen König auf Sternstunden und Rekorde heimischer Kicker zurück. Von 1982 bis 2004 berichtete er regelmäßig über den Hagener Fußball. In seiner Kolumne fördert der 65-Jährige auch heute noch Geschichten und Anekdoten zutage.