Hagen/Ennepe-Ruhr. Deswegen hat der Becherwurf beim Spiel vom VfL Bochum auch Auswirkungen auf den Fußball in Hagen und im EN-Kreis.

Der Stürmer setzt sich über die rechte Außenbahn durch, wird aber von den Beinen geholt. Während der Spieler noch auf dem Boden liegt, wird der Schiedsrichter schon von beiden Mannschaften bedrängt und auch die Zuschauer sind aufgebracht. Irgendwann fliegen nicht nur Worte in Richtung Spielfeld, sondern auch die ersten Gegenstände.

Dass solche Szenen nicht nur auf den Plätzen des Amateurfußballs, sondern auch in den großen Bundesliga-Stadien vorkommen, zeigte das Freitagspiel zwischen dem VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach. Erstmals waren wieder 25.000 Zuschauer zugelassen, die Partie auf dem Spielfeld hitzig, die Stimmung auf den Rängen gut.

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Linienrichter geht nach Becherwurf zu Boden

Bis ein geworfener Bierbecher Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann von hinten am Kopf traf. Der 39-Jährige kniete sich benommen hin, die Partie wurde erst unter-, dann abgebrochen. Gittelmann kam ins Krankenhaus, mittlerweile wurden eine Schädelprellung und ein Schleudertrauma diagnostiziert.

Einer, der die Szenen am Fernseher ganz genau beobachtete, war Patrick Lepperhoff. Dem Vorsitzenden des Kreisschiedsrichterausschuss Hagen/Ennepe-Ruhr ging sofort ein Gedanke durch den Kopf: „Die Partie musste abgebrochen werden. So ist es festgelegt, da bleibt eigentlich auch kein Handlungsspielraum.“

So sieht es auf Kreisebene aus

Und wie sieht es bei uns im Kreis aus? Kommt es oft zu Abbrüchen nach Gewalt gegen Schiedsrichter? „Nein, zum Glück nicht. Alle paar Jahren muss leider mal eine Partie abgebrochen werden, weil es zu Attacken gegen die Unparteiischen kommt. Aber mir ist im Kreis kein Fall bekannt, bei dem die Gewalt von Zuschauern ausging. Auch wenn das jetzt natürlich keine repräsentative Aussage ist.“

Die Szenen, die sich in Bochum abgespielt haben, ärgern Lepperhoff ungemein. Denn sie haben Einfluss auf die Schiedsrichter im Amateurbereich, da ist er sicher: „Das hilft uns nicht bei der Suche nach Nachwuchsschiedsrichtern. Und auch den Eltern von Jungschiedsrichtern gibt es kein gutes Gefühl, wenn sie solche Bilder sehen.“

Verbale Attacken

Doch auch wenn körperliche Angriffe glücklicherweise die Seltenheit sind, so müssen die Unparteiischen auch ligaübergreifend einiges einstecken: Verbale Beleidigungen gehören bei den Schiedsrichtern standardmäßig zur Tagesordnung. „Solange sie nicht in den rassistischen Bereich fallen, ignorieren wir alles“, erklärt Lepperhoff. Kommt es doch zu rassistischen Äußerungen, egal ob von aktiv am Spielgeschehen Beteiligten oder Zuschauern, wird das Verfahren automatisch an das Verbandssportgericht weitergegeben.

Was alles von den Rängen über sie gesagt wird, bekommen aber die Wenigsten wirklich mit. Der Fokus der Schiedsrichter liege zu 99 Prozent auf dem Spielgeschehen. „Wir versuchen alles, was hinter uns ist, auszublenden“, sagt Lepperhoff. Entsprechend schwer sei es, Aktionen zuzuordnen und umso unerwarteter kommen Angriffe, etwa Becherwürfe.

Die Aktion in Bochum sei allerdings kein Einzelfall, betont der Kreisschiedsrichter-Vorsitzende: „Bei vielen Spielen werden Becher geworfen. Und schon da liegt das Problem. Jeder, der etwas wirft, riskiert auch Jemanden zu treffen. Da darf es keine Toleranz geben.“ Er selbst hofft, nicht von den Geschehnissen beeinflusst zu werden: „Wir machen weiter und fokussieren uns auf das Spiel.“ Auch, wenn nicht immer klar ist, was hinter dem Rücken der Schiedsrichter passiert.