Herdecke. Es ist das erste Taekwondo-Großturnier wieder in Präsenz. So hofft Anna Siepmann aus Herdecke in Portugal auf eine EM-Medaille:
Im Team gab es schon Europameisterschafts-Silber, online gehört sie auch im Einzel zu den Besten des Kontinents. Das bewies Anna Siepmann im ersten Corona-Lockdown vor Jahresfrist als beste Europäerin bei den ersten virtuellen Taekwondo-Titelkämpfen. Jetzt will die 17-Jährige dies auch in Präsenz in einer realen Sporthalle zeigen, wenn ab Freitag im portugiesischen Seixal die Technik-Europameisterschaften starten. Medaillen sind das Ziel der jungen Herdeckerin vom TuS Wengern. „Das ,Dabeisein ist alles’, das gab es bei mir noch nie“, sagt sie.
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Die Reise zur Europameisterschaft in der Taekwondo-Disziplin Poomsae hat mit der Fahrt in die sportliche Wahlheimat begonnen. Am Dienstag machte sich Anna Siepmann auf den Weg ins niedersächsische Lauenau, wo das Redfire Kampfsport Team, für das die Schülerin seit drei Jahren antritt, beheimatet ist. Mit ihrem Coach Christian Senft („Er ist ein toller Trainer, dort erhalte ich die bestmögliche Förderung“), der als Vize-Weltmeister seiner Altersklasse auch bei der EM startet, ging es dann tags darauf weiter nach Portugal. Sie wird eine von insgesamt 26 Formenläuferinnen und Formenläufer sein, die die Deutsche Taekwondo-Union (DTU) für Deutschland ins Rennen um die Medaillen schickt. Und absolviert dort einen Doppelstart, im Einzel der Juniorinnen und im Paarlauf gemeinsam mit Klubkollege Tim Do.
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WM-Debüt 2018 in Taiwan
Es ist nicht der erste internationale Wettkampf für die Herdeckerin, schon bei der Weltmeisterschaft 2018 in Taiwan trat sie erstmals an, ein Jahr später gewann sie bei der EM in der Türkei mit dem Team die Silbermedaille. Die WM 2020 in Dänemark indes fiel wegen der Pandemie aus, die kontinentalen Titelkämpfe in Seixal nahe Lissabon sind das erste Großturnier in Präsenz seit Beginn der Pandemie. National fand die Rückkehr in die Sporthalle schon Mitte September statt, beim Bundesranglistenturnier im niedersächsischen Gehrden zeigte Anna Siepmann – nach leichten Anlaufschwierigkeiten in der Vorrunde – direkt wieder ihre Klasse. Und sicherte sich im Einzel und im Paar der Altersklasse 15 - 17 Jahre mit ihrem Partner Tim Do souverän Gold. Als Erste der Bundesrangliste war ihr danach die EM-Qualifikation sicher. „Auch Online-Turniere, die ich gewonnen habe, wurden dabei berücksichtigt“, sagt sie.
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Die intensive Vorbereitung auf die Titelkämpfe in Portugal begann für die Schülerin direkt danach. Mit einem Vorbereitungslehrgang des kompletten DTU-Teams in Hennef, danach in den Herbstferien mit zwei Wochen täglichen Trainings in Niedersachsen mit Trainer Christian Senft. „Teilweise haben wir dreimal am Tag trainiert, die erste Einheit war morgens um fünf“, sagt die Zwölftklässlerin, eine derart intensive Vorbereitung sei sie aber von ihrem WM-Start gewohnt. Denn in Portugal wartet auf sie ein stressiges Turnierprogramm, in der Juniorinnen-Klasse hat sie 25 Konkurrentinnen. „Ich gehe stark davon aus, dass ich im Einzel drei Runden laufen werde, also Vorrunde, Halbfinale und Finale“, sagt sie, „und im Paarlauf werden es wohl zwei Runden sein.“ Wobei es im Zusammenspiel mit Klubkollege Tim Do „auf hohe Präzision ankommt“.
Ein Kampf gegen imaginäre Gegner
Der Formenlauf im Taekwondo ist ein Kampf gegen imaginäre Gegner mit vorgeschriebenen Angriffs- und Verteidigungstechniken. Auf Meisterschaften müssen Formenwettkämpfer eine bestimmte Anzahl dieser Formen einem Wettkampfgericht präsentieren und erhalten dafür eine Technik- und eine Präsentationswertung, vergleichbar dem Eiskunstlauf. In der Technikwertung wird die Exaktheit der Bewegungen bewertet, in der höher gewichteten Präsentationsnote, ob der Sportler die Form überzeugend als Kampf darstellen kann.
Die 17 traditionellen Formen bestehen aus festgelegten Technikabfolgen aus Fußtritten und Handtechniken, die die Sportler vor Kampfrichtern präsentieren. Die erhaltene Wertung setzt sich aus einer Technik- und einer Präsentationsnote zusammen.
Für Engagement in Wengern geehrt
Denn die Ziele der jungen Herdeckerin, die mit sechs Jahren beim TuS Ende mit Taekwondo angefangen hat und aktuell auch als Trainerin beim TuS Wengern den Nachwuchs anleitet und für ihr Engagement mit Online-Training in der Pandemie jüngst mit dem Sportjugendpreis ENgagiert ausgezeichnet wurde, sind ambitioniert. „Meine Bestleistung abrufen“, sagt sie zunächst, konkretisiert aber dann: „Wenn ich meine Bestleistung wie im Training abrufen kann, wird es mich in beiden Disziplinen zu Medaillen führen.“ Wer dabei ihre stärksten Konkurrentinnen sein werden, vermag sie mangels internationaler Wettkämpfe nur schwer zu sagen. „Dänemark ist im Einzel stark, Spanien auch“, vermutet sie, der Fokus gilt aber vor allem der eigenen Leistung. Und das endlich wieder vor Publikum, auch ihre Eltern können aus Herdecke nach Portugal kommen.