Herdecke/Wetter. In der Pandemie bleiben nur die Online-Wettkämpfe. Wie Herdecker Taekwondo-Ass sich mit Besten der Welt misst:
Virtuell mit den Besten der Welt maß sich Anna Siepmann schon, als die allermeisten noch im ersten Lockdown verharrten. Und war gleich beste Europäerin. Die 17-Jährige gewann Bronze bei den ersten offenen Online-Europameisterschaften im letzten Mai, bezwungen nur von Taekwondo-Athletinnen aus Taiwan und den USA. Fast ein Jahr später muss die Herdeckerin immer noch auf Wettkämpfe in der Halle verzichten. Und startet wieder online für Deutschland, beim von Weltverband World Taekwondo veranstalteten Poomsae-Challenges. Vorerst. „Ich hoffe ja, im zweiten Halbjahr wieder bei Präsenzturnieren starten zu können“, sagt sie, „das ist doch ein ganz anderes Feeling.“
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Kurz vor Ostern ist Anna Siepmann auf dem Weg nach Niedersachsen. Die Formen-Auslosungen für die erste Runde der Challenge hat die junge Herdeckerin erhalten, nun hat sie ein paar Tage Zeit, das Video mit ihrer Präsentation aufzunehmen und dann auf ein Webportal hochzuladen. Das tut sie in Bad Münder, beim dortigen Redfire Kampfsport Teams, für das die Schülerin seit drei Jahren antritt. Wegen Vize-Weltmeister Christian Senft, der sie dort coacht. „Er ist ein toller Trainer, dort erhalte ich die bestmögliche Förderung“, erklärt die Herdeckerin, die mit sechs Jahren beim TuS Ende mit der Sportart angefangen hat, später zum PSV Ennepe nach Hattingen gewechselt ist und aktuell auch als Trainerin beim TuS Wengern den Nachwuchs anleitet.
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Starkes Turnier
Das tut Anna Siepmann seit Monaten im Online-Training, zuerst aus dem Wohnzimmer und nun aus der TuS-Geschäftsstelle in der „Alten Dorfschule“ in Wengern. Auch das Training mit Landes- und Bundeskader findet für die Hochleistungssportlerin vor dem Laptop statt. Und eben auch internationale Wettkämpfe, im Gegensatz zum Zweikampf funktioniert das in der von ihr praktizierten Taekwondo-Disziplin Technik, dem so genannten Formenlauf („Poomsae“). Den Auftakt machten im Mai 2020 die „1st Online Daedo Open European Poomsae Championships“, die als Ersatz für die ausgefallenen Taekwondo-Weltmeisterschaften in Dänemark von der World Taekwondo Europe ausgerichtet wurden.
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Mit großer Resonanz, da die Sportwelt für die Taekwondo-Asse nun nicht mehr stillstand. Mehr als 1200 Aktive aus 75 Ländern stellten sich mit aufgenommenen Videos den Kampfrichtern, Anna Siepmann startete in einer der größten Startgruppen. 122 Teilnehmerinnen maßen sich in der Klasse „Junior Female“, als Erstplatzierte in erster und zweiter Runde erreichte die Herdeckerin souverän das Finale. Und gewann am Ende die Bronzemedaille, nur Yen-Yu Kuo (Taiwan) und Kaitlyn Marie Reclusado (USA) landeten vor der besten Europäerin. „Mit der Leistung war ich schon sehr glücklich, das war ein starkes Turnier“, sagt sie.
Mia Merfeld auf Rang 21
Erstmals bei den Seniorinnen (Frauen unter 30) trat Taekwondo-Athletin Mia Merfeld vom TuS Ende bei den online ausgetragenen „Belgian Open Poomsae 2021“ an. Als 14. und 46 Teilnehmerinnen („Damit bin ich sehr glücklich“) qualifizierte sich die Herdeckerin für das Halbfinale, am Ende kam sie im internationalen Teilnehmerfeld - es siegte Alicia Brannback aus Schweden - auf Rang 21.
Es blieb nicht der einzige virtuelle Erfolg der Elftklässlerin der Holzkamp-Gesamtschule in Witten. Bei den „Virtual JCUK Open Poomsae Championships” jüngst in England gewann sie unter 30 Teilnehmerinnen aus der ganzen Welt die Goldmedaille, auch bei anderen Online-Turnieren war sie vorn dabei. Der Ablauf war dabei immer ähnlich: Die als Video aufgenommenen Formen der Athletinnen wurden über YouTube in der jeweiligen Startreihenfolge live übertragen und von internationalen Kampfrichtern bewertet, so entstand für die Zuschauer zumindest eine virtuelle Turnier-Atmosphäre. Vom 6. bis 9. April wird das wieder so sein, dann wird die gerade aufgenommene Erstrunden-Präsentation Siepmanns für die „World Taekwondo Challenges“ ausgestrahlt. Und sie hofft, mit guten Bewertungen auch die Runden zwei (18. - 21. April) und drei (28. April) der Juniorinnen zu erreichen, das große Finale aller Altersklassen findet dann im Dezember statt.
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Bei Weltmeisterschaft in Taiwan
Nicht nur Anna Siepmann startet bei den Challenges, in der offenen Kategorie sollen auch ihre Schützlinge vom TuS Wengern Wettkampferfahrung sammeln. „Die Kleinen sind ein bisschen traurig, dass sie nicht auf richtige Turnier gehen dürfen“, sagt sie, letztmals konnten sie das im Januar 2020. Ihre Trainerin war einen Monat später letztmals vor Publikum auf der Wettkampf-Matte, als sie in Hamburg zum zweiten Mal die German Open gewann. „Auf Präsenz-Turnieren kann man ganz andere Erfahrungen machen“, weiß sie, auch wenn sie nur zurückhaltend auf die Rückkehr in die Hallen setzt: „Man darf sich nicht zu große Hoffnungen machen, damit man nicht in ein tiefes Motivationsloch fällt, wenn doch abgesagt wird.“ Vorsichtig ist die junge Herdeckerin, die 2018 als 14-Jährige schon in Taiwan an einer realen Weltmeisterschaft teilnahm und dort nur knapp das Halbfinale verpasste, auch mit ihren sportlichen Zielen. „Klar will ich zur Europa- oder Weltmeisterschaft“, sagt sie, „aber erstmal muss ich ein paar kleinere Turniere gewinnen und mich hoch arbeiten.“ Und wenn das vorerst nur online gelingen kann.