Hagen. Phoenix Hagen verstärkt die Nachwuchsarbeit – und kooperiert mit Alba Berlin. An der Janusz-Korczak-Schule werden Probleme der Schüler deutlich.

Sarah aus der 3. Klasse macht das schon richtig gut. Für einen Klimmzug hat sie sich freiwillig gemeldet, und als sie sich auf dem Schulhof der Janusz-Korczak-Schule an einer Stange hochhievt, ist ihr der Applaus der anderen Kinder sicher. Für Henning Harnisch ist die Übung schwieriger. Das liegt daran, dass der 2,02 Meter große Vizepräsident von Alba Berlin knien muss, um etwas zu schaffen, was ansatzweise wie ein Klimmzug aussieht - und das sorgt für Gelächter.

Neues Projekt von Alba Berlin

Doch um sportliche Bestleistungen geht es heute auf dem Innenhof der Wehringhauser Grundschule nicht, sondern um den Spaß an der Bewegung und um die gesellschaftliche Kraft des Sports. Phoenix Hagen stellt hier das Projekt „Sport vernetzt“ vor, dessen Zweck eine enge Verzahnung zwischen Sportverein, Kindertagesstätten und Grundschulen ist.

Von links: Wolfgang Röspel, Igor Ryabinin, Barbara Willig, Michael Wasielewski, Britta Dierkes, Henning Harnisch, Natalia Keller und Erik O. Schulz.
Von links: Wolfgang Röspel, Igor Ryabinin, Barbara Willig, Michael Wasielewski, Britta Dierkes, Henning Harnisch, Natalia Keller und Erik O. Schulz. © Michael Kleinrensing

Dafür sind namhafte Gäste gekommen, unter anderem Projekt-Initiator Harnisch, seines Zeichens Basketball-Europameister von 1993, und Hagens Oberbürgermeister Erik O. Schulz, der als Schirmherr der Sportbewegung auftritt. Die Aufmerksamkeit der Kids für die Reden der Herren hält sich in Grenzen, aber die Begeisterung ist riesig, als sie danach unter Anleitung der Coaches Marvin Waltenberg und Aliki Nikolaidou losrennen und spielen dürfen.

90 Prozent Migrantenanteil an JKS

Es ist kein Zufall, dass Phoenix Hagen, einer von neun Projektpartnern von „Sport vernetzt“, an der Janusz-Korczak-Schule (JKS) startet. Die Schule liegt inmitten eines sozial schwachen Viertels, dem unteren Teil von Wehringhausen. 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben hier Migrationshintergrund, viele stammen aus Rumänien und Bulgarien.

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JKS-Leiterin Britta Dierkes ist bei der Infoveranstaltung nicht nur darauf aus, Nettigkeiten auszutauschen, gegenüber OB Schulz spricht sie die Probleme ihrer Schule unverblümt an. „Die Eltern vieler Kinder können nicht ein Wort Deutsch“, sagt Dierkes. Oder: „Einige Schüler erscheinen nur ein- bis zweimal die Woche.“

Gegen Bewegungsmangel und Übergewicht

Phoenix Hagen und „Sport vernetzt“ können die Probleme nicht lösen, aber sie können helfen. Dafür gehen sie in Schulen und Kitas und animieren die Kinder während der Betreuungszeiten zum Mitmachen an. Und wirken damit Bewegungsmangel und Übergewicht entgegen. Man kann es Basisarbeit nennen.

„Sprachbarrieren kann man nicht mal eben durchbrechen, aber der Sport kann es einfacher machen“, sagt Michael Wasielewski, Schulsportkoordinator von Phoenix Hagen, für den das Projekt eine Herzensangelegenheit ist. „Beim Sport kann man Vokabeln aktiv lernen. Vorne, hinten, links, rechts - manche Schüler kennen diese Wörter noch nicht, wenn sie bei uns mitmachen.“

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An einem Dutzend Grundschulen ist Phoenix Hagen mittlerweile vertreten, dazu kommen genauso viele Kindertagesstätten. Tendenz steigend; auf Wasielewskis Tisch liegen viele Anfragen. Der Basketballverein hilft nicht nur den Kindern, sondern entlastet auch Lehrer, die hin und wieder mit ihrem Latein am Ende sind. „Für viele Kinder ist der Sport das Schönste am Unterrichtsalltag. Wenn wir helfen können, dass jemand dreimal statt zweimal pro Woche zur Schule erscheint, weil er sich auf unsere Sportstunde freut, dann haben wir schon etwas erreicht“, findet Wasielewski.

Von Alba-Erfahrung profitieren

Das Bewegungsangebot soll den Kindern wichtige Grundlagen fürs Leben verschaffen und zugleich spaßige Abwechslung sein. „Bewegung ist Bildung“ sagt Wasielewski und macht klar: „Es ist so wichtig, dass die Kinder im Alter bis 10 Jahre die Grundlagen erlernen. Wenn man schon im Teenie-Alter ist, wird es ganz schön schwer, Defizite wieder aufzuholen.“

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Um das Angebot zu perfektionieren, haben sich Wasielewski und Co. mit Alba Berlin vernetzt. Dabei will man vom großen Erfahrungsschatz der Berliner profitieren, sagt Wasielewski - auch weil der Migrationsanteil in der Hauptstadt bekanntlich hoch ist.

+++ Info +++

„Sport vernetzt“ ist an neun Standorten in Deutschland gestartet. Im Netzwerk adaptieren Partnervereine und -institutionen das „sozialraumorientierte Sportkonzept“ von Alba Berlin und tragen damit gemeinsam zu mehr sportlicher Teilhabe von benachteiligten Kindern bei. Zu den Projektpartnern zählen auch der SV Werder Bremen und die Rostock Seawolves.