Wetter/Dortmund. Eigentlich hatte Annika Billig nach zwei Kreuzbandrissen ihre Karriere beendet. Warum sie im BVB-Trikot doch wieder durchstartet:
Eigentlich hatte Annika Billig ihre Karriere als Fußballspielerin nach zwei Kreuzbandrissen beendet. Und als Co-Trainerin geholfen, bei ihrem Stammklub FC Wetter den Frauenfußball vor Jahresfrist wiederzubeleben. Doch jetzt spielt die 26-jährige Wetteranerin wieder. Auch in der Kreisliga, aber nicht beim FC auf dem Harkortberg. Sondern beim aktuell viel beachtetsten Projekt ihrer Sportart, beim neu gegründeten Team von Borussia Dortmund. Und tritt regelmäßig vor vierstelliger Kulisse an. „Es ist eine einmalige Chance, für den BVB zu spielen“, sagt die Mittelfeldspielerin, „deshalb habe ich wieder angefangen.“
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Beim „Spiel des Jahres“ ist Annika Billig jetzt regelmäßig dabei. Erst am Mittwoch, da galt dieses Prädikat allerdings für Gastgeber VfL Kamen. Rund 1000 Zuschauer - so berichtet es der BVB - strömten an einem frühherbstlichen Abend ins Kamener Jahnstadion, um den Auftritt der über enorme Zugkraft in der Region verfügenden Borussia-Frauen zu sehen. Annika Billig spielte 45 Minuten, wie in allen bisherigen drei Spielen des BVB, Coach Thomas Sulewski wechselt im 23er-Kader stets voll durch. Und beim ersten Duell mit einem klassengleichen Kreisligisten siegten die Dortmunderinnen glatt mit 3:0.
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Es war nicht die größte Kulisse für die neue Mannschaft, noch mehr Besucher wollten den ersten Auftritt einer schwarz-gelben Frauenmannschaft in der 112-jährigen Historie des Traditionsvereins sehen. Sogar 1300 Zuschauer kamen zehn Tage zuvor ins Dortmunder Stadion Rote Erde, BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball lobte die „tolle Familien-Atmosphäre“. Beim Beginn einer neuen Ära empfing man das ebenfalls neu gegründete Team des TSV München 1860, die Gastgeberinnen siegten mit 3:1. Und Annika Billig stand beim Debüt im BVB-Trikot mit der Nummer 17 in der Startelf. „Vor so vielen Zuschauern habe ich noch nie gespielt“, sagt sie, „es war ein Gänsehautmoment, schon das Auflaufen war ein unbeschreibliches Gefühl.“ Viele Freunde und Familienmitglieder seien in Dortmund gewesen, „sie konnten mit mir Geschichte schreiben“.
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Früh als Trainerin in Wetter aktiv
Für die Wetteranerin, die beim FC mit dem Fußball begonnen hat und in der U17-Regionalliga für die SG Lütgendortmund spielte, war es der erste Einsatz als Spielerin seit fast einem Jahr. Nach zwei Kreuzbandrissen vor vier und zwei Jahren - damals spielte sie für den FC Herdecke-Ende - hatte die Lehramts-Studentin eigentlich ihre Karriere beendet. Und sich auf Trainer-Tätigkeiten - schon 2018 stieg sie mit 22 als Coach in der damaligen Wetteraner Jugendoffensive ein - beschränkt, nur einmal half sie in der kurzen Kreisliga-Saison 2020/21 beim FC Wetter auf dem Feld aus. Der Entschluss änderte sich mit der Nachricht, dass nach dem FC Schalke 04 im Vorjahr auch Männer-Bundesligist Borussia Dortmund - dessen Fan sie ist - nun in den Frauenfußball einsteigt. „Als ich das gehört habe, wusste ich: Das muss ich versuchen“, sagt sie.
Unter 150 Bewerberinnen ausgewählt
Dabei war der Weg zur BVB-Spielerin nicht einfach. Mehr als 150 Bewerbungs-Videos von Fußball-Spielerinnen aus der Region gingen bei Borussia Dortmund ein, die 50 vielversprechendsten von ihren - darunter auch Annika Billig - lud die Frauenfußball-Abteilung des Klubs zu zwei Terminen Sichtungstraining an der an der BVB-Fußballakademie ein. Und auch als der dreiköpfige Trainerstab um Chefcoach Sulewski 23 davon für den Kader der ersten schwarz-gelben Frauenmannschaft nominierte, war die Wetteranerin dabei.
Und das Knie hält. „Ich fühle mich fit, der Einstieg war kein Problem“, sagt die 26-Jährige, die auch Sport studiert: „Nur konditionell gab es Nachholbedarf, im Corona-Jahr konnte man ja nicht richtig trainieren.“ Doch beim ersten BVB-Spiel habe es hervorragend geklappt, zumal sie im zentralen offensiven Mittelfeld auflaufen dürfe. „Auf der Zehn ist meine Lieblingsposition“, sagt sie, „es hat mich sehr gefreut, dass die Trainer mich da auch sehen.“ Und dass Borussia Dortmund in der Kreisliga einsteigt, also auf dem Niveau, auf dem auch der FC Wetter spielt? „Für Borussia Dortmund spielen zu dürfen, ist das, was kitzelt“, betont sie: „Da spielt die Liga keine Rolle.“ Die unterste Klasse soll es auch nicht lange bleiben, irgendwann sei schon die Bundesliga das langfristige Ziel. Und Annika Billig will nicht nur kurzfristig dabei sein: „Solange das Knie mitmacht und es beruflich klappt, würde ich gern Teil von Borussia Dortmund sein.“