Wetter/Herdecke. Der Sport fehlt allen in der Pandemie, den Aktiven in Wetter aber ganz besonders. Das zeigt unser Corona-Check. Warum das so sein könnte:

„Es ist einfach schön die Jungs jetzt endlich wiederzusehen. Wir alle haben das sehr vermisst.“ Die allgemeine Gefühlslage fasste Trainer Dirk Ronsdorf zusammen, nachdem seine C- und D-Jugendlichen von der HSG Wetter/Grundschöttel am letzten Donnerstag nach langen sechs Monaten erstmals wieder gemeinsam trainieren konnten. Für die Sportlerinnen und Sportler der Harkortstadt gilt dies offenbar in ganz besonderem Maße, wie die Ergebnisse unseres „Corona-Checks“ zeigen. Mehr als 45 Prozent der Befragten aus Wetter fehlt demnach der „Sport in Gemeinschaft“ besonders, in den Altersklassen bis 60 ist es sogar jeder Zweite. Im Gesamtschnitt aller Städte in Südwestfalen und in der Nachbarstadt Herdecke sind es nur etwa 37 Prozent. Warum ist das so? Eine Spurensuche:

Die Suche beginnt bei Mike Dickmann, als 1. Vorsitzender des Stadtverbands für Leibesübungen (SfL) quasi der „Chef“ aller Vereinssportler in Wetter. Bei der SfL-Jahreshauptversammlung im Herbst musste er noch konstatieren, dass die Zahl der Klubmitglieder erstmals unter die Marke 8000 gesunken ist. „Es macht aber immer noch jeder Dritte in Wetter im Verein Sport“, betont er, „auf jeden Fall“ sei man in der Stadt besonders sportinteressiert. Tatsächlich sind aktuell 27,5 Prozent aller Wetteraner in einem Sportverein, in Herdecke sind es etwa 26,6 Prozent, in der benachbarten Großstadt Hagen nur 17,7 Prozent. Für den besonderen Stellenwert des Sports sorge auch das Umfeld. „Besonders die Veranstaltungen und Feste rund um den Sport machen den Sport bei uns aus“, sagt Dickmann, verweist auf Veranstaltungen wie Wald- oder Seefest.

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Katharina Pohl von der HSG Wetter/Grundschöttel schätzt das Famiiäre im Verein.
Katharina Pohl von der HSG Wetter/Grundschöttel schätzt das Famiiäre im Verein. © HSG Wetter/Grundschöttel

„Sport in Wetter gibt dir viel zurück“, findet Katharina Pohl, die bei der HSG Wetter/Grundschöttel Handball im Landesliga-Team spielt und als Spielwartin fungiert: „Vor Corona war es ja der Hauptbestandteil des Alltags. Da hat man sehr viel Zeit investiert, das war von heute auf morgen weg.“

Gerade Handballer würden auch gern feiern, betont sie, das sei nun gefühlt seit mehr als einem Jahr nicht möglich. „Man geht ja nicht nur zwei Stunden zum Training und dann wieder nach Hause“, verweist Katharina Pohl auf das „sehr familiäre Umfeld“ bei der HSG: „Der gemeinsame Sport ist wie eine Familie - und wie die vermisst man es einfach.“

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Die Gemeinschaft im Verein, in seinem Fall ist das der TuS Wengern, vermisst Daniel Bartheldrees auch noch

Dartspieler Daniel Barteldrees vom TuS Wengern fehlt die dritte Halbzeit.
Dartspieler Daniel Barteldrees vom TuS Wengern fehlt die dritte Halbzeit. © Axel Gaiser

mehr als den Sport. Als Dartspieler kann er auch allein daheim aktiv werden. „Was mir am meisten fehlt, ist mit den Leuten zusammen zu sitzen und dummes Zeug zu quatschen“, sagt der Zweitliga-Spieler, „es ist wie beim Fußball, wichtig ist die dritte Halbzeit.“

Und dass dies auf die Sportler in Wetter besonders zutrifft? „Hier ist man noch ein bisschen verwurzelter in den Vereinen als anderswo“, glaubt Bartheldrees.

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Davon ist auch Lars Bax überzeugt. „Hier halten sich Gruppen, machen seit zehn Jahren uns länger zusammen Sport“, sagt Bax, der in einer Futsal-Gruppe kickt, bei SuS Volmarstein die C-Jugend trainiert und beim benachbarten TV Volmarstein als Abteilungsleiter Kindersport fungiert.

Lars Bax vom TV Volmarstein freut sich auf die Rückkehr der Unbeschwertheitr
Lars Bax vom TV Volmarstein freut sich auf die Rückkehr der Unbeschwertheitr © Axel Gaiser

Gerade die Unbeschwertheit fehle ihm, nach dem Training noch ein bisschen zusammenzusitzen. Dass dies in Wetter offenbar auf noch mehr Aktive als anderswo zutrifft, liegt auch für ihn am „häufig sehr familiären“ Charakter der Sportgruppen. „Wenn hier Gruppen teilweise über Jahre hinweg gemeinsam Sport machen, zerfällt die Gruppe auch bei einer längeren Zwangspause nicht“, glaubt er: „Und natürlich ist dann auch die Sehnsucht größer, wieder in der bekannten Gruppe gemeinsam Sport zu machen.“

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Was nun nach sieben langen Monaten Zwangspause wieder möglich ist. Und nicht nur in Wetter, sondern natürlich auch in Herdecke die Aktiven erfreut. „Das Wichtigste war der soziale Kontakt, dass wir uns nach so langer Zeit wiedersehen“, sagt etwa Michael Müller, der mit den Kickern des FC Herdecke-Ende III die kontaktfreie Übungsarbeit wieder aufgenommen hat: „Wir hatten nur einmal wöchentlich Cyber-Training, um die Muskulatur für Fußball nicht absterben zu lassen.“ Ab Freitag im „richtigen“ Training kann sie wieder aufgebaut werden, wobei Müller betont: „Noch wichtiger ist das Bier danach.“

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