Hagen. Der Reitverein Kalthauser Höhe hat erneut sein Reitturnier abgesagt. Den Reitern macht neben Corona ein weiteres Virus zu schaffen: Herpes.
Die heimischen Reiter und Pferdebesitzer machen sich Sorgen, dass die neuartige Herpes-Variante, die in Deutschland mindestens acht Pferde dahingerafft hat, auch das Gebiet der Stadt Hagen erreichen könnte. Der Reit- und Fahrverein Kalthauser Höhe hat deshalb erneut sein für Ende Mai geplantes, großes Reitturnier abgesagt. „Es war nicht der einzige, aber letztlich der ausschlaggebende Grund für uns, das Turnier abzusagen“, berichtet Sigrid Gottschol, Hauptkassiererin des Vereins.
Virus in Valencia ausgebrochen
Das Equine Herpesvirus (EHV-1) war im Februar bei einem internationalen Turnier im spanischen Valencia ausgebrochen und von dort aus nach Deutschland gelangt. Dr. Heinrich-Georg Hassenbürger, Fachtierarzt für Pferde in Hagen, behandelte zwei Tiere in Gevelsberg und Wuppertal, die unter hohem Fieber litten und bei denen der neuartige Herpes-Untertyp serologisch nachgewiesen war. „Nach einer Woche sind die beiden Pferde jedoch wieder genesen“, berichtet Hassenbürger.
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Nach aktuellem Stand sind die allermeisten Pferde in Deutschland inzwischen symptomfrei. Dennoch ist Vorsicht geboten, denn das EHV-1 Virus überträgt sich, wie das humane Corona-Virus, über die Atemwege. Die Übertragung geschieht meistens von Pferd zu Pferd, wobei der Erreger aber auch von Menschen übertragen werden kann. „Allerdings können Menschen selbst nicht erkranken“, so Hassenbürger.
Für die von der Corona-Krise geplagten Reiter bedeutet das Auftreten der gefährlichen Herpes-Variante jedoch eine zusätzliche Belastung. Der Verein auf der Kalthauser Höhe musste sein Turnier aufgrund der Pandemie bereits im Mai 2020 absagen, jetzt fällt es erneut aus. „Die Entwicklung der letzten Wochen hat uns nicht gerade ermutigt, an der Veranstaltung festzuhalten“ stellt Sigrid Gottschol mit Blick auf Corona und Herpes fest.
Einnahmeverluste schmerzen Reitverein
Nun müsse der Reitverein zusehen, wie er das Jahr überstehe. Abgesehen vom Turniersport sind corona-bedingt auch fast alle weiteren Einnahmequellen versiegt. Gruppenunterricht ist verboten, Einzelunterricht darf nur noch draußen stattfinden, die Voltigiergruppe darf schon lange nicht mehr trainieren. In der 20 mal 40 Meter großen Reithalle dürfen maximal vier Pferde gleichzeitig bewegt werden. „Im Stall herrscht Maskenpflicht“, so Gottschol: „Wir passen alle auf, dass wir uns nicht zu nahe kommen.“
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Und jetzt noch das Herpes-Virus. Nach Auskunft der Stadt Hagen handelt es sich um eine Tierkrankheit, die staatlicherseits nicht bekämpft wird, denn sie sei weder anzeige- noch meldepflichtig. Die Veterinäre im Rathaus empfehlen dennoch, die Pferde impfen zu lassen, auch wenn damit – eine weitere Parallele zu Corona – keine absolute Sicherheit gewährleistet sei.
Einmal infiziert, ein Leben lang Virusträger
Nach Auskunft der Deutschen Reiterlichen Vereinigung kommen bei Pferden auf der ganzen Welt mehrere Herpesviren mit unterschiedlichen Krankheitsmöglichkeiten vor. Ein einmal infiziertes Pferd bleibe lebenslang latent infiziert und damit Virusträger, auch wenn es selber nicht erkrankt oder die Erkrankung bereits überstanden hat. So trügen ca. 80 Prozent der Pferde das Virus bereits in sich. „Das ist vergleichbar mit der Gürtelrose beim Menschen“, fügt Dr. Hassenbürger hinzu: „Unter bestimmten Umständen, dazu gehören Stress oder andere Erkrankungen, werden die Viren reaktiviert und rufen die bekannten Symptome hervor.“ Die Keime befallen die Lunge und im schlimmsten Fall das Rückenmark, was zu neurologischen Ausfallerscheinungen bis hin zum Tod der Tiere führt.
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Susanne Kampmann, Reitwegebeauftragte der Vereinigung der Freizeitreiter in Hagen, ist optimistisch, dass die Reiter in Hagen und ihre Vierbeiner von dem neuartigen Virus verschont bleiben: „Wenn man Turnieren und Stutenschauen fern bleibt, sollte eigentlich nichts passieren.“ Deshalb müsse man sein Pferd auch nicht unbedingt impfen lassen.
Tierarzt Hassenbürger dagegen empfiehlt eine Impfung der Pferde gegen EHV-1, schränkt jedoch ein, dass derzeit noch nicht genügend Impfstoff vorhanden sei.
Auch das hat man doch irgendwo schon mal gehört. . .