Hagen. Nach 25 Jahren verlässt David Becker den SC Berchum/Garenfeld. Mit uns spricht er über seinen schönsten Moment und die Entwicklung seines Klubs.

Totti, Messi, Iniesta – diese Fußballer gelten in ihren Vereinen als Legenden, vor allem wegen ihrer jahrelangen Loyalität. David Becker spielt seit seinem fünften Lebensjahr für den SC Berchum/Garenfeld, damals noch SG Garenfeld/Berchum. Nun wird der 30-Jährige das erste Mal den Verein wechseln. Wegen eines Umzugs zieht es ihn zu Kreisligist SF Sölderholz (Dortmund). Wir haben mit Becker über seine Zeit beim Sportclub gesprochen und erfahren, welchem Wunsch er nachtrauert.

25 Jahre in einem Verein. Das ist ein Vierteljahrhundert! Kommt es Ihnen tatsächlich so lange vor oder war Ihnen das nicht bewusst?

David Becker: Die lange Zeit ist mir tatsächlich bewusst und deswegen ist die Verbundenheit zu dem Verein auch extrem hoch. Die Zeit verfliegt sehr schnell, aber ich kann mich noch an viele Momente aus der Jugendzeit erinnern.

Aufstiege, Abstiege, Asche, Kunstrasen, Fusion, Sie haben diesen Verein als Spieler bei allem begleitet. Welche Ereignisse sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

2011 habe ich nach dem ersten Aufstieg vom SC das Siegtor beim ersten Sieg der Vereinsgeschichte in der Bezirksliga gegen Schwelm geschossen. Dieser Moment ist neben vielen anderen besonderen Momenten am meisten hängen geblieben.

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Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Vereins über diesen gesamten Zeitraum?

Insgesamt sehr positiv. Die aktuellen Erfolge bis hin zum Landesligaaufstieg sind für mich sehr eng mit dem Namen Thomas Wegener verbunden. Der Grundstein war damals jedoch die erfolgreiche Fusion. Das war die Basis für diese positive Entwicklung.

Und die Entwicklung des Hagener Fußballs in den vergangenen Jahren?

Diese Entwicklung ist über die Jahre gesehen als sehr schlecht zu bewerten. Viele Vereine haben sich in der Vergangenheit von einzelnen Personen abhängig gemacht. Sobald der Geldhahn dann zugedreht wurde, ging es schnell bergab. Da fehlten klare Strukturen und Kontinuität. Zuletzt machen es einige Vereine etwas besser. Ich hoffe für die Stadt Hagen, dass langfristig positive Entwicklungen entstehen. Das grundsätzliche Potenzial ist absolut da.

Mit 31 sehen Sie bei den SF Sölderholz zum ersten Mal eine andere Liga, eine andere Kabine, tragen ein anderes Trikot. Vielen Spielern gefällt Loyalität und Beständigkeit, trotzdem haben die meisten am Ende ihrer Laufbahn zwei bis drei Vereine erlebt. Bereuen Sie es, so lange bei einem Verein geblieben zu sein?

Nein, absolut nicht. Ich fühle mich nicht so, als hätte ich etwas verpasst. Obwohl ich mich nun auf den neuen Verein in dem Dorf, wo ich mit meiner Familie wohnen werde, sehr freue. Sobald es passt, bin ich ein Fan von Kontinuität. Ich kann Dinge im Leben generell sehr gut wertschätzen und bin somit auch einfach nur froh, damals im richtigen Verein angefangen zu haben.

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Man kann Sie als Inbegriff von Identifikationsfigur definieren. Im Profifußball gibt es sowas auch immer seltener. Würden Sie sich mehr solcher Spieler vom Format David Becker wünschen?

Nüchtern betrachtet kann man den Profifußball mit dem Amateurfußball nicht vergleichen. Dies liegt vor allem an den finanziellen Gegebenheiten. Deswegen sind die vielen Wechsel im Profigeschäft oft nachvollziehbar. Dass Verträge im Profifußball oft gefühlt keine Gültigkeit mehr haben, stört mich jedoch schon etwas. So ein Verhalten wie zum Beispiel von Ousmane Dembele finde ich total ätzend. Da gefällt mir der Wolfsburger Weghorst viel besser. Offen und transparent kommunizieren, dass man in England spielen will, aber dennoch bis zuletzt alles für seinen jetzigen Verein raushauen.

Im Hagener Raum kennen Sie fast jeden Verein mit seinen Spielern. Welche Gesichter, die Sie über Ihre gesamte Karriere begleitet haben, haben sich eingeprägt?

Da gibt es sehr viele Spieler. Da kann ich keinen Einzelnen nennen. Bei SW Breckerfeld spielen jedoch auch schon über viele Jahre dieselben Gesichter. Insgesamt haben mir die Spiele gegen Breckerfeld immer am meisten Spaß gemacht. Immer fair und oftmals sportlich gut und auf Augenhöhe.

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Durch die aktuelle Situation wird Ihr Abschied womöglich nicht so, wie Sie sich das vorgestellt haben. Was hätten Sie sich für einen Abschied gewünscht?

Ich bin kein Mensch, der sich in den Mittelpunkt drängt. Ich hätte mir einfach nur gewünscht, noch mal mit den Jungs auf dem Platz zu stehen, gemeinsam Spiele zu gewinnen und danach ein Kaltgetränk zu genießen und qualitativ hochwertige Gespräche zu führen (lacht).

Gibt es denn etwas, das Sie noch gerne mit dem Verein erlebt hätten?

Ein großer Wunsch war es, noch mal mit meinem kleinem Bruder, der in der ersten Mannschaft spielt, gemeinsam auf dem Platz zu stehen. Dies wird im selben Verein nun leider nicht mehr zu realisieren sein. Vielleicht kann ich meinen neuen Trainer von den Sportfreunden Sölderholz von einem Testspiel gegen den SC überzeugen. Die beiden Trainer kennen sich immerhin schonmal gut. So habe ich etwas Hoffnung, dass mir dieser Wunsch vielleicht nach der Pandemie noch erfüllt werden könnte.

Werden Sie trotzdem noch im Waldstadion vorbeischauen?

Definitiv! Mein Vater ist mittlerweile ein Vereinsurgestein, da er über Jahre im Verein aktiv ist und dort sehr viel geleistet hat. Derzeit ist er Torwarttrainer der Ersten und dort spielt, wie erwähnt, auch mein kleiner Bruder. Ich werde mich immer sehr freuen, meine Familie und viele andere Menschen, die ich über die Jahre schätzen gelernt habe, dort wieder zu treffen.LB

+++ Info +++

Zuletzt spielte David Becker als Kapitän für die zweite Mannschaft des SC Berchum/Garenfeld. Vorher war er fast fünf Jahre für die Erste aktiv, nachdem er 2008 aus der Jugend hochgerückt war.

Fast die gesamte A-Jugend blieb er dem SC Berchum/Garenfeld treu und führte seine Mannschaft 2011 zum ersten Mal aus der Kreisliga in die Bezirksliga. 1995 fing Becker bei den Minikickern der Jugendspielgemeinschaft SG Garenfeld/Berchum an Fußball zu spielen.