Hagen. Ob Phoenix Hagen mit Trainer Chris Harris verlängert, wird in wenigen Tagen entschieden. Das sagt Phoenix-Chef Patrick Seidel zur Trainerfrage:

Die Zeit nach der Saison ist die Zeit für ausgiebige Gespräche. Der Spielbetrieb in der 2. Basketball-Bundesliga ProA läuft zwar noch, allerdings nicht mehr mit Beteiligung von Phoenix Hagen: Spieler und Trainer befinden sich wegen eines Corona-Infekts im Mannschaftsumfeld in Quarantäne. Deswegen wird halt jetzt schon geredet und verhandelt. Und ganz oben auf der Agenda steht die Frage, ob Chris Harris als Cheftrainer von Phoenix Hagen weitermacht, oder ob der ProA-Klub nach zweieinhalb Jahren einen Schlussstrich unter das Kapitel Harris zieht.

Gesellschafterversammlung am Montag

Diese Entscheidung wird in letzter Konsequenz Patrick Seidel fällen. Aber der Phoenix-Geschäftsführer betont, er sei keine „One-Man-Show“, auch andere Köpfe hätten ein Wörtchen mitzureden. Zunächst tagt an diesem Sonntag der Aufsichtsrat, am Tag darauf berät sich die Gesellschafterversammlung. Es geht um viele Themen, um Perspektiven, um Finanzen, um Außendarstellung, aber eben auch um die Personalie Chris Harris. Es gebe in den Gremien einen „lebendigen Austausch“, sagt Seidel. Soll heißen: Harris hat Fürsprecher, die ihn für den richtigen Mann an der Seitenlinie halten, aber auch Skeptiker, die sich nach dessen Siegesquote von nur 34 Prozent und dem klaren Verpassen der Playoffs einen Cut wünschen.

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Eine klare Tendenz gibt es derzeit nicht. Fest steht nur: In der kommenden Woche weiß Chris Harris, ob er seine Koffer packen muss oder ob er in sein viertes Phoenix-Jahr geht. Der 41-jährige Kanadier jedenfalls will als Trainer in Hagen weiterwirken. „Ich sage mit Stolz, dass ich Hagener bin“, sagt Harris im Gespräch mit unserer Zeitung. „Hagen ist Heimat für mich. Ich bin 2004 hierhin gekommen, habe miterlebt wie Brandt pleite gegangen ist und Phoenix aus der Asche entstand. Seitdem war ich in und um Hagen, und es gibt keinen Ort, an dem ich lieber wäre.“

Reichlich Fankritik an Trainer Chris Harris

Mit zunehmendem Saisonverlauf wurde der Ton vieler Phoenix-Fans gegenüber Harris rauer. In sozialen Medien und Internetforen hieß es, Harris erreiche das Team nicht mehr und offenbare in kritischen Spielsituationen taktisches Unvermögen. Eine Ansicht, die Patrick Seidel nicht teilt. Er stärkt Harris nach einer Saison voller Widrigkeiten den Rücken. „Weil ich seine Arbeit tagtäglich erlebe, stehe ich zu Chris Harris“, sagt er. Die zweite Quarantäne im November habe die Mannschaft „völlig aus den Schuhen gehauen. Es gibt nach wie vor keine Medikamente gegen Covid und unsere Spieler hat es zum Teil sehr hart getroffen. Das ist auch kein Gejammer, das sind Fakten.“

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Die angeschlagenen Phoenix-Basketballer und Trainer hätten großen Zusammenhalt bewiesen, sich immer wieder angepasst. Auch als Teamkapitän Dominik Spohr im Februar für den Rest der Saison ausfiel, und einige Wochen später Zach Haney und Cameron Delaney den Verein überraschend verließen. „Wir haben neun Siege geholt, hatten eine Heimbilanz von 8:6 und auswärts bei vielen Topteams nur knapp verloren“, reflektiert der Phoenix-Geschäftsführer. „Ich frage mich: Mit welchem Trainer wäre es angesichts der ganzen Rückschläge besser gelaufen?“

Unbefriedigende Gesamtentwicklung bei Phoenix

Allerdings räumt auch Seidel ein, dass die Gesamtentwicklung der letzten zweieinhalb Jahre unter Chris Harris ergebnistechnisch „unbefriedigend“ sei. Die Playoffs hat sich der Trainer stets als Ziel gesetzt, sie jetzt aber zum dritten Mal in Folge verpasst. Sportlicher Anspruch und Wirklichkeit gingen dreimal in Folge weit auseinander, und nach üblichen Gesetzmäßigkeiten des Profisports überleben das Trainer nur selten. Aber Harris’ Vorstellungen wurden von den begrenzten finanziellen Gegebenheiten konterkariert, und zwei Spielzeiten wurden von der Coronakrise völlig durcheinander gewirbelt.

Phoenix-Chef Seidel ist ebenso wie Harris überzeugt: 2020 hätte man die Playoffs geschafft, wenn Corona die Saison nicht gestoppt hätte. Und auch die jetzige Mannschaft sehen sie unter normalen Wettbewerbsbedingungen auf den Rängen sechs bis acht. „Natürlich lässt sich das jetzt leicht sagen“, meint Patrick Seidel, „aber je weiter wir weg waren von der Quarantäne, desto stabiler sind wir geworden.“