Hagen. Die Weltmeisterschaft der Handballer in Ägypten wird in diesem Jahr überschattet von Diskussionen rund um die Corona-Pandemie.

Während der Amateursport im Lockdown-Schlaf zum Erliegen kommt, geht es für die besten Handballer in Ägypten um den Weltmeisterschaftstitel. Mit dabei ist auch das deutsche Nationalteam um Trainer Alfred Gislason. Doch das Turnier wurde im Vorfeld von Diskussionen überschattet: Mehrere Spieler sprachen sich gegen eine Teilnahme aus, weil es in Corona-Zeiten nicht zu verantworten sei. Im Interview äußert sich Sebastian Schneider (35), ehemaliger Bundesliga-Akteur, der inzwischen für die zweite Mannschaft des VfL Eintracht Hagen aktiv ist, zur WM unter besonderen Bedingungen.

Sebastian Schneider, wie ist Ihre Meinung zur Handball-Weltmeisterschaft in Ägypten während dieser Zeit?

Sebastian Schneider: Es ist eine wahnsinnig spannende Zeit für alle. Ich glaube nicht, dass die WM der absolute Höhepunkt wird, der sie unter normalen Umständen gewesen wäre. Dafür fehlen einfach die Zuschauer und das Drumherum. Es kommen durch Masken, Testungen und Kontrollen so viele neue Faktoren hinzu. Ob das ganze Turnier überhaupt so richtig ist, sei dahingestellt.

Haben Sie Verständnis für die Spieler wie Patrick Wienczek, die sich gegen eine Teilnahme entschieden haben?

Erst kürzlich hat mich ein Freund gefragt, wie ich mich entschieden hätte, wenn ich in der Position der Nationalspieler wäre. Ich wäre zur Weltmeisterschaft gefahren, das ist neben Olympia einfach das größte Sportereignis, an dem man teilnehmen kann. Aber ich verstehe auch jeden, der sich in Corona-Zeiten gegen eine Teilnahme entschieden hat. Gerade aktuell ist auch viel Verständnis erforderlich, die Situation ist für alle neu.

Die Weltmeisterschaft wird von einigen Bundesliga-Akteueren scharf kritisiert, die Champions-League hat zuletzt allerdings auch stattgefunden. Halten Sie diese auch für gefährlich?

Ich glaube sogar, dass die Champions League ein größeres Problem sein könnte. Bei der WM ist es immerhin möglich, sich eine eigene Blase zu schaffen, ähnlich wie in der NBA. Die vielen Reisen in der Champios League können da gefährlicher sein.

Aber verfolgen werden Sie die WM dennoch, oder?

Auf jeden Fall. Ich verfolge so ziemlich alles rund um den Handball, manchmal auf drei Geräten gleichzeitig (lacht). Zudem habe ich noch nie so wenig Sport gemacht wie aktuell. Da ist eine Abwechslung, wie sie die WM bietet, herzlich willkommen.

Denken Sie denn, dass das Leistungsniveau bei so vielen Ausfällen überhaupt so hoch sein kann, wie erwartet?

Ich glaube, dass die Qualität generell abnehmen wird. Alleine schon weil keine Zuschauer da sind, die pushen könnten. Zudem hat jedes Land andere Voraussetzungen in der Vorbereitung gehabt, ganz zu schweigen von den Spielern, die zum Teil wegfallen. Das könnte noch Überraschungen mit sich bringen.

Bei der deutschen Nationalmannschaft haben sich auch erfahrene Spieler gegen eine Teilnahme entschieden. Wie schätzen Sie die Chancen des Teams ein?

Deutschland war schon immer eine Turnier-Mannschaft. Ich traue dem Team auf jeden Fall den Einzug ins Halbfinale zu, das sollte drin sein.

Wer ist ihr Favorit auf den Titel?

Dänemark steht ganz oben, aber auch Frankreich und Norwegen sind stark. Das sind für mich die Top Drei Teams.