Hagen. Vasile Magearu konnte kein Wort deutsch, als er zum SSV Hagen kam. Dank seines Talents und der Hilfe seines Trainers hat er sich gut entwickelt.

Irgendwann stand Vasile Magearu einfach auf der Anlage des SSV Hagen am Höing. Er konnte kein Deutsch, kannte niemanden - und niemand kannte ihn. Fast fünf Jahre ist das jetzt her. Magearu und seine Familie waren damals aus Rumänien nach Hagen ausgewandert, und es zog den damals 13-Jährigen dorthin, wo er sich am wohlsten fühlt: auf den Fußballplatz. „Mit meinem Smartphone habe ich übersetzt, um mit ihm zu kommunizieren, anders ging es ja nicht“, erinnert sich sein Trainer Alex Berges.

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Der SSV-Jugendcoach erkannte das Talent des flinken Angreifers schnell. Berges nahm den Rumänen mit zu einem C-Junioren-Freundschaftsspiel beim TSV Fichte Hagen, und Magearu schoss, dribbelte und flankte „schon richtig gut". Nächstes Spiel: ein Test bei Eintracht Dortmund, erwartungsgemäß waren die jungen SSV-Kicker unterlegen. Bis Vasile Magearu eingewechselt wurde. Drei Tore schoss der Rumäne, eins bereitete er vor, am Ende stand es 4:4. „Die Dortmunder guckten ganz schön blöd“, lacht Alex Berges, „ich aber dann auch.“

Von da an war Vasile Magearu fester Bestandteil der SSV-Jugend. Vor zwei Jahren erregte der Rumäne sogar bundesweit Aufsehen, als sein Fallrückzieher beim Hallenmasters in der Krollmann Arena für den Videowettbewerb „Mein Fußball-Moment" eingereicht wurde. Noch heute kann man sich das Traumtor im Internet anschauen. Magearu ist ein kleiner Magier am Ball, immer wieder wagt er auf dem Fußballfeld Kunststücke. „So gut war das Tor aus dem Video doch gar nicht“, lacht Magearu, „aber ja, so etwas mache ich gerne, das macht einfach Spaß.“

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Deutschunterricht mit dem Handy

Während sich Vasile Magearu zum Leistungsträger entwickelte, gab Berges weiter fleißig Deutschunterricht - mal mit Smartphone, mal ganz klassisch an der Taktiktafel. „Ich habe ihm die wichtigsten Begriffe aufgemalt, und er musste sie mir nachsprechen. Links, rechts, vor, zurück, Mitte. Viel mehr konnte er auch nicht“, erzählt der Fußballtrainer. Weil Magearu hier zur Schule ging, wurde die Sprachbarriere immer kleiner, mittlerweile spricht er gutes Deutsch. Doch den größten Anteil an seiner Integration in Deutschland hatten der Fußball und der SSV Hagen, da ist sich der heute 18-Jährige sicher: „Ich bin Alex und dem Verein sehr dankbar, sie haben mir sehr geholfen.“

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Vasile Magearu ist einer von unzähligen Migranten, dessen Integration durch den Rasensport begünstigt wurde. Oder dadurch vielleicht erst gelang. Fußball sei die „größte Integrationsmaschine“, sagte jüngst DFB-Präsident Fritz Keller. Aber die Maschine kann nur funktionieren, wenn sich Vereine für junge Migranten einsetzen. Dabei gehen Trainer und Funktionäre nicht selten an ihre Grenzen.

Vom aggressiven Spieler zum „Top-Typ“

Die Integration, das weiß auch Berges, ist ein Prozess, der nur selten reibungslos und gradlinig verläuft. Bei Vasile Magearu war das nicht anders. „Er wurde zwischenzeitlich auch mal aggressiver, ist auf dem Platz schnell mit gegnerischen Spielern aneinander geraten“, sagt Berges, „das ist sicherlich auch dem Alter geschuldet.“ Dennoch sei die eine oder andere Kabinenpredigt nötig gewesen, aber das habe für fast alle seiner Spieler gegolten. „Den Jungs musste ich oft klar machen, welche Werte wir als Mannschaft vertreten. Das Ergebnis eines Spiels ist nachrangig. Ich will, dass wir uns vernünftig verhalten. Das verstehe ich unter positiver Nachhaltigkeit.“

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Werte, die Vasile Magearu nach und nach verinnerlicht hat. Und die ihm auch auf dem Fußballrasen helfen. „Ich lasse mich nicht mehr so schnell provozieren. Außerdem habe ich oft den Kopf hängen lassen, wenn es mal nicht gut lief. Aber Alex hat immer gesagt: Kopf hoch“, schmunzelt Magearu. Und sein Coach lobt: „Vasile hat sich hervorragend entwickelt, menschlich wie spielerisch einfach ein Top-Typ.“

„Beförderung“ zu den Herren

Mit der SSV-A-Jugend, die zum Großteil aus Spielern mit Migrationshintergrund bestand, hat der rumänische Spielmacher den Aufstieg in die Bezirksliga geschafft. Magearus nächste Station: die erste Herrenmannschaft des SSV. Eine „Beförderung“, die sich der 18-Jährige, der mittlerweile für einen deutschen Logistikkonzern arbeitet, verdient hat. „Er kann auch deutlich höher spielen“, glaubt Alex Berges. „Mal schauen, erstmal freue ich mich auf die Bezirksliga“, sagt Magearu ganz gelassen. Dem Höing-Klub fühlt sich der junge Kicker schließlich verbunden. Aber egal, wo es ihn noch hinziehen mag: Seine holprigen Anfänge beim SSV wird er wohl nie vergessen.