Hagen. Weil wegen der Corona-Pandemie Schwimmkurse ausfallen, werden viele Kinder zu Nichtschwimmern. Ein Problem, das auch in Hagen schwer zu lösen ist
Vom Ein-Meter-Brett springen, einen Ring aus zwei Meter Tiefe hochholen und 200 Meter schwimmen. Dann noch die Baderegeln pauken, und schon hat man das Seepferdchen-Abzeichen. Manche Kinder brauchen dafür einige Monate, manche ein Jahr. Weil aber dieses Jahr Bäder wegen der Corona-Pandemie nur eingeschränkt öffnen dürfen und viele Menschen aus Ansteckungsfurcht lieber daheim bleiben, droht eine Welle von Nichtschwimmern. Das bereitet dem Schwimmverband Nordrhein-Westfalen große Sorgen.
80 Prozent weniger Schwimmausbildungen
Laut Schätzungen des Verbands bricht die Zahl der Schwimmausbildungen im Land NRW in diesem Jahr um 70 bis 80 Prozent ein. Das wären im schlimmsten Fall 20.000 Kinder, die 2020 auf dem Trockenen sitzen geblieben sind. In Nordrhein-Westfalen konnten Menschen zwar schnell wieder Bäder besuchen und dort schwimmen. „Allerdings bedeutet dürfen und können nicht automatisch, dass dies insbesondere für die Schwimmausbildung auch sofort geschieht“, kritisiert Jens Rabe, Generalsekretär des Schwimmverbandes NRW.
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Zum einen haben die Bäderbetreiber Zeit gebraucht, um auf die neuen Regeln und Vorsichtsmaßnahmen zu reagieren, zum anderen sei die Verunsicherung unter den Menschen groß. Zudem sei das Bemühen, bei reduzierten Besucherzahlen die Betriebskosten zu senken bzw. zahlende Gäste in die Bäder zu bekommen, wenig förderlich. „Das ist zwar aus ökonomischer Sicht nachvollziehbar, verschärft aber das gesellschaftliche Problem der nachlassenden Schwimmfähigkeit“, mahnt Jens Rabe.
Kinder können mit Eltern üben
Dass immer weniger Kinder richtig schwimmen können, weiß auch Kimberly Sehak. Sie macht eine Ausbildung bei der Hagenbad GmbH und ist als Schwimmmeisterin im Freibad Hestert im Einsatz: „Man sieht schon, dass es im Vergleich zu früher mehr Kinder sind, die nicht mehr schwimmen können“, sagt sie. Dabei bietet auch das Freibad die Abnahme von Schwimmabzeichen bis Bronze an. „In diesem Sommer wurden bisher vier Stück gemacht“, weiß Sehak und ergänzt: „Nicht immer müssen dafür vorher Kurse besucht werden. Oft reicht es auch, wenn die Eltern mit ihren Kindern üben.“
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Besonders hart hat die Coronakrise den Hohenlimburger Schwimmverein (HSV), der das Freibad Henkhausen in diesem Jahr nicht betreiben kann. Dem privat geführten Klub fehlen dafür schlichtweg die Mittel bzw. die Strukturen. „Bei uns werden in diesem Jahr dementsprechend nicht 80 Prozent, sondern 100 Prozent der Schwimmausbildungen wegfallen“, bedauert HSV-Geschäftsführer Heinz-Werner Schroth. „Das ist ein Riesenproblem. Ich erinnere mich mit Schrecken daran, wie in der letzten Saison drei Kleinkinder in unserem Freibad von Schwimmmeistern gerettet werden mussten, weil die Eltern nicht aufgepasst haben.“
Schwimmkurse im Winter
Es gibt immerhin einen kleinen Hoffnungsschimmer: Im Winter will der Verein wieder Kurse für Nichtschwimmer im Richard-Römer-Lennebad, diesmal drei anstatt zwei. Schroth: „Und nächstes Jahr, sollten wir eine normale Saison haben, wollen wir ohne Ende Schwimmkurse anbieten.“
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Auch Bäderbetreiber Hagenbad hofft, bald mit Schwimmkursen starten zu können. „Nach dem derzeitigen Stand ist geplant, Mitte August die angefangenen Kurse wieder aufzunehmen“, lässt die Pressestelle auf Anfrage verlauten, ergänzt aber: „Aktuell ist es schwierig, genaue Zusagen zu treffen.“
Auswege aus der Krise
Als Ausweg aus der Nichtschwimmer-Misere schlägt der Schwimmverband NRW vor, mehr Schulen mit Lehrschwimmbecken auszustatten. „Das Land hat bereits signalisiert, die Schwimmkurse auch außerhalb der Ferien zu fördern und der Schwimmverband wird die Ausbildung von Schwimmlehrern forcieren“, erklärt Jens Rabe, Generalsekretär des Landesverbands. Wenn die Badbetreiber ergänzend mehr Wasserfläche kostenfrei für die Schwimmausbildung bereitstellen, könnte der„Überhang“ an Nichtschwimmern in den kommenden zwei bis drei Jahren abgearbeitet sein, hofft Rabe.