Herdecke. Er war der Erfolgstrainer, ist künftig Sportlicher Leiter: Stephan Hellwig spricht über die letzte Saison und die Planungen der HSG Herdecke/Ende
Vor knapp zwei Monaten spielten die Landesliga-Handballer der HSG Herdecke/Ende letztmals, Stillstand hat es während der Corona-Zwangspause jedoch nie gegeben. In der Zwischenzeit stellte der Verein den neuen Trainer und einige Neuzugänge vor. Außerdem arbeitet die Vereinsführung bereits an einem Konzept, um das Handballspielen bald wieder zu ermöglichen. Wir sprachen mit dem scheidenden Trainer und kommissarischen Sportlichen Leiter, Stephan Hellwig, über die vergangene Saison, die besondere Situation in der Corona-Krise und die Planungen für die Zukunft.
Zur Person:
Im Sommer 2017 übernahm Stephan Hellwig die erste Mannschaft der HSG Herdecke-Ende in der Handball-Kreisliga. Nach zwei Aufstiegen in direkter Folge trumpfte der 39-jährige Ennepetaler mit dem Team auch in der Landesliga groß auf. Lange ärgerte der Aufsteiger die Favoriten, beim Saisonabbruch belegte man schließlich Rang sieben.
Wegen beruflicher Veränderungen sah Hellwig keine Möglichkeit, seinen Trainerjob fortzuführen. Er bleibt aber bei der HSG als Sportlicher Leiter.
Hallo Herr Hellwig, eine lange Zeit ohne Handball liegt hinter Ihnen. Was vermissen Sie aktuell am meisten?
Stephan Hellwig: Ich vermisse den Sport, die Sporthalle und das ganze Umfeld. Natürlich vermisse ich auch die Jungs und das Trainerteam. Ich habe jetzt zeit meines Lebens mit dem Handballsport zu tun, diese Vollbremsung ist für mich nicht einfach.
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Wie halten Sie in diesen Zeiten den Kontakt zur Mannschaft?
Wir kommunizieren über unsere sozialen Medien. Gerade in den ersten Wochen nach dem Trainingsstopp wollten wir die Anspannung oben halten und haben Trainingspläne etc. geschickt. Wir mussten ja davon ausgehen, dass die Saison noch mal aufgenommen wird. Nach dem Saisonaus ist es jedoch deutlich ruhiger geworden.
Wie geht die Mannschaft mit der Zwangspause und dem Saisonabbruch um?
Ich denke, dass ein großer Teil Anspannung von den Jungs abgefallen ist. Wir haben jetzt drei Jahre lang mit viel Druck und wenigen und vor allem kurzen Pausen auf hohem Niveau gespielt. Das war körperlich und mental sehr fordernd. Natürlich würden wir lieber trainieren und spielen, aber dahingehend hat diese lange Pause auch etwas Positives.
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Die Saison ist vorzeitig abgebrochen worden. Ihre Mannschaft steht auf Platz sieben der Landesliga. Wie zufrieden sind Sie mit der Saison?
Unterm Strich bin ich zufrieden. Alle Spieler haben sich weiterentwickelt und wir sind in der Landesliga angekommen. Wir hatten erwartet, dass wir eine gute Rolle spielen werden und das hat sich bestätigt. Lange konnten wir oben mitspielen und ich bin mir sicher, dass wir nach dem regulären Saisonverlauf auch einen besseren Tabellenplatz eingenommen hätten.
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Sind Sie unzufrieden mit der Entscheidung, die Saison abzubrechen?
Ich will das politisch nicht bewerten. Es war zu erwarten und es war auch keine Überraschung, wie die Saison gewertet wurde. Emotional berührt hat mich das nicht. Trotzdem ist es schade, wenn du einige Spiele hintereinander nicht mehr gewinnst und dann die Saison abgebrochen wird. Wir hätten gerne noch mal die Gelegenheit gehabt die Kurve zu kriegen und uns im Wettkampf zu beweisen. Das ist ein Wermutstropfen.
Nach zwei Aufstiegen in Folge und knapp drei Jahren an der Seitenlinie legen Sie ihr Amt als Trainer nun nieder. Wahrscheinlich werden Sie sich Ihren Rücktritt anders vorgestellt haben?
In erster Linie finde ich es schade, dass wir als Mannschaft nicht beweisen konnten, dass wir es besser können als in den letzten Spielen. Ich habe den Trainerjob sehr gerne gemacht und habe viele schöne Erinnerungen an die Zeit. Wer weiß, vielleicht fange ich ja irgendwann noch mal an. Jetzt habe ich aber neue Aufgaben im Verein.
Ist es nach so erfolgreichen Jahren nicht trotzdem schade, dass man diese erfolgreiche Zeit nicht irgendwie noch mal zusammen feiern kann?
Das ist natürlich schade. Wie gerne hätte ich unseren Saisonabschluss in gewohnter Manier auf der Maiwoche gefeiert. Vielleicht gibt es ja noch mal eine offizielle Verabschiedung. Jetzt bin ich erstmal froh und glücklich, dass ich dem Verein in anderer Position weiter helfen kann.
Sie sprechen Ihre neue Position als Sportlicher Leiter der HSG Herdecke/Ende an. Welche Aufgaben werden Sie dann wahrnehmen?
Aktuell übe ich diesen Job schon kommissarisch aus. Es gibt viel zu tun. Nach der Trainersuche, in die ich schon voll involviert war, geht es nun darum, den Verein fit für die nächste Saison zu machen. Im Moment entwickeln wir ein Konzept für den hoffentlich baldigen Trainingsauftakt.
Was beinhaltet dieses Konzept?
Der Deutsche Handballbund hat einen Stufenplan entwickelt, der auch im Amateurbereich nützlich ist. Es geht darum, die Voraussetzungen für ein Training unter strengen Vorschriften sicherzustellen. Die Bedingungen wollen wir zeitnah erfüllen, so dass wir sofort wieder ins Training starten können, sobald die Stadt Herdecke uns die Halle wieder aufschließen darf. Dabei spielen hygienische Voraussetzungen eine große Rolle. Wir müssen Desinfektionsmöglichkeiten bereitstellen, ausreichend Waschräume organisieren und die Ein- und Ausgänge regulieren. Und vieles mehr. Natürlich muss auch das Training angepasst werden. So werden wir wohl nur in Kleingruppen und ohne Körperkontakt trainieren dürfen.
Welches Fazit ziehen Sie als Sportlicher Leiter für den Gesamtverein HSG Herdecke/Ende?
Ich wachse ja langsam in diese Aufgabe rein. Natürlich lag mein Schwerpunkt auf dem Traineramt in der letzten Saison. Was ich mitbekommen habe ist, dass sich der Verein insgesamt sehr gut entwickelt. Das öffentliche Interesse ist stark. Die Halle ist immer voll. Neue Investoren und Sponsoren kamen hinzu und die vielen Trainer engagieren sich stark im Verein. Ich habe den Eindruck, dass auch die Seniorenmannschaften zusammengewachsen sind und der Zusammenhalt im Verein stärker geworden ist.
Für die erste Mannschaft wurde mit „Kalla“ Paukstadt ein alter Bekannter als neuer Trainer vorgestellt. Sie waren in die Trainersuche involviert. Wie glücklich sind Sie mit der Verpflichtung?
In die Suche war ich tatsächlich stärker involviert, als ich es geplant hatte. Wir haben Kriterien aufgestellt, die der neue Trainer erfüllen sollte. Am Ende hatten wir zwei Kandidaten. Kalla überzeugte uns im Gespräch dann mehr und wir sind froh, dass das alles so funktioniert hat. Ich bin sehr glücklich, dass wir einen so erfahrenen Trainer mit Herdecker Wurzeln für uns gewinnen konnten. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Kalla Paukstadt und hoffe auf weitere erfolgreiche Zeiten mit ihm.
Neben dem Trainer haben Sie auch bereits einige Neuzugänge für die nächste Saison bekannt gegeben. Mattis Kloppenburg ist wahrscheinlich der prominenteste. Was zeichnet ihn aus?
Mattis hat eine besondere Verbindung zu Herdecke, da er in der Jugend bereits hier war. Danach spielte er für den SC Magdeburg in der Jugend-Bundesliga und in Dortmund und Bommern in höheren Ligen. Wir hatten ihn länger im Auge und waren froh, als die Zusage kam. Er ist unsere Idealvorstellung im Rückraum und wird eine echte Verstärkung sein.
Mit welchen Neuzugängen können die Herdecker Fans noch rechnen?
Mit Julian Mische können wir einen weiteren sehr interessanten Neuzugang bekannt geben. Er wird sein erstes Jahr im Seniorenbereich bei uns spielen und wechselt aus Dortmund zu uns. Ein sehr junger Spieler, der Gero Neuhoff auf Rechtsaußen Entlastung geben soll. Er hat enorm viel Talent und Qualität. Mit Max Wettläufer und Florian Koch kommen zwei weitere junge Spieler aus Annen-Rüdinghausen zu uns. Die beiden spielten zuletzt in der Kreisliga. Der Sprung ist groß, doch ich traue beiden das Potenzial zu, auch in der Landesliga zu spielen. Mit Jonah Blothe aus unserer zweiten Mannschaft finden wir einen starken Ersatz für den wegbrechenden Noah Seuthe im Tor. Wir sind sehr gut aufgestellt.
Gibt es auch Abgänge?
Ja, Tim Cornelsen und André Trenkelbach werden die erste Mannschaft verlassen. Beide legen ihren Schwerpunkt in den privaten Bereich und werden sich im Verein fit halten. Doch wenn Not am Mann ist, können wir immer auf beide zählen. Gleiches gilt für Timm Hönntsch. Für ihn ist das Kapitel Handball jedoch zunächst einmal beendet. Ein ganz starker Spieler und toller Typ. Im Lauf der Saison hatte bereits Tim Förster aufgehört.
Ist die Kaderplanung damit dann für die nächste Saison abgeschlossen?
Wir haben jetzt einen starken und großen Kader für die nächste Saison. Wir können damit in der Landesliga eine gute Platzierung erreichen. Trotzdem sind wir nach wie vor offen für Verstärkungen.
Können Sie bereits einen kleinen Ausblick auf die nächste Saison geben?
Das ist alles noch ein bisschen früh. Wir wissen nicht einmal, in welche Staffel wir kommen werden. Was ich aber sagen kann ist, dass wir beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Saison haben. Wir haben ein großartiges Team, tolle Trainer und ein fantastisches Umfeld. Das alles ist Grund genug, um ehrgeizige Ziele zu setzen: Wir wollen im oberen Drittel landen. Ich bin mir sicher, dass wir eine wunderbare Saison spielen werden und den nächsten Schritt machen.