Herdecke/Dortmund. Nach fünf Wochen ist der Herdecker Johannes Weißenfeld zurück auf dem Wasser im Training. Statt Olympia ist 2020 nun EM das neue Ziel.

Es wäre die Zeit der ersten Regatten, des Fahrtaufnehmens für Olympia. Doch die Spiele in Tokio sind angesichts der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben, rudern konnten die Mitglieder des Deutschland-Achters fünf Wochen nur auf dem Trockenen. Auf dem Ergometer, der zwischen Geranien und Wäscheständer auf dem heimischen Balkon platziert war. Da ist es für den Herdecker Johannes Weißenfeld und seine Teamkollegen „ein kleiner Schritt Richtung Normalität“, dass sie seit Anfang dieser Woche wieder aufs Wasser dürfen. Zu zweit, unter strengen Auflagen, mit einem neuen Saisonziel.

Einzige Regatta vor EM verschoben

Vor den Europameisterschaften im Oktober in Posen/Polen war der SH Netz Cup in Rendsburg Ende August die einzige Regatta, die noch für den Deutschland-Achter auf dem Terminplan stand. Aufgrund des aktuellen Verbots von Großveranstaltungen in Schleswig-Holstein bis einschließlich 31. August wurde nun aber auch der SH Netz Cup verschoben. Die Veranstalter suchen nach einem Ersatztermin noch in diesem Jahr.

Das hohe Leistungsniveau, auf dem sich Deutschlands-Elite vor dem Corona-Lockdown nach langer und intensiver Olympia-Vorbereitung befanden, habe man nicht mehr. Das räumt Johannes Weißenfeld ein, nachdem er nun wieder einige Trainingseinheiten im Boot absolvieren durfte. „Man merkt total, dass wir sehr lange nicht gerudert sind“, sagt der Herdecker, „natürlich verlernt man Rudern nicht, das ist wie beim Radfahren. Aber das gute Niveau, das wir uns über viele Monate angeeignet haben, ist weg.“ Froh, dass er das sportliche Home-Office nun wieder verlassen und am Stützpunkt in Dortmund trainieren darf, ist der 25-Jährige dennoch: „Es ist zumindest ein Schritt in Richtung Normalität. Bis wir allerdings wieder im Achter sitzen können, wird noch Zeit vergehen.“

Strenge Hygiene-Auflagen

Unter strengen Auflagen hat sich das Training in dieser Woche wieder zum Stützpunkt in Dortmund verlagert, die Olympia-Kaderathleten dürfen in Kleingruppen auf den Dortmund-Ems-Kanal in Lindenhorst. Trainiert wird zeitversetzt in Zweiergruppen, entweder im Kraftraum oder auf dem Wasser. Die Trainingszeiten sind so gestaffelt, dass die jeweiligen Duos keine Berührungspunkte mit anderen Sportlern haben. So kommen die Ruderer immer schon in Sportkleidung zum Stützpunkt, duschen sich nach dem Training zu Hause. „Zweimal am Tag fahre ich umgezogen zum Stützpunkt, schließe die Sporttasche weg und gehe im Zweier mit meinem Partner Torben Johannesen aufs Wasser rudern“, beschreibt es Weißenfeld, „wir fahren 20 Kilometer, schnappen uns unsere Taschen und fahren direkt wieder nach Hause.“

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Auch in den beiden Krafträumen des Leistungs-Stützpunkts wird nur zu zweit – mit dem gebotenen Sicherheitsabstand - trainiert, es gibt keinen Kontakt zu den anderen Teamkollegen. Auf die Hygiene-Maßnahmen wird streng geachtet, die verwendeten Geräte werden nach jeder Einheit desinfiziert. „Hohe Hygiene-Standards haben wir hier am Stützpunkt sowieso immer eingehalten“, sagt Weißenfelds Kollege Felix Wimberger. Die Trainings- und Zeitpläne gibt es weiter per WhatsApp-Gruppe, Besprechungen finden nach dem Training per Telefon statt. Und auch das Essen am Stützpunkt fällt aus. Weißenfeld: „Für ausgewogene Ernährung muss jeder selbst sorgen.“

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Es gehe langsam in die richtige Richtung, freut sich auch Bundestrainer Uwe Bender, dass die Athleten vom Team Deutschland-Achter wieder zurück auf dem Wasser sind. „Ich hoffe, dass wir eine weitere Entwicklung in den nächsten Wochen erleben“, sagt Bender, der die Ruderer beim Training auf dem Motorboot oder dem Rad neben dem Kanal auf Distanz begleiten kann: „Es ist wichtig, dass die Sportler zurück ins Ruderboot kommen, damit spezifisch trainiert werden kann. Und auch die Kraft müssen wir wieder aufbauen, die geht am schnellsten verloren.“

EM auf Oktober verlegt

Denn ein neues Saisonziel hat der Deutschland-Achter vor Augen, auch wenn Olympia verschoben wurde: Die Europameisterschaften im polnischen Posen wurden auf den 9. bis 11. Oktober verlegt und sind damit die einzige Regatta über 2000 Meter, die in dieser Saison noch stattfinden soll. „Es ist schön, dass die EM nur verlegt und nicht abgesagt wurde. Ich denke, dass der Herbst auch ein guter Termin ist“, sagt Bender, die Europameisterschaften seien nun „unser Zielwettkampf“. Auch für Johannes Weißenfeld steht statt Japan nun Polen für 2020 im Fokus. „Ich hoffe sehr, dass wir dort auch tatsächlich an den Start gehen können“, sagt der Herdecker, aber bis zur EM seien ja noch fünfeinhalb Monate Zeit: „Und dann wollen wir da kein Kanonenfutter sein.“ Dafür trainiert der Deutschland-Achter, der mit Weißenfeld die letzten sechs Europa- und Weltmeisterschaften gewonnen hat, nun wieder intensiv. Wenn auch vorerst nur zu zweit.