Hagen. Nach dem Saisonabbruch dürfen Handballteams in Westfalen Wildcards beantragen. Welche Hagener Mannschaften wollen jetzt aufsteigen?

Seit Sonntag wissen alle Handball-Vereine aus Westfalen, dass die Saison 19/20 abgebrochen wird und somit abgeschlossen ist. Mehr noch: Alle abstiegsbedrohten Mannschaften wie Eintracht Hagen III in der Landesliga oder Hagen IV und Hohenlimburg II in der Bezirksliga dürfen in der angestammten Spielklasse verbleiben. Um die größtmögliche Zufriedenheit zu schaffen, hat der HV Westfalen zudem allen Teams, die noch eine realistische Aufstiegschance besitzen, per Wildcard den Sprung in die höhere Klasse freigestellt.

Die Entscheidung des Westfälischen Verbands

Die Abschlusstabellen werden nach dem „norwegischen Modell“ ermittelt, also die Anzahl der Punkte durch die absolute Spielanzahl geteilt und mit 100 multipliziert. Und wer weniger als 40 Punkte Rückstand auf einen Aufsteiger aufweist, erhält die Wildcard.

Dies gilt für den Verbandsliga-Zweiten VfL Eintracht Hagen II, der entscheidend davon profitiert hat, dass Meister Bommern zuletzt in Hattingen verlor, so der Rückstand nur 39,5 Punkte beträgt. „Wir wollten von vornherein um den Aufstieg spielen. Und weil wir eine sehr junge und entwicklungsfähige Mannschaft haben, bin ich klar dafür, dass wir diese Chance nutzen, selbst wenn wir gleich wieder absteigen sollten, denn die Jugendlichen profitieren stark von diesen Erfahrungen“, meint Trainer Pavel Prokopec. Die Stoßrichtung der Eintracht ist klar, sagt auch Eintracht-Pressesprecher Eike Weinberg. „Für die Mannschaft und den Verein ist das eine gute Chance. Das muss aber noch vereinsintern besprochen werden.“

Die Lage bei Landesligist HSG Hohenlimburg

Ein wenig anders ist die Lage bei der HSG Hohenlimburg, obwohl die nur hauchdünn hinter Villigst-Ergste Rang zwei der Landesliga belegt. Sowohl der Sportliche Leiter Alex Filippelli („Das wird sportlich ein ganz hartes Brot“) als auch Trainer Ivo Maly („Mir kommt das eigentlich zu früh“) geben sich recht skeptisch in Bezug auf eine Verbandsliga-Spielzeit.

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Von Dominik Brendel, Fabian Sommer und Linda Sonnenberg

Das entscheidende Wort wird allerdings die Mannschaft sprechen. Und die ist nach erster Umfrage eher dafür, dieses Chance wahrzunehmen, was besonders für die ganz jungen Akteure wie Nick Albrecht gilt. „In der Verbandsliga zu spielen, bedeutet höheren Trainingsaufwand und mehr Professionalität. Wenn mir das die Spieler zusagen, bin ich dabei“, meint Maly. Bei bis zu neun möglichen Aufsteigern würde die Verbandsliga mit zwei 17er-Staffeln an den Start gehen.

Viele Optionen für Landesliga

Noch zahlreicher sind die Optionen Richtung Landesliga, denn da stehen aus den Staffel Industrie und Sauerland bereits fünf Aufsteiger fest, werden sechs weitere Wildcards angeboten, kämen noch die Aufsteiger aus dem Hellweger Raum hinzu. Bei einer hohen Anzahl an Aufrückern wird Staffelleiter Andreas Tiemann kaum darum herumkommen, eine fünfte Staffel ins Leben zu rufen. Binnen zwei Jahren will man wieder zu den Normalstärken zurückkehren, was schon in der Spielzeit 20/21 eine hohe Absteigerzahl mit sich zieht.

Der Hagener Schiedsrichterwart und Bezirksligen-Staffelleiter Volker Hallmann sieht nicht nur Probleme bei den Schiedsrichtern („Viele haben die Qualifikation nicht oder gehören altersmäßig zur Risikogruppe“). Er hegt sogar wenig Hoffnung, dass die kommende Saison regulär abgewickelt werden kann. „So lange kein Impfstoff zur Verfügung steht, bleibt doch das Kontaktverbot aufrecht. Vor Januar 2021 sind deshalb Spiele mit Publikum kaum denkbar. Ich rechne eher damit, dass wir erst in einem Jahr wieder Meisterschaftsspiele austragen dürfen.“

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So ist die Situation in den Handball-Kreisen

Die Wildcard-berechtigten Mannschaften in den Kreisen - unter anderem auch für den Aufstieg aus den Bezirksligen in die Landesligen - werden nach dem Beschluss des HV Westfalen von den Handballkreisen festgelegt. Im Kreis Hagen/Ennepe-Ruhr wird dies, so erklärte der Kreisvorsitzende Michael Knöpel auf Anfrage unserer Redaktion, noch einige Tage dauern. „Die Mannschaften werden noch in dieser Woche von uns Informationen erhalten“, sagte er.

Während die Saisonwertung nach dem „norwegischen Modell“ schon länger Thema gewesen sein, so Michael Knöpel, sei die Regelung mit Wildcards für Mannschaften, die bei einer Saisonfortsetzung noch eine Aufstiegschance gehabt hätten, erst kurzfristig am Samstag in der Beschlussvorlage des Handball-Verbands aufgetaucht. „Im Kreisvorstand haben wir uns dann geeinigt, dem Beschluss für die westfälischen Klassen zu folgen“, sagt Knöpel, „im Kreis, wo wir eigenständig entscheiden können, müssen wir uns aber noch Gedanken machen, ob wir uns dem HV-Beschluss anschließen können oder davon etwas abweichen. Dafür bräuchten wir dann natürlich gute Argumente.“

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Kreisliga könnte ausdünnen

Der HV Westfalen habe sich vorbereiten, die Tabellen ausrechnen können, das werde im Kreis mit den Staffelleitern nun getan. „Was bedeutet das für unsere Ligen, wenn es keine Absteiger gibt, in denen darunter aber mögliche Aufsteiger eine Wildcard nicht wahrnehmen würden?“, fragt Knöpel: „Unsere Kreisliga soll ja nicht mit weniger Teams in die nächste Saison starten als die darunter liegenden Klassen.“ In Absprache mit den Staffelleitern wolle der Kreisvorstand nun das Vorgehen im Kreis festlegen, wobei Knöpel bewusst ist: „Jeder, der die Chance hat aufzusteigen, will natürlich jetzt Bescheid wissen.“ Er bitte um einige Tage Geduld.