Herdecke. Bei Herdeckerin Sigrid Kroll haben bis zu 150 Frauen zu Schallplattenmusik Gymnastik betrieben. So wichtig ist die Bleichsteinhalle für den TSV.

Wenn Sigrid Kroll von ihrem Balkon blickt, sieht sie direkt auf die Bleichsteinhalle. Zumindest im Winter, wenn die Blätter gefallen sind. „Es ist wirklich schön, so nah an der Halle zu wohnen“, sagt die Herdeckerin mit Blick auf die Sportstätte, die vor 50 Jahren eröffnet wurde. Und mit der sie ihre schönsten sportlichen Erinnerungen verbindet. „Es gab ja damals fast nur die Bleichsteinhalle und dann später die Halle des Gymnasiums. Dadurch war das einfach toll, es war familiär. Man hat sich gesehen, zusammen gefeiert, es haben sich Freundschaften gebildet, dass ist so heute bei den vielen Abteilungen in der Form gar nicht mehr möglich“, sagt Kroll.

Sigrid Kroll kann von ihrem Balkon auf die Bleichsteinhalle blicken.
Sigrid Kroll kann von ihrem Balkon auf die Bleichsteinhalle blicken. © Veronika Szary

Am 1. Januar 1976 ist sie in den TSV eingetreten, das weiß sie noch genau. Damals gab es noch nicht das Turnerheim an der Hengsteyseestraße, in dem heute viele Kurse des TSV 1863 Herdecke stattfinden. Bevor Sigrid Kroll vor etwa 26 Jahren nach Herdecke gezogen ist, wohnte sie in Hagen, fuhr aber gerne zur Bleichsteinhalle für die Gymnastikgruppe.

Keine „Hausfrauengymnastik“

„In der Halle habe ich dann das Sportabzeichen für Gymnastik gemacht, das gab es früher noch. Ich habe dann auch die Leitung übernommen, weil die Übungsleiterin gekündigt hatte. Eigentlich wollte ich das anfangs gar nicht machen, bin dann aber dabei geblieben“, sagt Sigrid Kroll mit einem Lachen.

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Geblieben ist sie beim TSV bis heute, wenn auch nicht mehr als Übungsleiterin. Noch immer kommen Frauen auf sie zu und sprechen die ehemalige Pflegedienstleiterin auf die Zeit am Bleichstein an: „Die sind teilweise schon im Altersheim. Einige sagen zu mir noch heute: ‘Ich war ja bei Ihnen in der Bleichsteinhalle. Mein Gott, war das eine schöne Zeit.’ Die Frauen kamen ja von überall her. Von Hagen, von Dortmund. Ich weiß gar nicht, warum die alle zu mir kamen. Aber das war halt so.“ Durch ihren Kurs sind immer mehr Mitglieder zum TSV gekommen.

Bis zu 150 Frauen in einem Kurs haben dann bei Sigrid Kroll in der Bleichsteinhalle trainiert – zu Schalplattenmusik. „Das war unglaublich. Es gab ja damals noch keine Musikanlage. Später haben wir dann auch zu Tonbändern und Kassetten Sport getrieben. Als dann die Aerobic-Welle kam, dachte ich mir: ‘Wir machen das doch schon lange so’“, so Kroll.

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Von den Männern wurde ihr Kurs oft als „Hausfrauengymnastik“ belächelt. „Die habe ich dann mal eingeladen. Danach haben die aber nichts mehr gesagt. Die Halle ist ja so schön groß, da konnten wir uns richtig austoben. Wir sind viel gelaufen und haben mit Medizinbällen trainiert. Es war eine eine ganz besondere Atmosphäre, die gibt es so nicht mehr.“

Auch die Disziplin und die Sauberkeit, die dank der gewissenhaften Hausmeister herrschte, vermisst die Herdeckerin: „Wehe jemand hatte Turnschuhe an und kam von draußen. Und wehe jemand kam fünf Minuten zu spät, da wurde die Tür zugemacht.“ Neben der Gymnastik hat der TSV in der Bleichsteinhalle auch Leichtathletik, Kinderturnen, Kunstturnen und Volleyball angeboten, mittlerweile ist Basketball hinzugekommen. „Die Halle hat und hatte für den TSV eine große Bedeutung. Wir hatten zwar schon ein Vereinsheim, aber das konnten wir nicht in der Form nutzen wie heute die Turnerhalle“, betont Antje Meyer, Referentin für Finanzen.

Volle Halle bei Nikolausfeier

Bei einer Weihnachtsfeier des TSV in der Bleichsteinhalle unter dem Motto Zirkus zeigten die Nachwuchssportler ihr Können.
Bei einer Weihnachtsfeier des TSV in der Bleichsteinhalle unter dem Motto Zirkus zeigten die Nachwuchssportler ihr Können. © Heinrich Hendel

Bei allen Vorteilen, die die Halle bot, wurde sie jedoch auch mit der Zeit immer maroder. „Die Halle war ja alt. Ich hab das noch miterlebt, da haben wir Sport gemacht und dazwischen standen Wannen rum, damit das Wasser aus der Decke nicht auf den Boden fällt“, erinnert sich Sigrid Kroll. 2009 und 2010 wurde die Bleichsteinhalle für 2,8 Millionen Euro mit Fördergeldern umfangreich saniert. Doch nicht nur Sport hat der TSV in der Halle getrieben, es wurde auch gefeiert. „Bei den großen Weihnachtsfeiern war alles vom Verein dabei, von Jung bis Alt. Da kam der Nikolaus, wir haben Auftritte gemacht, Tüten wurden gepackt für die Kinder. Das war einfach toll“, sagt Sigrid Kroll. Und auch Antje Meyer betont: „Die Halle war bei den Feiern voll, da waren mehrere hundert Kinder. Das ist schon wichtig, so eine Halle zu haben, in die man auch Publikum einladen kann.“

Mittlerweile geht Sigrid Kroll immer noch zum Sport. „Es gibt heute viele Angebote. Das ist auch toll, aber damals hatten wir einen besonderen Zusammenhalt“, sagt Kroll. Zu der von ihr ins Leben gerufenen Walking-Gruppe kommt noch heute „der Kern von früher“. Und beim „65plus“-Treffen im November werden wieder Erinnerungen ausgetauscht. „Es war eine sehr schöne Zeit in der Halle. Es sind Freundschaften entstanden, die bis heute halten“, sagt Sigrid Kroll.