Hagen. Was für ein unglaublicher Basketball-Abend: Nach einem Rückstand von 27 Punkten dreht Phoenix Hagen gegen Trier nochmal auf.
Den Fans von Phoenix Hagen stand der Schock am Sonntagabend ins Gesicht geschrieben. Ein 45:64 stand zur Halbzeit auf der Anzeigetafel der Ischelandhalle, zwischenzeitlich lagen die Volmestädter sogar mit 53:80 (25.) hinten. Die Gladiators Trier, die zweitstärkste Offensive der 2. Basketball-Bundesliga ProA, überrumpelte die Hagener Defensive, die normalerweise insbesondere daheim oft zum Bollwerk wird. Die Partie schien bereits zur Halbzeit entschieden. Vor ausverkauftem Haus erlebten die Hagener eine schlimme erste Hälfte, ehe sich das Spiel zum absoluten Krimi entwickelte und mit 101:107 aus Heimsicht endete.
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
Die Spitzenpartie begann mit einem Schreckmoment: Dennis Nawrocki musste einige Sekunden nach Spielbeginn sofort wieder den Platz verlassen und wurde in den Kabinentrakt geführt. Er musste genäht werden, nachdem er einen Schlag abbekommen hatte und am Auge geblutet hatte. Zur Mitte des ersten Viertels war der Kapitän der Hagener dann wieder auf dem Parkett. Und das Spiel nahm langsam Fahrt auf.
Zur Halbzeit glaubte wohl niemand mehr an eine Chance für Phoenix
In der Anfangsphase lief es für Phoenix noch gut: Sincere Carry bewies in den ersten Minuten Übersicht und Kreativität. Er dribbelte sich durch die Trierer Defense und spielte dann per No-Look-Pass den links von ihm frei stehenden Devonte McCall an, der abseits der Dreierlinie zum Wurf ansetzte und glatt einnetzte (9:7/3.). Es war eine der Szenen, in denen Hagen die eigene Qualität aufblitzen ließ. Doch Trier dominierte von nun, ließ den Ball wunderbar laufen und gab vor allem in der Zone den Ton an. Big Man Martin Linßen traf in der ersten Halbzeit alle seiner sechs Nahdistanzwürfe. Es war zum Haareraufen: 64 gegnerische Punkte hat man in der Ischelandhalle nur selten hinnehmen müssen.
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
„Hagen wird sicher anders aus der Kabine kommen und wir werden dagegen halten müssen. Das wird hart“, prophezeite der ehemalige Phoenix-Spieler und heutige Trierer Marco Hollersbacher in der Halbzeitpause im Stream von Sportdeutschland TV. Zunächst ballerte Trier sich aber weiter in Front – in der 25. Minute stand es 53:80. Wer jetzt aus Frust die Halle verließ, verpasste jedoch einiges.

Hagen kämpfte, spielte schnell und mutig nach vorne und brillierte offensiv vor allem in Person von Tim Uhlemann (insgesamt 26 Punkte), Sincere Carry (17), Naz Bohannon (12) und Tyler Stephenson-Moore (16). Ein 13:0-Lauf von Uhlemann und Co. zum 66:80 brachte den Glauben an eine Wende zurück – und die Heimfans in Stimmung. Rund vier Minuten vor Schluss betrug der Rückstand nur noch sechs Punkte: Ein Korbleger von Bohannon zum 86:92 brachte Hagen die nächsten Zähler und den Großteil der 3145 Zuschauer in Ekstase. Die Sensation lag in der Luft.
Fotostrecke: Phoenix Hagen verliert gegen Gladiators Trier
Während Trier immer mehr Chancen liegen ließ, öffnete sich für Phoenix Hagen eine Tür, die Tyler Stephenson-Moore - metaphorisch gesprochen - sonst wahrscheinlich auch zur Not eingetreten hätte. Mit zwei Dreiern in Folge brachte er Phoenix auf 99:100 heran. Bis wenige Sekunden vor dem Ende dauerte die irre Aufholjagd der Hagener, die am Ende nicht mit zwei Punkten belohnt wurde. Behnam Yakchali per Dreier sowie Aufbauspieler Marcus Graves mit weiteren vier Zählern sicherten den Trierer Sieg, während Phoenix zwei Angriffe in Folge nicht erfolgreich abschloss. Ein denkwürdiges und wildes ProA-Spiel ging zu Ende. Mehr als 150 Trierer Fans feierten ihre Gladiators, die nach Spielschluss geschlossen hoch zum Gästeblock schritten.

Phoenix Hagen gegen Trier: Die Stimmen zum Spiel
Phoenix-Coach Chris Harris lobte nach dem Spiel die Stimmung in der ausverkauften Ischelandhalle, die seiner Auffassung nach auch maßgeblich Anteil an der Aufholjagd hatte: „Die Stadt, die Symbiose zwischen Zuschauern und den Spielern, das alles macht uns stolz. Wir hatten heute lange zu wenig körperliche Intensität im Spiel. Aber wir haben sie gegen Ende nochmal ganz schön zum Zittern gebracht“, fasste er nach dem Spiel zusammen.
Hagens Topscorer Tim Uhlemann resümierte: „Es waren einfach zwei unterschiedliche Halbzeiten. In der ersten Hälfte haben wir nicht so viel Intensität gezeigt und haben nicht gut gereboundet. Defensiv haben wir dann umgestellt, was Trier schwerer gefallen ist. Und dann haben wir offensiv einen guten Rhythmus gefunden, dann sind auch die schwierigen Würfe gefallen. Aber wenn man zwischenzeitlich gegen so ein Team mit 27 Punkten zurückliegt, dann wird's sehr schwer. Nichtsdestotrotz: Eine 27-Punkte-Führung fast aufzuholen, ist schon eine Leistung. Ich würde sagen, wir bauen lieber auf der zweiten als auf der ersten Hälfte auf.“
Phoenix Hagen: Nawrocki (1), Kraushaar (2), McCall (9), Pook, Omuvwie (4), Binapfl (3), Stephenson-Moore (16), Uhlemann (26), Bohannon (12), Boner (5), Hounnou (6), Carry (17).
Beste Scorer Trier: Graves (23), Roland (19), Guillozet (17).
Zuschauer: 3145.