Paris/Hagen. Heidemarie Dresing (69) ist eine Pferdeflüsterin mit einer besonderen Geschichte. Bei den Paralympics ist sie die älteste deutsche Sportlerin.

Heidemarie Dresing aus Hagen feiert mit 69 Jahren einen absoluten Höhepunkt in ihrer Karriere als Sport-Reiterin. Nur sieht dieser vielleicht etwas anders aus, als sie es sich vor vielen Jahren vorgestellt haben dürfte. Sie geht derzeit bei den Paralympics in Paris an den Start und in der Wettkampfklasse G.2 des Para Reitens hat sie am Dienstag eine Performance hingelegt, die nicht ganz zufriedenstellend ist. Auf ihrem Pferd, dem Oldenburger Rappe Dooloop („Dooly“), hat sie ein Ergebnis von 73.103 Prozent erzielt.

Keine Bestleistung, aber ein respektables Ergebnis

Wie etwa die Kommentatoren während der Live-Übertragung im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen analysierten: „Das haben die beiden diese Saison schon besser gezeigt“, sagte die ARD-Kommentatorin Gianna Regenbrecht. Und dennoch reichte dieses Ergebnis für den vierten Platz, wobei Dresings Abstand zu Rang drei und zwei recht dünn war. Keine persönliche Bestleistung, aber ein respektables Ergebnis bei einem Wettbewerb, an dem Dresing zuvor noch nie teilgenommen hat.

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Ihre Leidenschaft für den Pferdesport kommt aber nicht von ungefähr: Die aus Hagen stammende Pferdezüchterin, die inzwischen aber in Rheda-Wiedenbrück wohnt, reitet seit ihrem zehnten Lebensjahr und war in der Dressur bis Klasse S erfolgreich. Nach ihrer Diagnose fand die Architektin den Weg in den Para-Sport. Denn sie ist an Multipler Sklerose erkrankt und daher seitdem körperlich eingeschränkt. „Ich wollte wissen, was mit mir los ist. Und dann hatte ich relativ schnell die Diagnose. Das hat mich ziemlich fertig gemacht, aber nur einen Tag. Dann ging es für mich weiter.“

Heidemarie Dresing mit „Dooly“ beim Para Reiten in Balve. Am Dienstag ist die aus Hagen stammende 69-Jährige bei den Paralympics in Paris an den Start gegangen.
Heidemarie Dresing mit „Dooly“ beim Para Reiten in Balve. Am Dienstag ist die aus Hagen stammende 69-Jährige bei den Paralympics in Paris an den Start gegangen. © Dietmar Reker | WP

2019 startete sie bei der EM in Rotterdam erstmalig fürs deutsche Team. Seitdem ging es für sie stetig bergauf: Bei den Europameisterschaften 2023 in Riesenbeck folgte dann ihr bisher größer Erfolg. Sie holte Gold in der Einzelwertung und Kür und hatte einen großen Anteil am Silber des deutschen Para-Dressurteams. Für ihre sportlichen Erfolge wurde ihr im Herbst 2023 das Goldene Reitabzeichen verliehen. 

„Kommunikation“ mit dem Pferd ist besonders schwer

Der Sport hilft ihrer Gesundheit, berichtet sie am Rande der Paralympics. Die Bewegung und die gute Betreuung helfen ihr, um möglichst fit zu bleiben: „Ich bin ja vor allem linksseitig besonders eingeschränkt und kann mein linkes Bein nicht heben und deswegen auch nicht treiben“, sagt sie. Das macht das Reiten für sie besonders schwer, insbesondere die „Kommunikation“ mit ihrem Pferd: „Wenn das Pferd genau meine Hilfen annehmen würde, würde es schieflaufen“, berichtet sie: „Das Pferd muss eigentlich nur auf mein Kreuz, mein Gewicht und meinen Hintern reagieren und nicht auf meine Beine.“

„Ich denke dann, wie toll ist das eigentlich?“

Heidemarie Dresing, Reiterin aus Hagen

Der Sport gebe ihr unter diesen Voraussetzungen emotional viel zurück: „Und wenn man dann merkt, dass das trotzdem funktioniert, mit dieser Abstimmung und dem Gefühl, dann kommen einem manchmal schon die Tränen, wenn die Pferde das Richtige machen, obwohl ich nicht die richtigen Hilfen gegeben habe. Ich denke dann, wie toll ist das eigentlich?“, sagt Dresing.

Die Bindung zu ihren Tieren ist ihr allgemein sehr wichtig: „Wenn ich ein Pferd kaufe, ist das wie heiraten. Man muss lange zusammen arbeiten, wachsen und harmonieren und dann kommt auch der Erfolg“, sagt Dresing. Es mag diese Einstellung zu Tier und Sport sein, die sie nun zu den Paralympics geführt hat.