Gelsenkirchen. In der vierten Minute der Nachspielzeit wird YEG im Spitzenspiel der Stecker gezogen. Warum die Gelsenkirchener kämpferisch bleiben.
Ein paar Minuten nach Abpfiff des Landesliga-Heimspiels gegen den SV Brackel wurde YEG Hassels Trainer Marcel Radke gefragt, ob er etwas Heißes vom Grill haben möchte. Die Antwort von ihm kam blitzschnell: „Nein danke, mir ist der Appetit vergangen.“
Radke: „Bitterer geht’s nicht“
Die 2:3 (0:1)-Niederlage in den letzten Sekunden der Nachspielzeit hatte jeglichen Anflug von Hunger bei Radke verscheucht. „Bitterer kann man eigentlich gar nicht verlieren. Bei einem 2:2 hätte man gesagt: Okay, das geht so in Ordnung. Aber so ein Ei in der 94. Minute zu kassieren, das war richtig hart - und unverdient dazu“, bilanzierte der 38-Jährige, der mit seinem Team erstmals seit acht Spielen wieder einen Rückschlag kassierte.
Wie es überhaupt zum dritten Gegentor für die Hausherren kam, darüber diskutierten Spieler, Fans und Offizielle nach Abpfiff an den Verpflegungsständen des Lüttinghof-Stadions. YEG Hassels Torwart Pascal Schulz-Knop hatte versucht, einen Brackeler Schuss mit dem Fuß zu entschärfen und war dabei offenbar im Fünfmeterraum weggerutscht. Rron Sahiti nahm das Geschenk an und beförderte den Ball ins leere Tor. Während Brackels Spieler und der Trainerstab ausgelassen jubelten, schlichen Verteidiger Gökhan Öztürk & Co. mit hängenden Köpfen vom umgepflügten Rasen.
Bükrü: „Das gleicht sich aus“
„Eigentlich hatte ich es nicht im Gefühl, dass wir uns noch ein Gegentor fangen“, resümierte Marcel Radke, „aber so ist Fußball.“ Vor einer Woche hatte YEG noch über ein Tor kurz vor Schluss gejubelt und eine drohende Niederlage im Derby gegen die SSV Buer abgewendet.
„Dieses Mal haben wir leider ein spätes Tor kassiert und dadurch verloren. Die Jungs haben alles probiert. Solche Spiele wie jetzt gegen Brackel passieren dir in einer Saison vielleicht ein oder zwei Mal. Das gleicht sich in einem Jahr alles aus“, stellt YEGs Sportlicher Leiter Sener Bükrü fest.
Die Hausherren kamen vor 100 Zuschauern auf tiefem Boden gut in die Partie, erarbeiteten sich zahlreiche Chancen. Weder Mesut Özkaya, der am langen Pfosten den Ball nicht richtig erwischte (15.) noch Alkan Talas (24./abgewehrter Flachschuss aus spitzem Winkel) oder Yüksel Terzicik, der nach einer Balleroberung über den Brackeler Kasten schoss (30.), brachten die Kugel im SV-Netz unter.
0:1 ist abseitsverdächtig
In der Nachspielzeit des ersten Durchgangs nagelte William Valenti den Ball zur Brackeler Führung ins linke untere Eck. Einige YEG-Spieler reklamierten Abseits, bissen aber beim Linienrichter auf der Tribünenseite auf Granit. „Ich habe den Jungs in der Halbzeit Mut gemacht“, sagt Marcel Radke, der einen schwungvollen Start in die zweite Hälfte erlebte.
Brackels Torwart Fabian Leppert vereitelte durch mehrere Glanztaten das 1:1, musste die Kugel dann aber nach einem Terzicik-Freistoß, der exakt im Winkel einschlug, doch aus dem Netz holen (56.). „Das war ein Kunstschuss. Yüksel ist bei uns der Mann für die Standards. Er macht die Dinger überragend“, freute sich Marcel Radke.
Auf der Gegenseite klingelte es ebenfalls nach einer Standardsituation. Im Anschluss an eine abgewehrte Ecke traf Alexander Gowik zum 2:1 für Brackel (68.). YEG Hassel kam erneut zurück. Kapitän Mert Kilic war nach einem feinen Angriff über die rechte Seite zur Stelle - 2:2 (75.). Doch dann nahm das Drama seinen Lauf. Kilic kassierte in der Nachspielzeit wegen wiederholten Fouls Gelb-Rot (90.+2). 120 Sekunden später fiel das 2:3 für Brackel. Marcel Radke mit Blick auf die Tabelle kämpferisch: „Heute ist hier sicherlich noch nichts entschieden worden.“
YEG Hassel: Schulz-Knop; Öztürk, Tugyan, Kilic, Terzicik, Kaya (77. Eren), Karkar, Gökyar, Talas, Özkaya, Demircan (72. Hasani).