Gevelsberg. Maximilian Goerke vom Fußball-A-Ligisten FC Gev.-Vogelsang spricht im Interview Klartext über finanzielle Forderungen von Spielern.
Noch zwölf Spiele sind es für Maximilian Goerke, ehe er nach der laufenden Saison 2023/24 sein Amt als Trainer des Fußball-A-Ligisten FC Gevelsberg-Vogelsang niederlegen wird. Marvin Borberg und Patrick Dickes werden dann versuchen, mit einer schlagkräftigen Mannschaft in der kommenden Spielzeit die Qualifikation für die eingleisige Kreisliga A zu erreichen. In die Gespräche mit potenziell neuen Spielern ist der 26-jährige Goerke nicht mehr involviert - was er selbst gar nicht so bedauert. Goerke wundert sich im Interview, in welchen Dimensionen so mancher Kreisliga-Spieler inzwischen Forderungen an Vereine stellt.
Im Sommer ist für Sie Schluss als Trainer bei Ihrem Herzensverein. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Maximilian Goerke: „Das ist länger gereift, weil absehbar wurde, dass es zeitlich nicht mehr machbar ist für mich. Du bist ja nicht nur auf dem Platz als Trainer verantwortlich, sondern musst das Training planen und vorbereiten, Gespräche führen und weit im Voraus planen. Da leiden viele andere Sachen wie Familie und Freunde drunter. Zusätzlich hat mein Job keine festen Arbeitszeiten, das macht es schwierig verbindlich da sein zu können. Und ehrlich gesagt, ist es mir das nicht wert.
Was meinen Sie damit?
Vor allem die fehlende Zeit für mein Privatleben.
Haben Sie denn das Gefühl, eine intakte Mannschaft an Ihre Nachfolger zu übergeben?
Das kommt darauf an, wie der Kader zusammenbleibt und wer dazu kommt. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass dieser Kader es mit einigen Ergänzungen schaffen wird, die eingleisige A-Liga zu erreichen. Was schwer wird, denn die Liga wird sich ziemlich verändern.
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Inwiefern wird sich die Liga Ihrer Ansicht nach verändern?
Die finanzstarken Vereine werden versuchen, sich die besten Spieler zu holen, so einfach. Die Vereine, die weniger zahlen können, werden einige Spieler verlieren. Ich erwarte in der kommenden Saison vier bis fünf Vereine ganz vorne, da drunter dürfte es eng werden.
Mit Maximilian Goerke auf dem Spielfeld?
Das werden wir sehen, ausgeschlossen ist das aber nicht.
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Sie wären dann ein gefühlter Neuzugang für Ihr Team. Wie schwierig ist es darüber hinaus für einen Verein wie den FC Gevelsberg-Vogelsang, neue Spieler zu verpflichten?
Gerade, was junge Spieler angeht, extrem schwierig. Ich habe das Gefühl, dass so manch ein Spieler vergessen hat, wo er spielt, auch bei uns. Ich meine, wir spielen in der Kreisliga, auf dem niedrigsten Niveau. Was da teilweise in Gesprächen für Ansprüche gestellt werden, ist fernab der Realität.
In Bezug auf was fehlt Ihnen da der Bezug zur Realität?
In Bezug auf Geld. In Bezug auf die Motivation, warum man Fußball spielt. Auf dem Bolzplatz haben wir alle mal angefangen, weil es uns Spaß gemacht hat. Einige haben dann mal höherklassig gespielt und vergessen dann, dass es irgendwann nur noch die Kreisliga A ist, sie verkennen die für sie bittere Realität. Da werden Summen aufgerufen, die zeigen, in welche Richtung das vielleicht irgendwann einmal hinauslaufen wird.
Wohin läuft es Ihrer Meinung nach hinaus?
Es wird einfach für alle schwieriger, bezahlbare Spieler zu holen. Im Profifußball hat sich das schon in eine Richtung entwickelt, die niemand mehr nachvollziehen kann. Bei den Amateuren geht das in die gleiche Richtung, natürlich auf einem anderen Niveau. Die Floskel, dass früher ja alles besser war, mag ich eigentlich nicht. Im Fußball aber passt sie.
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Was verdient ein Kreisliga-Spieler Ihrer Erfahrung nach?
Da kann ich aus meiner Zeit in Frankfurt, wo ich studiert habe und mit einigen Fußballern gesprochen habe, berichten. Die sind aus allen Wolken gefallen, als ich ihnen erzählt habe, was bei uns gezahlt wird. Das gibt es dort in der Landesliga.
Über welche Summen reden wir?
Da würde ich schon sagen, dass ein guter Kreisliga-Spieler 250 Euro plus Prämien bekommt. Ein durchschnittlicher Spieler kommt so auf 150 Euro plus Prämien, was überdurchschnittliche Spieler angeht, will ich es gar nicht so genau wissen. Die verdienen mehr als ein Mini-Jobber, der wirklich hart für sein Geld arbeiten geht. Ich persönlich wäre auch dafür, dass das Finanzamt da mal genauer hinschaut bei einigen Vereinen.
Haben Sie schon einmal solche Angebote bekommen?
Ich erinnere mich an ein Gespräch vor Jahren mit einem Verantwortlichen eines türkischen Vereins aus Hagen. Wir haben uns auf halber Strecke getroffen und er hat mich gefragt, was ich brauche. Ich habe damals gesagt, dass ein Trainingsanzug und die Ausstattung super wären. Das wollte er aber gar nicht wissen, er wollte wissen, wie viel Geld ich brauche. ‚3000 Euro Handgeld und 300 Euro monatlich und du spielst bei uns‘ hat er dann gesagt. Ich hatte aber nie den Plan, für Geld zu spielen.
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Sie haben das Angebot also nicht angenommen?
Richtig, ich bin damals bei Vogelsang geblieben.
Fehlt es Ihnen manchmal, dass Spieler einfach nur zum Platz kommen, um Fußball zu spielen?
Ja, definitiv. Als Spieler oder Trainer merkst du einfach, wer aus welcher Motivation Fußball spielt. Ich erinnere mich an Spiele gegen Vereine, die richtig gut bezahlt haben. Das waren für uns immer die leichtesten Spiele, weil wir da bewusst eklig und aggressiv aufgetreten sind. Da kamen dann so Sprüche von den Gegnern wie ‚Ich lasse mir doch hier nicht für 200 Euro die Knochen kaputt treten.‘
Geht durch die vielen Vereinswechsel auch die Identifikation mit den Klubs verloren?
Ja, natürlich. Und das macht mich traurig. Früher bist zum Bolzplatz in deiner Umgebung gegangen und hast die Jungs angesprochen, die da gespielt haben. Heute ist da keiner mehr, also musst du Spieler von anderen Vereinen ansprechen. Die haben dann natürlich eine andere Identifikation mit den Vereinen. So ein Verein wie unser lebt aber vom Ehrenamt, wenn du aber nur Spieler hast, die nur für eine Saison zum Fußballspielen kommen und dann wieder weg sind, fehlen uns Menschen, die sich für einen Verein engagieren.
Gibt es eine Möglichkeit, aus diesem Hamsterrad auszusteigen?
Nein, das geht nicht. Dann spielst du in der Kreisliga C.