Gevelsberg. Der Krieg in der Ukraine hat vielen Menschen die Heimat geraubt. Einer davon ist Dmytro Martyshov, der bald beim FSV Gevelsberg auflaufen soll.
Jetzt hat der Ukraine-Krieg auch einen Fußballer nach Gevelsberg verschlagen. Dmytro Martyshov trainiert seit rund zwei Wochen im Stefansbachtal mit. Der 36-jährige Ex-Profi soll das Team mit seiner Erfahrung verstärken. „Ich verspreche mir von ihm, dass er in der Offensive den Ball gut halten und verteilen kann“, sagt Wolfgang Hamann, der Sportliche Leiter des FSV Gevelsberg.
Aber wieso ist der mit 1,88 Metern groß gewachsene Fußballer ausgerechnet an der Ennepe gelandet? Der Grund ist simpel: Seine Frau war mit dem gemeinsamen Kind bereits im September 2022 vor dem Krieg in der Heimat geflohen und nach Gevelsberg gekommen. Es handelt sich also um eine Familienzusammenführung.
Lesen Sie auch: Liavas macht den Abflug – und spricht von Regionalliga
Warum er sich für den FSV entschieden habe, wollten wir wissen. „Ich habe geschaut, was für Fußballvereine es in der Stadt gibt und mich über sie im Internet informiert.“ Die Wahl ist dann nicht zufällig auf den klassenhöchsten Verein der Stadt gefallen. Hier ist er von der Mannschaft sofort mit offenen Armen aufgenommen worden. „Die erste Mannschaft hat sich schon hervorragend um ihn gekümmert, ihm einige Einrichtungsgegenstände besorgt und sie zusammen mit ihm aufgebaut. Dazu gehörten ein Doppelbett, Kühlschrank und eine Playstation“, berichtet FSV-Vorsitzender Christian Bauermeister.
Schnell die Sprache lernen
Da Martyshov bislang weder englisch noch deutsch, sondern nur ukrainisch und russisch spricht, ist die Kommunikation noch etwas schwierig, aber nicht unmöglich. „Die Fußballersprache ist international“, sagt Martyshov. Er wolle aber jetzt auch Deutsch lernen, um noch besser kommunizieren zu können, als nur mit Zeichen und Gesten. Ehefrau und Kind haben schon vor sieben Monaten begonnen, einen Online-Sprachkurs zu absolvieren. Er will ihrem Vorbild folgen.
„Im Training klappt es schon sehr gut, da verstehe ich, was die Mitspieler sagen wollen“, sagt Martyshov nach den ersten fünf gemeinsamen Trainingseinheiten. Die Mannschaft hat er das erste Mal beim Lokalderby in Schwelm gesehen. Sein Eindruck: „Es hat mir gefallen, wie gut das Team den Ball kontrolliert hat.“ Ein Urteil will er sich aber nach der kurzen Zeit und dem einen Spiel noch nicht erlauben Das Gespräch mit Martyshov hat vor der 2:3-Niederlage des FSV gegen das Kellerkind TuS Ennepe stattgefunden.
Auf dieser Position soll Martyshov spielen
In der Ukraine hat der Neu-Gevelsberger im zentralen Mittelfeld gespielt. Seine Stärken sieht er in der Ballbehandlung und im Angriffsspiel. Für Wolfgang Hamann ist er „ein echter ‚Zehner.“ Eine Spielberechtigung ist beantragt, nun wartet der Verein noch auf die offizielle Freigabe.
Geboren am Fluss Dnjepr in Dnjprodzerzhynsk hat Martyshov in der zweitgrößten Stadt der Ukraine, Charkiw, gelebt. Hier war er im Fußball aktiv. Zunächst als Spieler in der ersten und zweiten ukrainischen Liga, nach Beendigung der Profikarriere auch als Trainer. Zu den Mannschaften, deren Trikot er getragen hat, zählen die Charkiwer Vereine Arsenal und Mentalist, der ja auch bei uns als Europa-Liga-Teilnehmer bekannt ist.
Martyshov will möglichst länger bleiben
Bislang ist Martyshov noch nicht beruflich in seiner neuen Heimat tätig. „Ich bin ja auch erst seit zwei Wochen hier“, erläutert. Aber er ist dabei, die notwendigen Papiere für eine Arbeitsaufnahme zusammenzustellen. Bei der Suche nach einer Stelle will ihm sein neuer Verein behilflich sein.
Bleibt die Frage, ob Martyshov dauerhaft in Gevelsberg bleiben will – oder ob eine Rückkehr in die Ukraine geplant ist. „Das ist im Moment schwer zu beantworten, weil ja unklar ist, ob eine Rückkehr überhaupt möglich sein wird. Außerdem wird die Zeit in der Ukraine nach dem Krieg sehr schwer werden, deshalb würde ich gerne hierbleiben, solange es geht“, sagt der Ukrainer.