Schwelm. Ihre Mitschüler spielen Fußball, Handball, gehen turnen oder schwimmen. Drei Schwelmer hingegen spielen dagegen lieber Schach in ihrer Freizeit.

Beim Thema Sport denken wohl die wenigsten als erstes an Schach. Wo die körperliche Betätigung vielleicht ausbleibt, wird die Denkfähigkeit umso mehr gefordert. Die Schachgemeinschaft EN-Süd lehrt und vermittelt vielen jungen Spielern das strategische Brettspiel. Aik Arakelian, Illia Kudinov und Yves Valton sind drei vielversprechende Schach-Talente. Sie erzählen uns, was sie am Denksport begeistert und was ihre Klassenkameraden darüber denken.

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Wie kommt man nun zum Schachspielen, wenn um einen herum jeder Fußball oder Handball spielt? Zumindest in Deutschland dürfte man sich diese Frage stellen. Arakelian und Kudinov kommen beide aus der Ukraine, wo sich das Schach einer großen Beliebtheit erfreut. Der 17-jährige Arakelian, der älteste der drei, ist schon seit 2015 hier in Deutschland. Er wurde damals in seinem Heimatland durch seinen Mathelehrer animiert, der ihm sogar Schachunterricht gab. „Er hat es mir beigebracht und ein Schachprogramm auf meinem PC installiert“, erklärt Arakelian.

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Früh fand er durch sein Interesse den Kontakt zu Norbert Bruchmann von der SG EN-Süd. Nebenbei auch noch bei den Schachfreunden Essen-Katernberg aktiv, konnte Arakelian in seiner jungen Karriere schon viele Erfolge feiern. Neben der NRW-Jugendmeisterschaft und der Teilnahme an der deutschen Meisterschaft wurde er in den Jahren 2017 und 2018 zum Sportler des Jahres in Schwelm und Ennepetal gewählt. Das ist allerdings noch nicht alles.

Freude über junge Mitspieler

2017 schaffte er es sogar zur Jugend-EM in Rumänien. Von 183 Teilnehmern erreichte er den 26. Platz. Eine sehr schöne Erfahrung, wie er selbst findet. Sein Schach-Idol ist der Weltmeister Michail Tal, von dem er sich viel abguckt. Damit es nicht sein letztes großes internationales Turnier ist, trainiert er bei der SG EN-Süd in Schwelm weiter. Ihm gefällt dabei, wie der Verein stetig wächst. „Ich freue mich, dass hier im Verein jetzt auch so viele junge Spieler sind und sich für Schach interessieren“, so Arakelian.

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Einer der ganz jungen ist U8-Spieler Yves Valton, der schon im Kindergarten mit dem Schachspielen anfing. Seine Begeisterung für den Sport definiert sich schnell. Auf die Frage, was ihm am meisten Spaß daran mache, antwortet er, wie aus der Pistole geschossen: „Gewinnen!“ und sorgt für ein Lachen im Raum. „Wenn ich verliere, dann ist das halt so und ich gewinne beim nächsten Mal“, sagt er. Beim Einzelsport ist es vor allem für die jungen wichtig, konzentriert zu bleiben und sich nicht selbst fertig zu machen.

Durch den Krieg in der Ukraine in Schwelm gelandet

Illia Kudinov kam mit seiner Familie im März vergangenen Jahres aufgrund des Ukraine-Krieges nach Deutschland. Er fing aber bereits in der ersten Klasse mit dem Schach an. Seine Mutter versuchte mit ihm zunächst Fußball und wunderte sich, als er sie nach dem Denksport fragte, wo er sich doch so oft nicht konzentrieren könne. „Ich habe davor auch schon im Kindergarten gespielt, wo dann immer ein Schach­trainer zu uns kam“, meint Kudinov.

In Arakelians Klasse sind alle eher auf Ballsportarten fokussiert. Trotzdem hat er geschafft, seine Mitspieler für Schach zu begeistern. „Dadurch, dass ich im Schach auch Erfolge feiern darf, zeigen sie durchaus Interesse und ich bringe es ihnen bei. Manche haben den Verein besucht und sind jetzt in der Schach-AG“, freut er sich. Arakelian betont, dass Schach ein sehr komplexes Spiel ist und dass jeder, der es direkt komplett zu lernen versucht, scheitern wird. Mit der Zeit und Erfahrung komme das Können. „Es ist aber nie zu spät, mit dem Schach anzufangen. Außerdem ist unser Ziel ja nicht direkt das Niveau der Großmeister“, schmunzelt er.

Wichtig für ihn ist, dass sein Leben vom Schachsport profitiert. „Schach ist nicht nur als Spiel gut, weil es auch in der Schule weiterhelfen kann und einen auch im Leben weiterbringt, da man dann auch lernt, verschiedene Sachen miteinander zu kombinieren und ein, zwei Züge mehr zu sehen, als sie andere sehen würden“, weiß Arakelian. Er bringt dem jüngeren Kudinov, mit dem er sich auf ukrainisch verständigen kann, einiges bei und gibt ihm Tipps, wie er sich besser konzentrieren kann.

Schach hilft, Freunde zu finden

Kudinov gefällt das Schach sehr, vor allem wenn er nicht zu viel Druck von außen bekommt. Immerhin ist es für ihn ohnehin schon schwierig genug, sich in einem neuen Land zurecht zu finden. Neben den ukrainischen Kindern in seiner Schulklasse, hat ihm der Schachverein aber geholfen, Freunde zu finden.

Die SG EN-Süd trainiert jeweils einmal in der Woche mit den Jugendlichen und den Senioren, wo den Spielern auch Theorie und Taktik ans Herz gelegt wird, und trifft sich mit den Jüngeren noch ein weiteres Mal pro Woche, um einfach nur gegeneinander zu spielen. Als Wettbewerbe gelten die Bezirksmeisterschaften, bei denen alle drei bisher in ihren Altersklassen Erfolge einfahren konnten. Ansonsten gibt es Vereinsturniere oder offene Turniere für Jedermann. Das Training leiten Norbert Bruchmann und andere ausgebildete Trainer.

„Bei uns können alle zusammen spielen, wir schauen aber immer, dass sich Spieler zusammenfinden, die in etwa auf dem gleichen Niveau sind“, so Bruchmann. Allerdings ist es problemlos möglich, dass sich auch Jung mit Alt misst. „Das sieht man auch an den drei Jungs, dass sie einiges drauf haben und schon wunderbar kombinieren können“, meint er. So erhofft sich Bruchmann, dass in Zukunft noch weitere junge, aber auch ältere Interessenten mal vorbeischauen.