Gevelsberg. Disziplin, Respekt, Tradition, körperlicher und mentaler Kampf, vor allem gegen sich selbst. Dies lehrt Jurel Greinacher in seiner Kung-Fu-Schule

Viele denken, dass Kung-Fu nur eine tanzähnliche Show ist. Das ist es nicht. Es ist eine kulturell geprägte Kampfkunst, die körperliche und mentale Stärke erfordert. Es ist der Kampf gegen sich selbst. Jurel Greinacher will den Ruf des Kung-Fu wieder besser machen. Dazu hat er in Zukunft viele Möglichkeiten, denn er steht kurz vor seiner Ernennung zum Meister und wird die Kung-Fu-Schule „Hung Choy“ in Gevelsberg von seinem Vater und Großmeister Frank Greinacher übernehmen.

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Jurel Greinacher widmet der Sache sein Leben, die ihn von klein auf begeistert. „Wir machen traditionelles Kung-Fu, da geht es sehr viel um Werte, Disziplin und Respekt. Das ist das, was mich hier hält und wofür ich einstehe“, lässt er in sich blicken. Disziplin und Respekt. Das sind Dinge, die nach der Meinung von Jurel Greinacher heute in der Gesellschaft fehlen, bei allen Menschen. In der Kung-Fu-Schule kann er diese Werte verkörpern und sie seinen Schülern vermitteln.

Schritt in große Fußstapfen

Um seine Geschichte zu verstehen, muss zuerst die seines Vaters erzählt werden. Großmeister Frank Greinacher aus Gevelsberg fing vor einigen Jahrzehnten in den 70ern mit dem Kung-Fu an. Damals gab es fast keine Schulen in Deutschland. Er wollte jedoch sein Leben dem Kung-Fu widmen. Er finanzierte es sich, nach Singapur zu seinem Meister zu fliegen, um weiter zu lernen. Dort lernte er auch seine Frau und Jurels Mutter kennen, die die beiden heute in der Schule unterstützt. Diese eröffnete Greinacher 1997 und baute alles von da an auf.

Der heute 24-jährige Jurel Greinacher lief als Baby schon in den Räumlichkeiten herum und wuchs nicht nur in seine Kung-Fu-Kleidung, sondern auch in den Kampfsport hinein. Offiziell steht in seinem Ausweis, dass er mit drei Jahren anfing, allerdings schaute er schon ab dem ersten Lebensjahr zu.

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Mit drei begann er also zu trainieren und arbeitete sich durch die verschiedene Gürtel, die die jeweiligen Fähigkeitsgrade symbolisieren. Man beginnt als Weißgurt und muss für die verschiedenen Gurte bestimmte Formläufe durchlaufen. „Jede Kung-Fu-Schule macht das aber anders und jeder Stil ist anders. Es gibt über 1000 Stile“, erklärt Greinacher. Koordiniert wird alles schulintern. Sieben Gurte sind es insgesamt. Sei man richtig schnell, so meint er, brauche man sieben Jahre. Er hat sieben gebraucht. Schwarzgurt wurde er mit zehn.

„Man muss auch sagen, ich musste zum Training, ich hatte keine Wahl“, sagt er, denn sein Vater war der Leiter der Schule. Es gab auch Phasen, in denen Jurel Greinacher Fußballspielen wollte, da all seine Freunde es taten, er entschied sich für Kung-Fu. „Mein Vater wusste, dass ich viel mehr Potenzial darin habe“, so Greinacher.

Später kamen dann Kämpfe hinzu. Er war der jüngste, der im Vollkontakt antrat. Irgendwann ging er auch erfolgreich ins Kickboxen und sogar das Profiboxen über. Nebenbei blieb er jedoch immer dem Kung-Fu treu und trainierte weiter.

Jurel Greinacher in der Ecke des Boxrings seiner Kung-Fu-Schule „Hung Choy“.
Jurel Greinacher in der Ecke des Boxrings seiner Kung-Fu-Schule „Hung Choy“. © Jan Kumpmann

Nun steht Jurel Greinacher kurz vor seiner Meisterernennung. Diese findet am morgigen Samstag statt. Er weiß selbst nicht, was alles auf ihn zukommt, es ist eine Überraschung. In der Regel übergibt man einen Tee an seinen Meister, legt einen Schwur ab und im Anschluss führt man drei Formen vor. Der Schwarzgurt hat in der Gevelsberger Schule noch mal drei Stufen. Der höchste Titel, der im Kung-Fu erreicht werden kann, ist der des „Sifu“, den Großmeister. Mit diesem ist man in der Lage, eine Schule zu übernehmen. Genau das ist es, was Jurel Greinacher nun in der Zukunft erwartet.

Er entschied sich trotz allen Erwartungen persönlich für diese Verantwortung. Für eine Polizeiausbildung wurde er angenommen, er wählte jedoch die Schule. „Es ist bei mir Routine, ich habe mein Leben lang nichts anderes gemacht Ich bin als Kind aufgestanden, hab Fernsehen geguckt und bin zum Training“, sagt er. Er freut sich riesig auf seine Aufgabe. Inzwischen leitet er schon fast alle Kurse, kümmert sich um Dinge im Büro, bekommt dabei aber noch Hilfe von seinen Eltern.

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„Eigentlich mach ich alles wie vorher, nur dass ich jetzt mehr Verantwortung trage und der Sifu bin“, erklärt er. Alle Kinder, die in die schule kommen, müssen ihn dann so nennen. Der jetzige Sifu Frank Greinacher wird dann zum „Sigung“, denn jede Schule kann nur einen Sifu haben. Er übergibt das Vermächtnis.

Er kommt als Lehrer rein, alle müssen die Füßen aneinander stellen und ihn angemessen begrüßen. Kommt eine ältere Person in den Raum, steht man auf und gibt ihr den verdienten Gruß und Respekt. Seine Schüler setzen dies auch ihm Alter um. „Das sind so Momente, in denen ich mir denke, es ist echt cool, was ich hier mache“, sagt er.

Jurel Greinacher geht gekonnt mit einem mächtigen Schwert um.
Jurel Greinacher geht gekonnt mit einem mächtigen Schwert um. © jan Kumpmann

„Bis ich vierzehn war, dachte ich, es ist normal, Menschen mit beiden Händen die Hand zu geben. Ich dachte, dass alle anderen Leute sich einfach nicht benehmen können“, schmunzelt er. Die Regeln des Kung-Fu haben sein Leben geprägt.

Jurel selbst ist in der Schule aufgewachsen. Ihn haben nicht nur seine Eltern, sondern auch seine Kung Fu Trainer erzogen. „Ich habe es mit der Disziplin und dem Respekt immer ein bisschen übertrieben, im Gegensatz zu anderen Leuten“, meint er. Bei solch positiven Verhaltensweisen kann man jedoch eigentlich nicht übertreiben.