Gevelsberg/Lissabon. Wenn im CL-Halbfinale Leipzig auf Paris trifft, dann werden möglicherweise Klostermann und Neymar aufeinander treffen – wie bereits in Rio 2016.

Sofa statt Stadion – bei Familie Klostermann ist dies wie bei vielen weiteren Fußball-Fans derzeit der Alltag. Sohn Lukas hat für RB Leipzig die Saison in der Fußball-Bundesliga beendet – ohne Zuschauer. Er hatte Urlaub, ist wieder da und mit den Sachsen strebt er in der Champions League ein kleines Wunder an. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, unter Ausschluss seiner Familie.

Denn Schwester Lisa sowie die Eltern Ulrike und André lassen es sich nicht nehmen, so oft wie möglich dabei zu sein. Beispielsweise hatten sie für diese Zeit einen Urlaub in München geplant. Einschließlich dreier Spiele der Europameisterschaft, der EURO, die auf das kommende Jahr verschoben wurde.

Sie wären auch gern nach Portugal in die dortige Hauptstadt gereist, um das Halbfinale von Lukas Klostermann und RB Leipzig gegen die vermeintliche Übermannschaft von Paris St. German zu sehen. „Das wird eine ganz spannende Geschichte“, blickt André Klostermann auf den heutigen Dienstagabend, wenn um 21 Uhr die Partie angepfiffen wird.

Merkwürdiges Gefühl

Ein merkwürdiges Gefühl sei dies schon. „Im Stadion selbst ist das schon klasse. Alleine, wenn die Hymne gespielt wird. Das begeistert“, sagt Klostermann senior, der sich gern an das Achtelfinale erinnert, als Leipzig kurz vor dem Lockdown bei Tottenham Hotspur 1:0 gewann. „Da waren wir im Leipziger Block. Das hat eine besondere Note der tollen Stimmung gebracht.“

Auch interessant

Dann der Lockdown. Bundesliga und Champions League waren unterbrochen. Ungewiss war, ob dies Saison tatsächlich auch fortgesetzt werden darf. Schließlich die Hygienemaßnahme und der durchaus umstrittene Re-Start der Bundesliga. „Spiele ohne Zuschauer, die vielen Tests der Spieler – das geht gar nicht anders, um den Spielbetrieb irgendwie aufrecht erhalten zu können“, sagt André Klostermann. Schließlich das Finalturnier in Lissabon. Mittendrin Lukas Klostermann und RB Leipzig, die am Dienstagabend Sportgeschichte schreiben können.

Déjà-vu gegen Neymar

Es wird übrigens zu einem Déjà-vu kommen. Vor vier Jahren, zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio, hatten Familie und Freunde Lukas Klostermann und die U21-Mannschaft um Trainer Horst Hrubesch nach Südamerika begleitet. Begeisternder Fußball, die Finalteilnahme gegen den Gastgeber. Das war schon eine großartige Nummer. Dabei ein gut aufgelegter Lukas Klostermann, der zeitweise gegen den brasilianischer Superstar Neymar spielte, machte eine durchaus gute Figur, fiel dabei auch dem Bundestrainer Joachim Löw positiv auf. Die Endspiel-Niederlage verhinderte dies nicht.

Neymar und Brasilien jubelten, Lukas Klostermann und Deutschland ließen während der Siegerehrung die Köpfe hängen. Horst Hrubesch richtete die Jungs wieder auf, machten ihnen klar, dass sie mit Silber Großartiges erreicht haben. Das unterstrich Klostermann übrigens auch einige Tage später, als er zusammen mit Alexandra Popp, die mit der Frauen-Nationalmannschaft in Rio olympische Gold gewann, beim Empfang der Stadt Gevelsberg zu Gast war.

Am Dienstabend treffen Lukas Klostermann und Neymar aufeinander. Der technisch versierte und pfeilschnelle Weltstar gegen den Gevelsberger, der sich hinter den Fähigkeiten eines Neymar nicht verstecken muss. Im Gegenteil: Klostermann ist durchaus zuzutrauen, dass er die Kreise des Brasilianers einengen kann. Leipzigs Sportdirektor Markus Krösche sagt: „Jeder im Team freut sich auf das Halbfinale gegen Paris und die Jungs wissen, dass sie im Kollektiv eine Top-Performance abliefern und jeder Einzelne an seine Grenzen gehen muss.“ Das wird Klostermann mit Sicherheit tun.

Kein Tourismus-Programm

Der Fokus ist auch beim Vater schon voll auf das vielleicht größte Spiel der bisherigen Karriere seines Sohnes gerichtet. „Es ist schon eine beachtenswerte Aufgabe, die Jungs auf den Punkt zu motivieren, die Spannung auf den Höhepunkt zu bringen“, so André Klostermann, der selbst als Leichtathletik-Trainer ähnliche Erfahrungen sammelte.

Dass für Lukas Klostermann und RB Leipzig der Fokus auf das Halbfinale gegen Paris St Germain um den deutschen Trainer Tuchel geht, dafür sorgen auch die Umstände rund um die Corona-Pandemie. Denn Lissabon ist eine schöne Stadt, ist eine Reise, ist einen Urlaub wert. Doch Touristisches steht nicht auf dem Programm der Sachsen. „Da kann es sich keiner leisten, sich zu infizieren“, so André Klostermann. „Leipzig und die Bundesliga haben bisher exzellente Arbeit in Sachen Hygienemaßnahmen abgeliefert und diese Maßnahmen gelebt.“ Was übrigens auch für die Frauen-Bundesliga gelte, wo Lukas’ Schwester Lisa als Torfrau spielt.