Ennepetal/Gevelsberg/Schwelm. Der Taktiker, die Labertasche, das Lexikon – sie alle triffst du am Rande der Fußballplätze.

In wenigen Wochen startet die neue Fußballsaison im Südkreis. Ein guter Zeitpunkt, um über die Charaktere zu sprechen, die sich dann wieder rund um die Plätze versammeln werden. Wir liefern einen Überblick über die nervigen, amüsanten und manchmal auch liebenswerten Eigenschaften der Zuschauer.

1. Der Schreihals

Er hat einen Ruhepuls von 180 und ist schon nach fünf Minuten kaum noch zurückzuhalten: der Schreihals. Diesen Typ regt eigentlich alles am Spiel auf: Der neue Stürmer? Trifft kein Scheunentor! Die Gegenspieler? Treter, alle miteinander! Der Schiedsrichter? Ein Blindfisch! Der Trainer? Ein absoluter Nichtskönner! Obwohl dieser Typ über die gesamte Spieldauer rumbrüllt und mit hochrotem Kopf an der Seitenlinie tobt, kommt er jede Woche wieder vorbei. Denn hier am Platz fühlt er sich wohl. Hier kann er seinen Emotionen freien Lauf lassen. Trainer Alexander Thamm vom TuS Ennepetal kennt Fans wie diesen gut. Er gibt ihnen gegenüber stets zu bedenken: „Man sollte wissen, auf welchem Platz man sich bewegt. Berufsfußballer bekommen ein gewisses Schmerzensgeld, aber für uns ist es ein Hobby.“

2. Der Vulkan

Gewisse Ähnlichkeiten zum Schreihals weist der Vulkan auf, allerdings nur für wenige Sekunden. Den Großteil des Spiels verfolgt er ruhig, fast apathisch. Den Blick hat er stets auf das Spielgeschehen gerichtet. Eine Konversation wehrt er ab. Wenn er von seinem Nachbarn angesprochen wird, nickt er und murmelt etwas Zustimmendes, oder schüttelt den Kopf. Und dann, irgendwann rund um die 80. Minute, ist es soweit. Es kann die entscheidende Szene sein, in der die eigene Mannschaft den Siegtreffer erzielt, oder die Szene, in der der Stürmer den Ball am Tor vorbeischießt. Und plötzlich bricht der Vulkan aus. Lautstark brüllt er die Emotionen heraus, die sich das gesamte Spiel über in ihm angestaut haben. Da zucken die Nebenstehenden schon mal überrascht zusammen.

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3. Der Taktiker

Dieser Typ hat schon viele Fußballspiele gesehen, Bücher gelesen und selbst mal eine Jugendmannschaft trainiert. Deshalb weiß er soviel über das Spiel wie Pep Guardiola – mindestens! Wissend nickt er kurz nach dem Anstoß und wendet sich der Person neben ihm zu: „Die spielen heute mit Dreierkette. Da kommt viel Laufarbeit auf die Außenspieler zu.“ Der Nebenmann rollt mit den Augen. Im Laufe des Spiels folgen weitere Vorträge über den abkippenden Sechser und die Vor- und Nachteile einer falschen Neun. Nach dem Spiel erklärt er dann allen, die ihm noch zuhören, warum diesmal alles richtig/falsch für die eigene Mannschaft gelaufen ist.

4. Der Läufer

„Mensch, bleib doch mal hier“, mag schon so mancher dem Läufer zugerufen haben, doch er kann es einfach nicht. Das Spiel macht ihn nervös, er zittert innerlich und bangt so sehr mit seiner Mannschaft, dass er nicht einfach am Rand stehen bleiben kann. Und so dreht er Runde um Runde um den Platz und macht dabei mehr Meter als mancher Kreisliga-Spieler während der 90 Minuten. Erst nach dem Abpfiff gesellt er sich zu seinen Freunden und trinkt ein Bier mit ihnen. Dann endlich ist die Anspannung von ihm abgefallen.

5. Das Lexikon

Dieser Mensch weiß alles über Fußball und das von der Bundesliga bis zur Kreisklasse. Ihn können Sie alles fragen. Welchem Spieler droht ein Sperre? Das Lexikon weiß es. Kenne ich den Schiedsrichter nicht von irgendwoher? Ja, der hat uns im vorletzten Saisonspiel 2013 verpfiffen, weiß das Lexikon. Wann steht das Derby an? Letzter Sonntag im Oktober – den Spielplan hat das Lexikon selbstverständlich schon auswendig gelernt. Natürlich kennt diese Person auch die beste Taktik für das Spiel. Über links sollten sie es probieren, denn der etatmäßige rechte Verteidiger des Gegners ist dieses Wochenende im Urlaub, hat das Lexikon auf Facebook recherchiert.

6. Die Labertasche

Wird heute auch noch Fußball gespielt? Diesem Typ ist das ziemlich egal, denn er möchte sich lieber über andere Dinge mit den Menschen neben ihm austauschen. Seine Frau liegt ihm in den Ohren, dass sie sich endlich eine neue Couch kaufen sollten. Seit seiner Knie-OP hat er hier am rechten Bein eine lange Narbe. Außerdem will sein Sohn jetzt Kunst studieren. Kunst! Und so spielt das Geschehen auf dem Platz nur eine Nebenrolle für ihn, während er sich alles von der Seele redet, was ihn gerade bewegt. Einen Extremfall einer ganzen Gruppe von Labertaschen hat Uwe Molzahn, Co-Trainer der SpVg. Linderhausen, schon erlebt: „Einmal hat eine Gruppe am Rand geknobelt und zwischendurch gerufen: ‘Wie steht’s denn?’ Das hat mich auch überrascht.“

7. Der Pessimist

„Nee, heute gibt das nix!“ Das weiß der Pessimist schon vor dem Anpfiff. Er hat da ein ganz mieses Bauchgefühl, denn gegen diesen Gegner „haben wir immer schlecht ausgesehen“. Als sich die Gäste die erste Ecke herausspielen, winkt er schon resignierend ab. „Das kann ja heiter werden.“ Wenn die eigene Mannschaft in Führung geht, stimmt er nicht mit in den Jubel ein, denn das Ergebnis ist ihm noch nicht geheuer. Und sollte am Ende wirklich eine Niederlage stehen, hat er es ja die ganze Zeit gewusst. Bei einem Sieg hebt er hingegen warnend den Zeigefinger: „Die Saison ist noch lang!“

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8. Die Frischverliebte

Sie ist aufgeregt und das ist auch kein Wunder – Spitzenspiel in der Kreisliga A2 ist ja schließlich nicht jedes Wochenende. Dafür hat sich die neue Freundin des Linksaußen auch besonders schick gemacht und verfolgt in Designerklamotten das Spiel ihres Liebsten. Je nach Größe ihres Selbstbewusstseins nimmt sie dabei gleich direkt auf der Auswechselbank Platz. Bei jedem Zweikampf zittert sie mit und regt sich lautstark auf, wenn ihr Freund gefoult wird.

9. Der Besserwisser

Sein Lieblingsspruch ist: „Den hätte ich gemacht.“ Klare Sache, der Besserwisser weiß in jeder Situation, wie die Spieler die Szene besser hätten lösen können. „Da muss er abspielen“, betont er nach vergebenen Großchancen gerne. „Außen war er doch frei, aber er sieht ihn einfach nicht“, ärgert er sich immer wieder. Auch für den Linienrichter hat er einen passenden Ratschlag parat: „Das war kein Abseits.“ Nur beim Elfmeterpfiff wählt er manchmal auch den Mittelweg: „Kann man geben – muss man nicht.“ Solche Menschen kennt Christian Hagemann, der Sportliche Leiter von RW Rüggeberg, zur Genüge: „Viele haben im Leben noch nie Fußball gespielt, aber wissen alles besser als der Trainer.“

10. Der Erfolgsfan

„Ach, auch mal wieder hier“, schallt es ihm entgegen, wenn der Erfolgfan sich auf der Platzanlage blicken lässt. Aber sicher ist er wieder hier, schließlich ist seine Mannschaft nach einer unerwarteten Siegesserie nun doch wieder in die Nähe der Aufstiegsränge gerückt. Da habe er natürlich immer dran geglaubt. Zuletzt habe er aber sehr viel um die Ohren gehabt, lässt er auf Nachfrage wissen. Daher schaffe er es nicht mehr so häufig am Sonntag zum Platz. Außerdem habe er da diese Knieverletzung und wolle deshalb keine langen Touren mit dem Fahrrad machen. Die 300 Meter Anreise von seinem Haus zum Sportplatz wären zu Fuß sicher zu viel des Guten gewesen.