Finnentrop/Ennepetal. Kleiner, weniger finanzstark und trotzdem erfolgreich: Zwischen all den großen Namen der Oberliga müssen sich die zwei Dorfvereine beweisen.
3870 Zuschauende verfolgten in der vergangenen Woche ein Fußballspiel in der fünftklassigen Oberliga Westfalen. Die wenigsten davon waren wegen der Gastmannschaft SG Finnentrop/Bamenohl in das Leimbachstadion der Sportfreunde Siegen gekommen. Also hatten auch nur die wenigsten nach dem Spiel am vergangenen Freitag gute Laune, denn die Sauerländer Gäste siegten überraschend gegen den Traditionsverein, der ganz andere Ziele verfolgt. „Solche Duelle wird es bald wohl eher nicht mehr geben“, glaubt Thomas Riedel vom TuS Ennepetal. Als Sportlicher Leiter der Ennepetaler, die inzwischen ihre 13. Saison am Stück in dieser Liga spielen, kennt er sich aus in der Liga – und zeichnet mit Blick in die Zukunft ein düsteres Szenario.
Siegen, Wattenscheid, Ahlen, Lippstadt, Erkenschwick. Alles Vereine, die eine Geschichte im bezahlten Fußball haben, teilweise sogar schon in der ersten Bundesliga gespielt haben. Inzwischen heißen die Gegner aber nicht mehr Bayern München oder Borussia Dortmund. Die Realität heißt Ennepetal, Finnentrop, Vreden, Clarholz. Vergleichbar sind die Strukturen dieser Vereine, obwohl sie alle in der Oberliga spielen, nicht wirklich. „Die Infrastruktur ist bei diesen Vereinen natürlich eine andere, mit Stadien und Trainingsplätzen, die sie oft noch retten konnten aus den großen Zeiten“, weiß Jonas Ermes, Trainer der Finnentroper.
Mehr Kreativität bei der Kaderplanung notwendig
Der kleine Platz seines Vereins am Bamenohler Schloss ist aber ebenfalls oft gut besucht, die Identifikation der Leute vor Ort mit dem Verein hoch. „Wir sind da immer gerne. Aber im Sauerland gibt es ja auch fast nichts anderes neben dem Fußball“, sagt Thomas Riedel. Er meint das nicht abschätzig, vielmehr will er damit die wenigen Unterschiede zwischen seinem TuS Ennepetal und den Finnentropern verdeutlichen. „Eigentlich sind wir uns nämlich ziemlich ähnlich“, weiß Riedel.
„Die Konkurrenz ist aber groß, wir konkurrieren da oft mit Vereinen, die ganz andere Summen zahlen als wir.“
Immer viel los
Die SG Finnentrop/Bamenohl spielt aktuell ihre vierte Saison in der Oberliga, Ennepetal ist seit der Saison 2012/13 ständiges Mitglied in Westfalens Oberhaus.
Sechs Mal trafen beide Teams bisher in der Oberliga aufeinander. Viermal gewann Finnentrop, ein Mal Ennepetal und ein Spiel endete unentschieden.
In diesen sechs Spielen fielen sage und schreibe 30 Tore.
Die vergangenen drei Duelle gewannen die Sauerländer, der aktuell letzte Ennepetaler Sieg datiert vom 13. November 2022.
Anstoß auf dem Sportplatz Bamenohl ist am Sonntag um 15.30 Uhr.
Das geht beispielsweise bei der Kaderzusammenstellung los. Während andere Vereine beinahe Jahr für Jahr große Teile ihres Teams austauschen, setzen sowohl Finnentrop als auch Ennepetal auf Kontinuität. „Ennepetal ist sich immer treu geblieben. Sie haben eine eigene Identität entwickelt und halten daran fest. Das gilt ja auch für Vereine wie Rheine, Vreden oder Clarholz“, sagt Jonas Ermes. „Dort werden keine verrückten Dinge gemacht, nur um oben mitzuspielen, sondern sie ziehen ihr Konzept durch. Und das finde ich bemerkenswert und es ist auch ein Vorbild für unsere Arbeit.“
„Bei uns bekommen sie die Spielzeit, die sie in größeren Vereinen nicht bekommen würden.“
Klubs müssen anders arbeiten als die großen Vereine
Zugänge gibt es oft nur aus Spielklassen unterhalb der Oberliga oder aus den Jugendabteilungen anderer Vereine. „Die Konkurrenz ist aber groß, wir konkurrieren da oft mit Vereinen, die ganz andere Summen zahlen als wir“, sagt Thomas Riedel. Immer wieder findet sein TuS Ennepetal junge Talente, beispielsweise in den Nachwuchsteams vom TSC Eintracht Dortmund, und lotst die ins Bremenstadion. Mit der Oberliga lässt es sich da gut werben, was auch Riedels Pendant in Finnentrop weiß. „Wir geben jedem eine Chance, der höherklassig Fußball spielen möchte. Da sollten wir im Sauerland der erste Ansprechpartner für junge Spieler sein, denn bei uns bekommen sie die Spielzeit, die sie in größeren Vereinen nicht bekommen würden“, sagt Jan Hüttemann.
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Mit dem großen Geld können Vereine wie Finnentrop und Ennepetal nicht locken. „Das Geld hätte ich gerne“, sagt Thomas Riedel. Er schätzt den Etat der großen Klubs auf das Vielfache von dem, was ihm zur Verfügung steht, um eine schlagkräftige Mannschaft auf den Platz zu bringen. „Aber wir sind ein Dorfverein, so wie Finnentrop auch“, sagt Thomas Riedel. Genau dieses Prädikat ist zum Alleinstellungsmerkmal der kleineren Vereine in der Oberliga geworden, mit dem bei manchem Spieler auch gepunktet werden kann. „Es kann auch sehr cool sein für einen Verein wie die SG zu spielen, mit einer kleinen Fanbase, aber einem super Zusammenhalt im Verein“, sagt Jan Hüttemann.
Riedel zeichnet ein düsteres Szenario
Sein Trainer weiß es jedenfalls zu schätzen, nicht bei einem der genannten Traditionsvereine zu arbeiten, wo es schneller unruhig wird. „Wir können in Ruhe arbeiten. Niemand wird hier nervös, wenn wir mal zwei Spiele verlieren oder jemand ein schlechtes Spiel macht“, sagt Jonas Ermes. Das zeigte sich in der Vergangenheit immer wieder.
In Zukunft aber, und das bringt Thomas Riedel wiederholt zum Ausdruck, wird es die kleinen Dorfvereine nicht mehr in der Oberliga geben. „Wir laufen auf amerikanische Verhältnisse zu“, sagt Ennepetals Sportlicher Leiter. Heißt im Klartext: nur noch wenige Profiligen und kein Amateurbetrieb mehr. Doch bis es zu dieser dystopischen Welt kommt, werden Finnentrop und Ennepetal sich weiter wie die Gallier gegen die großen Klubs mit viel Historie wehren.
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