Balve. Keine eigene Security, kein Medaillendruck: Matthias Alexander Rath feierte sein Comeback bei der DM in Balve – und denkt dabei auch an Totilas.
Irgendwann, als Matthias Alexander Rath mit seinem Pferdetransporter auf dem Weg nach Balve ist, kommt er ins Grübeln. Denn die deutschen Meisterschaften im Schatten von Schloss Wocklum – für Rath ist dieser Termin stets speziell gewesen. Zuletzt wurden er und vor allem sein Pferd Totilas selbst im Sauerland von der Öffentlichkeit abgeschirmt, weil der Hype um den „Wunderhengst“ es gar nicht anders zuließ. Warum Rath erst nach neun Jahren sein DM-Comeback feiert und in welcher ungewohnten Rolle er den Dressur-Krimi 2021 zwischen Jessica von Bredow-Werndl und Isabell Werth in Balve erlebt.
Nicht nur mit Totilas im Fokus
„Der Unterschied ist schon gravierend“, sagt der 36-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung und meint damit nicht nur die positiven Veränderungen am Turniergelände, sondern vor allem den Unterschied zwischen seinen Auftritten mit Totilas und seiner Teilnahme an der deutschen Meisterschaft in diesem Jahr. „Bisher bin ich jedes Jahr hierher gefahren und es ging darum, welche Medaille wir holen“, erklärt er. 2008 sattelte er Sterntaler, das Erfolgspferd seiner Stiefmutter Ann Kathrin Linsenhoff, und galt als ein heißer Kandidat für die Olympischen Spiele in Peking.
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Ende 2010 wurde Rath der neue Reiter des zuvor von Edward Gal gerittenen Totilas. Und damit geriet er ins Zentrum eines sowohl von den Eigentümern als auch von den Medien entfachten Hypes um den lackschwarzen Hengst. Der Kaufpreis soll nach Medienberichten gut zehn Millionen Euro betragen haben, was dem höchsten jemals gezahlten Preis für ein Dressurpferd entsprechen würde. Bei der DM in Balve 2011 erhielt Totilas einen eigenen Stalltrakt, vor dem sogar ein Sicherheitsdienst positioniert wurde.
Damon Hill entthront Totilas
In dem Jahr gewannen Rath und Totilas wie erwartet die Titel in Balve, doch bereits bei ihrem letzten Start im Sauerland 2012 wurden sie von Helen Langehanenberg und Damon Hill entthront. „Anschließend haben wir aus verschiedensten Gründen jedes Jahr verzichtet, ehe Totilas 2015 aus dem Sport genommen wurde“, erzählt Rath zurückblickend. Im vergangenen Dezember verstarb der Hengst.
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In diesem Jahr feiert der 36-jährige Dressurreiter nach neunjähriger Abstinenz sein Comeback bei den deutschen Meisterschaften. Doch anstatt wie früher um die Titel zu wetteifern, geht es für Rath lediglich darum, seinen 13-jährigen Hengst Foundation noch weiter an das Top-Grand-Prix-Niveau heranzuführen. „Ich bin gut zufrieden“, sagt er nach dem Auftakt mit Platz 14 und 72.920 Prozent im Grand Prix, „das ist ungefähr das Level, das das Pferd gehen kann.“
Im Special (12./74.529 Prozent) und in der Kür (11./78.825 Prozent) steigert sich das Paar sogar noch ein wenig. „Wenn man auf junge Pferde setzt, dauert es einfach. Es ist schön, dass ich mit ihm wieder einen habe, mit dem ich wieder hier bin“, sagt Rath. Doch auf Dauer möchte er nicht nur die ungewohnte Zuschauerrolle einnehmen, wenn die Titel vergeben werden. „Destacado ist mein Pferd für die Zukunft“, erklärt er. Mit dem Achtjährigen gewann er zum Beispiel im vergangenen Jahr das Finale des Nürnberger Burgpokals. „Wenn er so weit ist, geht es nicht mehr nur ums Mitreiten, sondern darum, wieder ein bisschen mehr anzugreifen.“
Bis er wieder in die Sphären eindringt, in denen Jessica von Bredow-Werndl oder Isabell Werth aktuell sind, dürfte aber noch einige Zeit vergehen. „Isabell, Jessica oder Dorothee Schneider sind momentan in Deutschland das Nonplusultra, das ist einfach so“, sagt Matthias Alexander Rath und genießt ein wenig, dass er sein Comeback bei der deutschen Meisterschaft ganz entspannt angehen kann – neun Jahre nach dem Totilas-Trubel.