Bielefeld/Olsberg. Jeden Tag arbeitet Philipp Ratz (23) hart für seinen Traum, Profi-Fußballer zu werden. Der Assinghauser über das Erlebnis bei Arminia Bielefeld.

Wenn er künftig seinen Fitnessraum daheim im Dorf Assinghausen bei Olsberg betritt, um Gewichte zu stemmen und zu schwitzen, wird Philipp Ratz noch genauer wissen, wofür er das alles eigentlich tut. Denn der 23-Jährige, der für Westfalenligist SVW Soest spielt, verfolgt einen klaren Traum: „Ich will in den bezahlten Fußball kommen und so hoch wie möglich spielen.“

Bald soll Ratz dabei auch ein Blick an eben diese Wand im Fitnessraum helfen. Denn hier will der Sauerländer seine besondere Trophäe aus dem Westfalenpokal-Duell mit Drittligist Arminia Bielefeld platzieren – das Trikot des dreifachen Torschützen André Becker. „Gewaschen ist es schon“, verriet Ratz und lachte, „jetzt fehlt nur noch ein passender Bilderrahmen.“

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Arminias Angreifer Becker hatte sich beim 3:1-Erfolg des Drittligisten gegen Westfalenligist SVW Soest am Mittwochabend, 9. Oktober, unter anderem mehrere Duelle mit Soests Innenverteidiger Ratz geliefert. Der Assinghauser ist zweifelsohne selbst alles andere als ein Hänfling. Ratz ist durchtrainiert, ein Kraftpakekt, zudem 1,91 Meter groß. Doch der gar 1,97 m große André Becker, einer seiner Gegenspieler im Duell mit der Arminia, flößte auch Philipp Ratz Respekt ein: „Der hat eine wahnsinnige körperliche Präsenz und ist noch mal stabiler als ich.“

Deutliche Unterschiede zu den gewohnten Gegenspielern in der Westfalenliga 1 wurden Ratz und Co. in diesem besonderen Pokal-Duell klar vor Augen geführt. „Spieler wie André Becker sind einfach total abgezockt und clever. Egal, wie der Ball kam: Er hat diese Zuspiele alle angesogen. Man hatte fast keine Chance, den zu verteidigen. Er ist eine absolute Waffe vor dem Tor. Aber klar ist auch: Die trainieren wahrscheinlich zwei Mal am Tag. Das ist eine andere Welt“, sagte Ratz.

Westfalenpokal: Spiel in Bielefeld bringt Ratz „komplette Gänsehaut“

Becker lieferte eine starke Vorstellung ab, erzielte alle drei Bielefelder Treffer und sorgte fast im Alleingang dafür, dass der Drittligist in das Viertelfinale gegen Westfalenligist Westfalia Herne einzog. Auch wenn seine Mitspieler und er in einigen Szenen unterlegen gewesen waren, würdigte Philipp Ratz nachher den treffsicheren Stürmer und dessen Umgangsformen.

Denn: Becker hatte Ratz schon im Spiel gelobt und ihm dann auch sein Trikot zum Tausch versprochen. „Er hat nachher vor unserer Kabine extra auf mich gewartet. Das fand‘ ich überragend“, so der Assinghauser.

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Bundesliga des Sauerlandes

Insgesamt sei der ganze Tag ein Erlebnis gewesen. Eine Polizei-Eskorte brachte den Soester Mannschaftsbus zur Schüco-Arena, die Spieler kamen direkt an ihrer Kabine an und betraten ehrfürchtig schon früh vor dem Spiel erstmals den Rasen. „Es fing schon im Spielertunnel an zu kribbeln“, erzählte Ratz und ergänzte: „Auf so einem top-gepflegten Rasen hab‘ ich noch nie gespielt. Dazu dieses tolle große Stadion – wir haben gestaunt und eine komplette Gänsehaut gehabt.“

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Im Spiel waren die Soester zunächst auch nervös gewesen, hatten schnell 0:2 zurückgelegen und unter anderem durch Innenverteidiger Philipp Ratz weitere Gegentore verhindert. Nach dem 1:2-Anschluss war sogar kurzzeitig mehr drin, doch am Ende gewann der Favorit mit 3:1. „Es war schon verrückt, wie laut es war“, erzählte Ratz, „wir kannten das nicht, dass man sich bei knapp 3000 Zuschauern eben so anbrüllen muss, um sich überhaupt gegenseitig verstehen zu können.“

Nach dem ersten Frust überwog auch beim Sauerländer die Freude über das Erlebnis. Familie und Freunde weilten im Stadion. Der Innenverteidiger schoss Fotos mit Teilen der etwa 400 mitgereisten Soester Fans und sog die spezielle Atmosphäre auf. „Ich konnte es von der ersten bis zur letzten Minute genießen. Nur mein Trikot konnte ich leider keinem Fan schenken, das hätte nur Theater gegeben“, sagte er und lachte.

Olsberg: So hart schuftet Philipp Ratz für den Traum vom Profi

Womöglich einmal in die Rolle eines Profis zu kommen, der nach jedem Spiel Trikot oder Stutzen verschenken kann – das ist Philipp Ratz‘ großes Ziel. Der Assinghauser träumt davon, „mindestens in die Regionalliga zu kommen oder in die 3. Liga“.

Grundsätzlich vereinbare er daher auch nur Ein-Jahres-Verträge, wie auch jetzt in Soest. „Ich bin hier Führungsspieler und will vorangehen. So ein Erlebnis wie am Mittwochabend würde ich gern immer haben, und ich glaube, dass ich jeden Tag genießen würde“, betonte Ratz.

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Entsprechend hart schuftet der 23-Jährige jeden Tag für dieses Ziel. Neben dem Mannschaftstraining, das dienstags, donnerstags und freitags stattfindet sowie den Spielen an den Sonntagen, arbeitet Ratz noch drei Mal pro Woche je zwei Stunden zu Hause an seiner Fitness und Physis. „Klar fragen mich Leute, warum ich die 45, 50 Minuten Anfahrt zum Training nach Soest auf mich nehme, zudem die langen Fahrten zu den Liga-Spielen. Aber ich will eben so hoch wie möglich spielen“, erklärte er.

Mit seiner persönlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren sei er insgesamt „sehr zufrieden“. Und da auch andere Spieler schon spät noch zum Profi-Fußballer wurden, verfolgt er weiterhin seinen Traum. Aus dem Hochsauerländer Dorf Assinghausen in den bezahlten Fußball – unrealistisch erscheint dieser Weg für Philipp Ratz nicht.

Voller Einsatz: In dieser Szene der Pokal-Partie auf der „Alm“ grätscht Innenverteidiger Philipp Ratz (rechts) gegen Bielefelds Offensivakteur Sam Schreck (links).
Voller Einsatz: In dieser Szene der Pokal-Partie auf der „Alm“ grätscht Innenverteidiger Philipp Ratz (rechts) gegen Bielefelds Offensivakteur Sam Schreck (links). © WP | Thomas F. Starke

Das ist Philipp Ratz

Fußballer Philipp Ratz stammt aus Olsberg-Assinghausen, wo er nach wie vor lebt. Der 23-Jährige ist ausgebildeter Physikalisch-technischer Assistent und arbeitet seit einigen Jahren als Postbote.

In seiner sportlichen Laufbahn spielte Ratz bislang in der Jugend für den FC Assinghausen/Wiemeringhausen/Wulmeringhausen, den TSV Bigge-Olsberg, SC Neheim, SV Lippstadt 08 und SVW Soest, um dann als Senior erneut über den SC Neheim wieder beim SVW Soest zu landen. Der Innenverteidiger hat noch einen Vertrag bis Ende Juni 2025.

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