HSK: „Pferde nur noch im Zoo“, warnt Reit-Chefin – Appell
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Sauerland. Alles jubelt über Olympia-Gold. Martina von Weichs ist Vorsitzende von Pferdesport im Sauerland - und Tierschutzbeauftragte. Sie warnt.
Es sind nicht nur die bunten, die ausgelassenen Jubelbilder von den Olympischen Sommerspielen aus Paris, welche die Herzen der Reitsport-Fans aktuell in einem deutlich erhöhten Takt schlagen lassen. Wer zum Beispiel die nun vierfache Dressur-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl liebevoll über ihre Stute Dalera sprechen hört, der kann sich gar nicht vorstellen, dass die Beziehung zwischen Reitern und Pferden auch alles andere als partnerschaftlich oder gar freundschaftlich sein kann. „Ich bin nicht naiv“, sagte Martina von Weichs, 1. Vorsitzende des Kreisreiterverbandes Pferdesport im Sauerland – warnte aber davor, dass Pferde irgendwann nur noch im Zoo zu sehen sein könnten.
Der Skandal Dujardin
Die sozusagen Chefin der organisierten Reiter im Hochsauerlandkreis ist gleichzeitig Tierschutzbeauftragte ihres Verbandes. Und sie ist mit Leib und Seele den Pferden verbunden. Die schwarzen Wolken, die vor den Olympischen Sommerspielen in Paris auf Grund des Skandals um die britische Top-Dressurreiterin Charlotte Dujardin über der Reiterei aufzogen, dämpften auch von Weichs‘ Vorfreude. Zur Erinnerung: Von der Olympiasiegerin und Weltmeisterin war ein über zwei Jahre altes Video publik geworden, wie sie ein Pferd während des Trainings schlug. Daraufhin zog Dujardin ihre Meldung für die Wettbewerbe in Paris erst selbst zurück, bevor der Weltreiterverband FEI sie bis auf weiteres sperrte.
„Ich war mehr als entsetzt, als ich dieses Video gesehen habe“, sagte Martina von Weichs und forderte eine harte Strafe. „Sie muss von weiteren Championaten ausgeschlossen werden“, erklärte sie in Richtung der Britin. Denn das Wohl der Vierbeiner liegt von Weichs mehr als vieles andere am Herzen. Die Debatte über und der Blick auf Trainingsmethoden werden in Deutschland aktuell jedoch von den beeindruckenden Erfolgen der „goldenen Reiter“ um Michael Jung, Jessica von Bredow-Werndl und Christian Kukuk überlagert.
„Wenn ein Pferd pausenlos falsch trainiert wird, wird es seinen Reiter über kein einziges Hindernis bringen.“
„Aber wir müssen uns alle selbst kontrollieren und reflektieren. Und wenn jemandem irgendwo etwas auffällt, muss sofort – und nicht erst nach zwei Jahren – gesagt werden: So geht es nicht“, forderte von Weichs im Gespräch mit dieser Zeitung, das zwischen den olympischen Wettbewerben geführt wurde.
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In der Vielseitigkeit, in der Dressur und im Springreiten trat in Paris jetzt trotz kritischer Experten-Stimmen speziell zu einigen Dressur-Vorstellungen ein, was sich die Reit-Chef des HSK wünschte: Reiter strapazierten ihre Pferde nicht über, gaben im zu schweren Parcours sogar auf – und demonstrierten damit ein Lebensgefühl der Partnerschaft zwischen Mensch und Tier, das auch von Weichs früh in Besitz nahm.
„Man hat gesehen, dass Leistungssport auch anders geht. Ich bin Feuer und Flamme für diese wunderbare Sportart und denke an die vielen Kinder, die mit Begeisterung versuchen, mit ihren Ponys Leistungen zu erbringen“, sagte von Weichs. Eins sei von Kindesbeinen an wichtig zu lernen: „Die Prüfungen, die absolviert werden, müssen immer dem Niveau der Pferde angepasst sein.“
Anonyme Anzeigen
Als Tierschutzbeauftragte des Kreisverbandes Pferdesport im Sauerland erhält Martina von Weichs ab und an anonyme Anzeigen, in denen Verstöße gegen den Tierschutz oder das Tierwohl angeprangert werden. „In den meisten Fällen ist das fragwürdig“, erklärte sie. Oft steckten andere Interessen dahinter. Sie arbeite im Zweifel eng mit dem zuständigen Amtstierarzt zusammen.
Natürlich werde es immer wieder schwarze Schafe geben, die fern der (regionalen) Turniere, bei denen unter anderem auf den Abreiteplätzen spezielle Richter die Vorbereitung der Pferde überwachen, zu grenzwertigen Trainingsmethoden greifen. „Aber wenn ein Pferd pausenlos falsch trainiert oder vorgestellt wird, wird es seinen Reiter über kein einziges Hindernis bringen oder so schöne Bewegungen zeigen, wie sie in der Dressur zu bewundern sind“, sagte von Weichs.
Ein Appell
„Wir alle müssen aufpassen, dass Pferde irgendwann nicht mehr auf der Wiese stehen, sondern nur noch im Zoo zu sehen sind, und wir keine glücklichen Kinder mehr haben, die sie hegen und pflegen und so den achtungsvollen Umgang mit der Natur erlernen“, appellierte sie – an alle.
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