Winterberg. Die Zeichen stehen auf Angriff: Jacqueline Lölling will beim Weltcup in Winterberg einen Teil der Olympia-Norm schaffen. Was sie positiv stimmt.
Der Blick auf ihre bisherigen Ergebnisse ist gemessen an den Ansprüchen wenig erfreulich – und sogar bedrohlich. Doch vor dem Weltcup in Winterberg an diesem Freitag zaubert bereits die Vorstellung eines anderen Blickes ein Lächeln auf Jacqueline Löllings Lippen. „Ich lasse mich mal überraschen, wie viele blaue Mützen da sind“, erzählt die 26-Jährige und meint damit die Kopfbedeckung, mit der ihre Fans unter anderem aus ihrem Heimatort Brachbach überall leicht zu erkennen sind. Es werden wie üblich viele sein – und sie sollen mit dafür sorgen, dass „Jacka“ in Winterberg der ersehnte Befreiungsschlag gelingt.
Lölling: Endlich wieder Fans
„Ich freue mich, endlich wieder Familie und Freunde an der Bahn zu sehen“, sagt Jacqueline Lölling über einen besonderen Heim-Weltcup im Hochsauerland. Zum ersten Mal seit etwa eineinhalb Jahren fahren die Skeleton-Stars ebenso wie ihre Bob-Kollegen wieder vor Zuschauern. Während bei den ersten Weltcups dieser Saison in Innsbruck und Altenberg noch „Geisterrennen“ anstanden, dürfen in Winterberg pro Tag 1500 Fans an die Bahn. „Endlich herrscht wieder Stimmung am Start“, sagt auch Chef-Bundestrainer Christian Baude. „Die Euphorie ist groß, aber ich habe auch etwas Angst davor.“
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Die Erklärung für seine Angst liegt auf der Hand. Um das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, möglichst gering zu halten, leben Lölling und Co. in einer so genannten Sportlerblase. Heißt: Sie bleiben unter sich, minimieren Kontakte. „Alle wissen, was auf dem Spiel steht“, erklärt Christian Baude. Sollte sich jemand mit dem Virus infizieren, droht durch Quarantäne und so weiter der Traum vom Start bei den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar 2022) zu platzen.
Cheftrainer Baude behält die Ruhe
„Abklatschen und umarmen wird deshalb leider nicht möglich sein“, sagt auch Jacqueline Lölling über ihr weinendes Auge, mit dem sie auf die Zuschauer-Rückkehr in Winterberg schaut. Doch alles in allem soll ihr die Unterstützung beim Angriff auf die interne Olympia-Norm helfen. Bislang schaffte die Brachbacherin mit den Plätzen elf, 21 und neun nicht mal eine Teilerfüllung, „aber es bleiben ja noch fünf Weltcups“, sagt sie. Zweimal Top Drei oder dreimal Top Acht – das müssen Baudes Sportler schaffen, um sicher das Ticket nach Peking zu erhalten.
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Löllings Problem liegt wie in der Vergangenheit, aber in dieser Saison noch offensichtlicher am Start, an dem sie der Konkurrenz gefühlt hinterherhinkt. Immerhin: „Meine Fahrleistungen konnte ich in Altenberg definitiv steigern“, erzählt sie. Und Cheftrainer Baude bleibt trotz des Startrückstandes gelassen. „Die athletischen Grundvoraussetzungen sind nicht so schlecht, wie die Startzeiten es erscheinen lassen“, sagt er und spricht von Änderungen an der Start-Technik. „Wenn ich etwas erzwingen möchte, geht es nach hinten los. Gerade bei Jacqueline gilt: Sie soll einfach losrennen und dann wird es besser werden.“
Lölling will diese Lockerheit umsetzen und spürt auch keinen größer werdenden Druck. „Ich bin im Moment in der Position, dass nicht so viel von mir erwartet wird wie sonst“, sagt sie und will damit verdeutlichen, dass trotz ihrer zurückliegenden Erfolge gerade in Winterberg dieses Mal die Messlatte nicht allzu hoch hängt. „Es geht eher darum, in Form zu kommen, in den Flow wie wir sagen, und den Schlitten laufen zu lassen.“
Gelingt ihr dies in der Veltins-EisArena, werden ihre Läufe trotz der größer und dichter gewordenen Konkurrenz automatisch Angriffsfahrten in Richtung Podium – bejubelt von blaubemützten Fans.