Aachen/Sundern. Mit Alemannia Aachen steigt Fußballer Julian Schwermann aus Sundern in die 3. Liga auf – und spielt ein weiteres Jahr am Tivoli.
Diese kurze Auszeit, diese Flucht aus dem positiven Wahnsinn, gönnt sich Julian Schwermann. „Ich bin tatsächlich gerade im Sauerland“, sagt der Fußballer beim Telefonat am Dienstagnachmittag, 30. April. Doch auch im beschaulichen Sundern-Brenschede dreht sich für den 24-Jährigen vieles um seinen bereits jetzt legendären Aufstieg mit Alemannia Aachen in die 3. Liga. Hinter Schwermann liegen unzählige Party-Stunden, ein verlorenes Heimspiel, nach dessen Schlusspfiff der Rasen im Tivoli-Stadion von den Fans geflutet wurde – und eine in Kraft getretene Vertragsklausel.
Aachen: Europapokal folgt Absturz
„Was sich in Aachen seit Freitagabend abgespielt hat, war brutal emotional und ist eigentlich kaum mit Worten zu beschreiben“, erzählt Julian Schwermann, der im Sommer 2022 vom Drittligisten SC Verl zum einstigen Bundesligisten und Europapokal-Teilnehmer in die Kaiserstadt wechselte. Seit neun Jahren dümpelte die Alemannia damals in der Regionalliga vor sich hin, erlebte schwerste finanzielle Krisen und ihr Kult-Stadion, den Tivoli, mehr als Last denn als Lust.
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Seit Freitagabend spielt die Vergangenheit aber kaum mehr eine Rolle. Seitdem der Wuppertaler SV sein Auswärtsspiel bei Fortuna Köln mit 1:2 verlor, Meisterschaft und Aufstieg der Alemannia nicht mehr zu nehmen sind, wird Aachen von einer Euphoriewelle nach der anderen überrollt. „Wir haben das Spiel mit der Mannschaft zusammen im Tivoli geschaut. Erst kamen die Fans zum Stadion, wenig später war die ganze Stadt schwarz-gelb“, erzählt Schwermann.
Schwermann: Saison ein Auf und Ab
Zum Gassenhauer wurde das Fan-Lied „Aus meinem Traum bin ich heut‘ aufgewacht“, welches Spieler, Verantwortliche und Fans mit jedem Mal inbrünstiger sangen. Aus dem Albtraum des freien Falls – der ehemalige Bundesligist hatte in der Saison 2004/2005 als Pokalfinalist noch am UEFA-Pokal teilgenommen und war dann bis in die Regionalliga abgestürzt – entwickelte sich der Aufstiegstraum, der am Freitag zur Realität wurde.
Und Julian Schwermann trug einen gehörigen Teil dazu bei. „Meine Saison war ein Auf und Ab“, sagte Aachens Nummer 17. Erst als Heiner Backhaus im September das Traineramt bei der Alemannia übernahm, mauserte sich Schwermann wieder zum Stammspieler im Mittelfeld. „Eine Gelb-Rot-Sperre und eine Rote Karte haben mich im Verlauf der Saison auch Einsatzzeit gekostet“, sagt der Sauerländer.
Aachen: Zuschauerrekord
Im Heimspiel gegen den 1. FC Bocholt, das am Samstag nur wenige Stunden nach der Nacht der Nächte angepfiffen wurde, wechselte der Coach ihn zur Halbzeit ein. „Wir hatten während der Party Freitagnacht durchaus im Hinterkopf, dass wir am Samstag noch ein Spiel zu bestreiten haben“, sagt Schwermann, „aber es war natürlich schwierig.“ Heiner Backhaus kommentierte die 1:2-Niederlage bei der anschließenden Pressekonferenz so: „Ich glaube, hätten wir gestern nicht schon ab 21 Uhr gesoffen, hätten wir die Partie auch gewonnen.“
Die Niederlage vor der Regionalliga-Rekordkulisse von 31.034 Zuschauern tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Ab der 85. Minute wollten Fans auf den Rasen – mit Schlusspfiff gab es kein Halten mehr. Dass Schwermann und Co. ihrem Trainer während der Pressekonferenz noch Bierduschen verpassten, war eine Selbstverständlichkeit.
Aachen: Das Double ein Ziel
Allerdings blickt der Sauerländer mittlerweile wieder nach vorne. „Wir haben noch drei Meisterschaftsspiele, in denen wir nichts verschenken wollen“, sagt er. Zudem trifft die Alemannia im Endspiel des Mittelrheinpokals auf den Oberligisten Bonner SC. „Das Double zu holen und mit Alemannia nächste Saison im DFB-Pokal zu spielen, wäre natürlich eine Riesensache“, sagt Schwermann.
Sauerland in Aachen
Julian Schwermann ist 24 Jahre alt und stammt aus Sundern-Brenschede. Der heimatverbundene Sauerländer startete seine Laufbahn beim SV Endorf, wechselte dann zum TuS Sundern und von dort aus im Sommer 2011 in die Jugendabteilung von Borussia Dortmund. Über den Drittligisten SC Verl ging es für ihn zu Alemannia Aachen. Interessant: Auch Aachens Trainer Heiner Backhaus hat familiäre Kontakte ins Sauerland. Bob-Anschieberin Katharina Wick aus Sundern-Allendorf ist Backhaus‘ Cousine.
Dass er mit Aachen in der 3. Liga spielen wird, steht auf Grund des Aufstiegs fest. Durch eine entsprechende Klausel im Vertrag verlängerte sich dieser automatisch. „Ich habe mit Verl ja über 50 Mal in der 3. Liga gespielt“, erzählt Julian Schwermann, „und ich freue mich riesig darauf, demnächst mit Aachen dort zu spielen.“