Winterberg. Lisa Buckwitz und Vanessa Mark gewannen bei der WM Gold im Zweierbob. So viel sportlichen Anteil hat Winterberg an Marks Karriere.
Stephan Pieper und Michael Wenzl standen im Halbdunklen etwas seitlich der großen Bühne auf dem Winterberger Marktplatz. Das hell leuchtende Rampenlicht dieses Samstagabends gönnten die beiden Mitverantwortlichen in der Organisation der Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaften in Winterberg gerne den Athletinnen. Lisa Buckwitz und Vanessa Mark wurden von den Fans auf dem proppenvollen Marktplatz für ihren Titelgewinn im Zweierbob der Frauen bejubelt, Laura Nolte und Deborah Levi freuten sich nach einem Hunderstelsekunden-Krimi im Eiskanal der Veltins-EisArena über Silber. Bronze versöhnte Kim Kalicki und Leonie Fiebig mit den Titelkämpfen. Und irgendwann, als die Funken der Pyrotechnik zum Finale auf der Bühne sprühten, klatschten sich Pieper und Wenzl ab und lächelten zufrieden ob der fantastischen Stimmung im Hochsauerland – das sogar sportlich einen gehörigen Anteil am Gold-Triumph des Duos Buckwitz/Mark besitzt.
Winterberg: Karrierestart für Mark
Auf den ersten Blick ging die Goldmedaille, die sich die Pilotin des BRC Thüringen und die Anschieberin von Eintracht Frankfurt mit nur fünf Hundertstelsekunden Vorsprung nach vier Läufen vor Nolte/Levi (BSC Winterberg/SC Potsdam) sowie den Titelverteidigerinnen Kalicki/Fiebig (TuS Eintracht Wiesbaden/BSC Winterberg; +0.28 Sekunden) sicherten, in die Ferne. Auf den zweiten Blick dürfen sich der hiesige Stützpunkt und der BSC Winterberg das Gold aber mit ans Revers heften. Schließlich machte Mark, die am Tag der WM-Entscheidung ihren 28. Geburtstag feierte, ihre ersten Schritte in die Sportart in Winterberg.
- WM in Winterberg: Lisa Buckwitz jubelt nach Eiskanal-Krimi
- WM in Winterberg: „Es geht um unser Leben“, warnt Fiebig
- Nolte/Levi: Das emotionale Comeback des Gold-Bobs vor der WM
Einer, der sich noch gut an eine manchmal nicht einfach Zeit mit der gebürtigen Dortmunderin, die vor dem Wechsel in den Bob als Leichtathletin für Teutonia Lanstrop an den Start ging, erinnerte, ist Chef-Bundestrainer René Spies. „Ich kenne Vanessa seit über zehn Jahren“, erzählte der Winterberger. „Wir haben schon eine besondere Beziehung und es ist echt krass, dass sie jetzt Weltmeisterin geworden ist“, ergänzte er.
Spies lobt Marks Entwicklung
Damals betreute Spies, der erst im April 2016 zum Chef-Bundestrainer befördert wurde, eine Athletikgruppe am Stützpunkt in Winterberg, zu der auch Vanessa Mark gehörte. „Sie war am Anfang etwas chaotisch und es war mit der Disziplin nicht weit her. Ich habe sie auch mal nach Hause geschickt, weil sie nicht pünktlich war“, verriet Spies. „Aber sie hat sich als Athletin unheimlich entwickelt. Und sie hat sich als Mensch extrem entwickelt. Ich freue mich außerordentlich für sie“, lobte der Cheftrainer eine seiner Top-Anschieberinnen.
Diese konnte ihren Erfolg kaum fassen, hüpfte jubelnd aus dem Bob, hüpfte durch die Zielarena und auf dem Siegerpodest bei der Party auf dem Marktplatz. Während die 29-jährige Buckwitz 2018 als Anschieberin von Mariama Jamanka bereits Olympia-Gold holte und 2022 ihre Umschulung zur Pilotin für die Olympischen Winterspiele in China unterbrach, ist das WM-Gold Marks erster Titel.
Buckwitz überrascht Mark mehrfach
Ihr Tag habe mit einer „Überraschung und ganz vielen Lügen“ begonnen, verriet sie lachend. „Alle Teamkollegen sind aus dem Haus raus und ich habe mich gewundert. Dann meinte Lisa, wir müssten noch eine Tonaufnahme machen. Wir gehen rüber und da standen dann alle“, erzählte Mark, die vor etwa fünf Jahren vom BSC Winterberg zu Eintracht Frankfurt wechselte und mittlerweile auch in der Mainmetropole lebt. „Jetzt hat sie mich mit dem Weltmeistertitel nochmal überrascht, besser hätte der Tag nicht laufen können“, ergänzte sie.
Der Wechsel zu Trainer Tim Restle sei ein einschneidender Schritt in ihrer Karriere gewesen, erzählte Mark, die 2021 mit Pilotin Mariama Jamanka bei der WM in Altenberg auf Rang sechs fuhr. Danach allerdings folgten zwei Seuchenjahre mit einer langwierigen Fußverletzung „und tatsächlich Gicht, weshalb ich im Sommer nicht trainieren konnte“. In die aktuelle Saison jedoch ging die Anschieberin, die beim Land Hessen als Verwaltungsfachangestellte arbeitet, verletzungsfrei.
Das zweite Jahr im Bobteam von Lisa Buckwitz, für die der WM-Titel der bislang größte Erfolg als Pilotin ist, wurde zum erfolgreichsten der Karriere. „Es war nicht klar, dass ich die WM fahre. Und dass ich am Ende mit dem WM-Titel nach Hause fahre, ist mega-schön. Ich habe Lisa sehr viel zu verdanken“, sagte Vanessa Mark. Ausschlaggebend für den minimalen Vorsprung dürfte „eine geschickte Kufenwahl“ gewesen sein, wie Cheftrainer Spies analysierte.
Spies und der tolle Moment
„Das ist schon sehr geil, wenn man sieht, wie viele Zuschauer hier sind. Das ist ein toller Moment“, sagte Spies während der Siegerehrung seiner Pilotinnen im Herzen seiner Heimatstadt. Stephan Pieper, Geschäftsführer der Veltins-EisArena, und Michael Wenzl, Organisationsleiter Veranstaltungen beim BSC Winterberg, hörten das gerne – und lächelten weiter.