Willingen. Bei widrigen Bedingungen siegte Andreas Wellinger beim Kult-Weltcup der Skispringer in Willingen. Er gab damit eine klare Antwort.
Sein breites Grinsen, das den Bayern noch sympathischer erscheinen lässt, schien Andreas Wellinger in Willingen verloren zu haben, als er am frühen Samstagabend die Mühlenkopfschanze verließ. „Das sollten wir am Sonntag dringend besser machen“, sagte der 28-Jährige, den beim Kult-Weltcup am Rande des Sauerlandes nicht nur die für ein Skispringen unwirklich wirkenden äußeren Bedingungen mit Dauerregen und böigem Wind fast noch aus den Top Ten des ersten Einzelspringens befördert hätten, mahnend – und stapfte frustriert vondannen. Um etwa 24 Stunden später nicht nur wieder breit zu grinsen, sondern sogar euphorisch zu jubeln.
Wellinger behält die Nerven
Zwar sorgten auch am Sonntag im zweiten Einzelspringen Dauerregen und jede Menge Wind für sehr komplizierte Wettkampfverhältnisse. Doch der Zweitplatzierte der zurückliegenden Vierschanzentournee behielt vor seinem zweiten Sprung die Nerven. Während das Wasser sichtbar die Anlaufspur hinunter lief und der Wind die Ampel zweimal auf Rot springen ließ, blieb Wellinger fokussiert. Er rutschte vom Balken, rutschte wieder hinauf. Einmal wiederholte sich dies – ehe Bundestrainer Stefan Horngacher seinen Top-Springer losschickte.
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Am Samstag beim Sieg des Norwegers Johann Andre Forfang mit unter anderem neuen Schanzenrekord von 155,5 Metern fiel Wellinger von Rang sieben auf Rang 17 zurück. Am Sonntag flog Wellinger. Und flog. Und streckte nach seiner Landung auf 149 Meter beide Zeigefinger jubelnd in die Höhe. Sechs Springer später stand es fest: Wellinger durfte sieben Jahre nach seinem ersten Weltcupsieg in Willingen den zweiten auf der Mühlenkopfschanze feiern.
Wellinger vor Kobayashi
Der Silbermedaillen-Gewinner der Skiflug-Weltmeisterschaft verwies Tournee-Sieger Ryoyu Kobayashi aus Japan auf Rang zwei. Dritter wurde der Schweizer Gregor Deschwanden. Der nach dem ersten Durchgang überraschend führende Pole Aleksander Zniszczol fiel noch auf den achten Rang zurück.
„Ich wusste, dass bei diesen Bedingungen und bei diesen knappen Abständen alles möglich ist, wenn du zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Sprung erwischst“, sagte Wellinger über seine Gedanken vor der Entscheidung. „Dass es bis zum Sieg reichen würde, damit habe ich allerdings nicht gerechnet“, ergänzte er. Doch seine Konkurrenten scheiterten nach und nach an der von ihm gezogenen grünen Linie. Gregor Deschwanden sorgte mit 152 Metern zwar für einen weiteren der ungewöhnlich vielen Sprünge über die 150-Meter-Marke, doch auf Grund der Bedigungen und der Noten überholte auch er Wellinger nicht mehr.
Forfang springt Samstag Schanzenrekord
Der weiteste Sprung des Kult-Weltcups gelang mit 155,5 Metern am Samstag dem Sieger Johann Andre Forfang. Er stellte damit einen neuen Schanzenrekord auf, nachdem er den alten mit 153,5 Metern bereits am Freitag in der Qualifikation eingestellt hatte. „Ich habe viel ausprobiert in den vergangenen Jahren, die für mich sehr hart waren“, sagte der 28-Jährige, der bereits vor sechs Jahren in Willingen siegte und vor fünf Jahren zuletzt auf einem Weltcuppodest stand. „Deshalb bin ich absolut happy“, ergänzte er.
Sein Landsmann Kristoffer Eriksen Sundal, der hinter dem Japaner Ryoyu Kobayashi den dritten Platz belegte und im zweiten Durchgang auf 150 Meter geflogen war, sagte: „Es fühlte sich sehr lang an. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sich Johann gefühlt haben muss, als er 155,5 Meter gesprungen ist.“
Leyhe zweitbester Deutscher
Andreas Wellinger wollte seinen „Absturz“ im ersten Einzelspringen des Wochenendes auf gar keinen Fall in den widrigen Bedingungen begründet sehen. „Es war nicht gefährlich“, sagte er über Wind und Regen. „Ob es fair war? Na ja, wir hatten schwierige Bedingungen. Wir sind eine Outdoor-Sportart, hatten die ganze Zeit Regen, leider viel Wind – aber bei mir war es qualitativ vom Skispringen nicht gut“, erklärte er.
Zweitbester Deutscher wurde an beiden Tagen Lokalmatador Stephan Leyhe vom SC Willingen, der die Plätze 15 und elf belegte. Bei den Frauen sorgte Katharina Schmid am Samstag mit Platz drei für das beste deutsche Resultat. Sonntag kam sie auf Rang sechs. Die Siege gingen an die Österreicherin Jacqueline Seifriedsberger und die Norwegerin Silje Opseth.
Wellinger sorgt für Happy End
Für das schwarz-rot-goldene Happy End sorgte schließlich Wellinger. „Ich muss ordentlich springen, das ist das, was ich beeinflussen kann. Das ist mir am Samstag nicht gelungen, deshalb war ich genervt“, sagte er und ergänzte mit Blick auf die 23.500 Zuschauer am Samstag und die 12.120 am Sonntag: „Die Kulisse ist wirklich ein Traum, danke an jeden, der bei dem Scheißwetter noch bis zum Ende hier war.“ Er tat dies – mit dem zurückgekehrten breiten Grinsen.
Das 50. Podest für Schmid
Skisprung-Weltmeisterin Katharina Schmid überzeugte in Willingen mit zwei Top-Platzierungen. Nach Rang drei am Samstag bewies die Vorjahressiegerin 24 Stunden später als Sechste im Dauerregen erneut aufsteigende Form. Ihren ersten Saisonsieg holte am Sonntag die Norwegerin Silje Opseth mit einem Traumflug auf 150,0 Meter. „Ich bin mehr als zufrieden. Ich glaube, das war mein bestes Wochenende im Weltcup, so darf es gerne weitergehen“, sagte Schmid. Die 27-Jährige war am Samstag beim Sieg der Österreicherin Jacqueline Seifriedsberger mit einer starken Aufholjagd vom neunten auf den dritten Rang gestürmt. Es war die 50. Podestplatzierung ihrer Karriere.