Olsberg-Elpe. Hoch über festem Boden fühlen sich Gleitschirmflieger wohl. Das Hobby unweit des Ruhrtalradwegs in Olsberg erfordert Mut – und gibt viel zurück.
Es gibt sie – nach wie vor. Diese Momente, in denen sich auch die erfahrene Gleitschirm-Pilotin Britta Müller (53) kurzzeitig sammeln muss. Sie gehe dann ins Zwiegespräch – mit sich selbst, erzählt die Standortleiterin der Papillon-Flugschule Sauerland und lacht.
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Wenn die begeisterte Fliegerin, die Drachen und Gleitschirme steuert, seit sie 16 Jahre alt ist, hoch oben über der Heimat im „Land der 1000 Berge“ durch die Luft schwebt, helfen ihr auch „mentale Tricks. Man kann sich so gut selbst beruhigen, wenn zum Beispiel die Thermik mal schwierig wird. Man erklärt sich dann, dass alles gut ist“. In Olsberg-Elpe betreibt die Winterbergerin die Flugschule, die ihr Vater, Flugsport-Pionier Elmar Müller, einst aufbaute – und wirbt für die Schönheit einer atemberaubenden Sportart, die wir in der dritten Folge der Serie „Tour de Ruhr“ vorstellen.
Gleitschirmfliegen im Sauerland: Aller Anfang ist schwer
Der Anfang jedoch – ist mühselig. Wer mit einem Gleitschirm fliegen möchte, muss marschieren. Viel marschieren. Das ist am idyllisch gelegenen Spot am Rande von Elpe nicht anders. Auch in der Flugschule Papillon (das französische Wort für Schmetterling) laufen Anfänger mit ihren Schirmen und der Ausrüstung die Übungshänge hinab – und im Anschluss an ein kurzes Abheben mit Sack und Pack wieder hinauf. Erst wer später die A-Lizenz absolviert, wird hinaufchauffiert. „Eine gewisse Fitness ist schon notwendig, das Hinauflaufen und Tragen unterschätzen viele Anfänger in unserem Sport“, sagt Britta Müller. „Es ist eine Basisarbeit. Aber ich finde, all das sind ja Bewegungsgeschenke“, sagt sie schmunzelnd.
Bewegung ist der umtriebigen Sauerländerin nicht fremd. Ganz im Gegenteil. Müller klettert, fährt Mountainbike und ist seit fast vier Jahrzehnten nun schon im Gleitschirmfliegen aktiv. Zu ihrem Sportgerät, das heutzutage nur noch etwa zehn Kilogramm wiegt und in einem großen Rucksack verstaut wird, hat sie ein inniges Verhältnis. „Erst trägst Du ihn, dann trägt er dich“, erklärt Britta Müller eines der zentralen Mottos der Sportart Paragliding. Es sei nicht leicht, die Faszination des Fliegens mit einem Gleitschirm zu erklären, ohne es selbst zu erleben, sagt sie. „Du vergisst dort oben in der Luft alles. Es ist eine ganz andere Welt. Du musst mit dem ganzen Körper arbeiten, daher kann es mitunter schon auch stressig sein, aber ich entfliehe dem Alltag und schalte ab. Für mich ist es eine Sucht.“
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Gleitschirmfliegen ist grundsätzlich ganzjährig möglich, die Hauptsaison dauert von April bis Oktober, unter anderem, da hier aufgrund der stärkeren Thermik längere Flüge möglich sind. Es ist eine unheimlich wetterabhängige Sportart – da verfügt man als Trainerin über die eine oder andere Wetter-App auf dem Handy, oder, Frau Müller? „Ich habe massenhaft Apps, die sich mit dem Wetter auseinandersetzen. Wir schauen ja auch auf die Thermik, auf den Wind, den Regen – das artet schon etwas aus“, erklärt sie. Das perfekte Wetter zum Gleitschirmfliegen? Es komme auf den Zusammenhang an, sagt Müller. „Bei Schulungen wünschen wir uns keinen starken Wind und wenig Thermik. Wenn ich aber meine 100 Kilometer fliegen möchte, dann brauche ich das“, betont sie.
Standortleiterin Müller will Frauen begeistern
Die Flugschule in Elpe fungiert unter dem Dach der Papillon-Flugschule, der größten Europas. Ihr Hauptsitz befindet sich auf der Wasserkuppe in der Rhön in Hessen, doch es gibt weitere Standorte im Chiemgau oder in Südtirol. Im Hochsauerland gebe es einen Standortvorteil, sagt Britta Müller, unter anderem aufgrund der räumlichen Nähe zum Münsterland oder dem Ruhrgebiet.
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Entscheidend für das Gelingen eines Fluges sei in ihrer Sportart nicht ungemeine Kraft, brachialer Willen oder eine große Portion Mut – auch wenn all diese Aspekte sicher nicht schadeten. „Entscheidend sind die Technik und das Gefühl“, sagt Britta Müller: „Es ist eine Gefühlssportart. Der Schirm kommuniziert über die Leinen mit uns. Das hat wenig mit Kraft und viel mit Gespür zu tun, wie sich so ein Flug entwickelt.“
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Ihre jahrzehntelange Passion für das Gleitschirmfliegen, das in der Regel Personen zwischen 45 und maximal 115 Kilogramm Körpergewicht ausüben sollten, verbindet die Winterbergerin mit einer Mission. Britta Müller wirbt seit Jahren für mehr Frauen im Paragliding. „Die Sportart ist noch sehr männerdominiert. Meine Erfahrung zeigt, dass Frauen oft vorsichtiger sind und mehr Angst haben. Sie lernen den Sport daher langsamer, sind dann aber viel sicherer. Wenn man beispielsweise mit sieben Metern pro Sekunde nach oben schnellt, dann kann das am Anfang durchaus auch für Ängste sorgen“, erzählt sie.
Meist sind diese Sorgen allerdings unbegründet, denn die Technik und damit auch die Sicherheit haben sich im Gleitschirmfliegen in den vergangenen Jahrzehnten immer weiterentwickelt. Die Rettungssysteme sind hochmodern, zudem herrscht eine Helmpflicht. Und wenn dann nur noch der Kopf „querschießt“ und ein Rest Sorge besteht, helfen die kleinen mentalen Tricks. Notfalls im Zwiegespräch mit sich selbst.