Eslohe/Arnsberg. Beide Vereine waren von der Flutkatastrophe betroffen. Doch die vergangenen Monaten verliefen arg unterschiedlich in Wenholthausen und Müschede.
Die Sonne scheint, es herrschen angenehme 23 Grad Celsius. Das hilft natürlich. Doch wer dieser Tage die Sportanlage des TSV RW Wenholthausen erreicht, dürfte unabhängig von den Witterungsbedingungen vor allem eines sein: beeindruckt. Denn alles hier wirkt frisch, neu, blitzsauber – und vor allem der hochmoderne Kunstrasenplatz ist ein Blickfang. Äußerlich erinnert nichts mehr an die schlimmen Folgen der Flutkatastrophe exakt vor einem Jahr, nach der der TSV RW Wenholthausen den Sportplatz als Totalschaden melden musste. Heftig betroffen war auch der TuS Müschede, auch auf seiner Sportanlage wüteten die Wassermassen – nicht überall ist die Lage ein Jahr nach Unwetter, Starkregen, Schutt und Schlamm derart gut wie in Wenholthausen.
TSV RW Wenholthausen
Ausnahmezustand. Anders lassen sich die Tage rund um den 15. Juli 2021 rund um die Sportanlage des TSV RW Wenholthausen kaum beschreiben. Thomas Nagel war damals mittendrin. Als er jetzt, genau ein Jahr später, den sonnendurchfluteten und vor allem nigelnagelneuen Fußballplatz seines Vereins betritt, muss er grinsen. „Wenn ich all das hier sehe, was wir alle zusammen geschafft haben, dann bin ich sehr stolz“, sagt der 34-Jährige. Nagel wohnt in Wenholthausen, er ist hier, im Norden der Gemeinde Eslohe, aufgewachsen.
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Als Mitte Juli des vergangenen Jahres das Wasser kommt, ist für ihn – wie für das gesamte Dorf – klar, dass man etwas tun muss. Nagel und Mitstreiter stellen sich den Wassermassen entgegen – und werden von den hereingebrochenen Fluten unter anderem aus dem nahen Fluss Wenne eingeschnürt. Strömungsretter der DLRG-Ortsgruppe Meschede retten die Gruppe mit einem Boot von der Sportanlage. Als das Wasser wieder abgezogen ist, wird das Ausmaß der Verwüstung deutlich: Auf etwa 450.000 Euro beläuft sich der Schaden, auch die nahe Sporthalle des TSV RW Wenholthausen ist betroffen. Der Kunstrasenplatz ist ein Totalschaden, Tore schwimmen davon, der Kunstrasenplatz wird unterhöhlt und wellt sich überall. „Man hat dann natürlich Momente, die schwer sind und in denen man zweifelt“, gibt Thomas Nagel zu. Doch die Unterstützung ist groß: „Es waren aber 80, 100 Leute hier, um zu helfen. Das war überragend.“
Das Land NRW leistet finanzielle Soforthilfen, die auch an Bedingungen geknüpft sind. So wird aus dem vormaligen Kunstrasenplatz mit Granulat ein neues Spielfeld mit Kork, einer nachhaltigen und modernen Lösung. „Wir haben jetzt eine topmoderne Anlage“, sagt Nagel. Die Gesamtkosten für den Neu- und Wiederaufbau für Sportplatz und Sporthalle beziffert er auf etwa 550.000 Euro. Erstmals wird das neue Geläuf auch zu 100 Prozent versichert gegen Schäden aufgrund von höherer Gewalt. Denn: berechtigte Restzweifel bleiben. „Vor allem, wenn es mal viel regnet, denkt man sofort an all das zurück“, sagt Thomas Nagel.
Ein großes Ziel hat der TSV RW Wenholthausen erreicht: Pünktlich in der Vorbereitung auf die Saison 2022/2023 ist der neue Kunstrasenplatz fertiggestellt. Auch Sporthalle und Sportheim werden schon fleißig genutzt, so steigt die Vorfreude auf die neue eingleisige Fußball-Kreisliga A, in der der Klub als Spielgemeinschaft Reiste/Wenholthausen aktiv sein wird, umso mehr. „Der ganze Aufwand hat sich absolut gelohnt“, sagt Thomas Nagel.
TuS Müschede
Im Zuge der Hochwasser-Katastrophe wird auch der Sportplatz des TuS Müschede im Juli 2021 weitgehend zerstört. Damals wird eine Schneise in die Röhr gezogen, damit das viele Wasser abfließen kann. Zurück bleiben jedoch insbesondere Schlamm und Geröll.
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Anders als in Wenholthausen hat sich in Arnsberg-Müschede wenig getan. „Das Ergebnis ist ernüchternd“, sagt TuS-Pressesprecher Timm Schäfer. Denn der Wiederaufbau des Kunstrasenplatzes kann erst beginnen, wenn das Areal als geschützt vor einem 100-jährlichen Hochwasser gilt. „Vorher gibt es für den Neuaufbau des Platzes keine Fördermittel“, sagt bei einer Begehung Dieter Hammerschmidt, Hochwasser- und Gewässerexperte im Fachbereich Umwelt bei der Stadt Arnsberg. Er rechnet im optimalsten Fall damit, dass im nächsten Jahr im Juli und August mit der Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahme begonnen werden könne. Die Sportplatzplanung könne zwar schon parallel aufgenommen werden, vorab müssten aber noch Genehmigungen eingeholt werden. Schwer absehbar ist die Verfügbarkeit von Unternehmen zur Umsetzung. „Die Nachfrage ist ja gerade sehr hoch“, weiß Hammerschmidt.
Einem Katastrophengebiet wie an den Tagen rund um den 15. Juli des vergangenen Jahres gleicht die Anlage zwar längst nicht mehr, gleichwohl herrscht beim TuS Müschede verständliche Ernüchterung. Alles müsse von Grund auf neugebaut werden, so Timm Schäfer. Alle Baumaßnahmen hingen jedoch von der Stadt Arnsberg ab. Gutachten, Kostenberechnungen, Debatten in verschiedenen Ausschüssen – all das dauert. Frühestens im kommenden Jahr kann wohl der Neubau starten.