St. Moritz/Winterberg. Hannah Neise (Winterberg) behielt beim Weltcupfinale in St. Moritz die Nerven und schaffte die Olympia-Quali. Jacqueline Lölling muss zittern.
Als Hannah Neise aus dem Eiskanal ging, zuckte die Skeleton-Pilotin des BSC Winterberg traurig mit den Schultern. Der zweite Lauf beim Weltcupfinale in St. Moritz war ihr nicht sonderlich gelungen. Sie schien die Norm für ein Ticket zu den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar) im letzten Moment doch zu verpassen. Wenig später kehrte das Lachen zurück – bei Neise. Jacqueline Lölling hingegen scheiterte an der Norm und muss um Olympia zittern. So geht es für sie weiter.
++++ Lesen Sie auch: Winterberg: Platz zwei! Jacqueline Lölling ist wieder da ++++
Beim überraschenden Sieg der Australierin Jaclyn Narracott belegte Neise als beste Deutsche den achten Platz (+1.42 Sekunden). Nach Rang vier in Altenberg und Platz sieben ebenfalls in Altenberg erfüllte die Schmallenbergerin damit die vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) geforderte Olympia-Norm – zweimal Top Drei oder dreimal Top Acht – auf den Punkt. Und das, obwohl die 21-Jährige auch in St. Moritz noch unter den Folgen einer Erkältung litt, welche sie beim Heim-Weltcup in Winterberg noch mehr beeinträchtigt hatte.
Neise: Der Druck fällt ab
„Bei mir fällt gerade sehr viel Last ab“, sagte Neise anschließend: „Ich habe versucht, nicht den Druck im Kampf um die Olympia-Norm in den Vordergrund zu stellen, sondern die Bahn und das Wetter zu genießen.“ Während sich Tina Hermann (+1.59 Sekunden) zwar über ihren zehnten Platz ärgerte, der aber mit Blick auf Olympia nicht mehr von Bedeutung war, muss die Brachbacherin Jacqueline Lölling nach Rang 12 (+1.93 Sekunden) um ihr Ticket nach Peking bangen.
Lölling enttäuscht und traurig
Der Pilotin des RSG Hochsauerland gelangen nur mit den Plätzen zwei und vier in Winterberg Teilnorm-Erfüllungen. „Es ist schwierig, jetzt dafür Worte zu finden“, sagte Lölling enttäuscht in St. Moritz. „Es ist sehr bitter. Es haben zu viele Sachen gefehlt, um vorne mitzufahren. Ich bin nicht in den Flow gekommen und hätte es nach dem Training besser erwartet“, ergänzte sie.
Sowohl Neise als auch Lölling haderten kurz mit dem Startnummern-Pech, da sie relativ früh im ersten Lauf starten mussten und die Bahn in St. Moritz traditionell bei höheren Startnummern bessere Platzierungen erlaubt. Für Lölling waren die Top Acht als 15. nach dem ersten Lauf deshalb schnell weit entfernt. „Am Ende waren es Kleinigkeiten, die zusammen gekommen sind“, sagte Lölling aber selbstkritisch: „Im ersten Lauf war auch mein Start zu langsam.“
So reagiert der Verband
Wie es nun für sie weitergeht? Der BSD wird wie berichtet eine so genannte Härtefallregelung beim Deutschen Olympischen Sportbund beantragen, damit Lölling doch mit nach Peking fahren darf. Immerhin wurde sie unter anderem 2017 Weltmeisterin, 2018 Olympia-Zweite, gewann insgesamt dreimal den Gesamtweltcup und holte bei der WM 2021 die Silbermedaille. „Aber jetzt entscheiden andere“, kommentierte die Brachbacherin ihre Lage traurig.
++++ Lesen Sie auch: Winterberg: Diesen Notfallplan gibt es für Lölling und Neise ++++
Chef-Bundestrainer Christian Baude bestätigte den Notfallplan erneut. „Wir werden einen Sonderantrag stellen, auf Grund ihrer Erfolge bei Olympia, dem zweiten Platz bei der WM im vergangenen Jahr und des Testrennens im Herbst in Peking, wo die Mädels die Plätze eins, zwei und vier belegt haben. Wir hoffen, dass wir Jacka mitnehmen dürfen“, erklärte Baude. Für Neise freute er sich besonders. „Auch wenn wir es insgesamt nicht geschafft haben, Speed zu kreieren, hat Hannah hat die Nerven behalten.“
Neise verpasst EM-Medaille knapp
Das Weltcupfinale wurde parallel als Europameisterschaft gewertet. Europameisterin und Weltcup-Gesamtsiegerin wurde die Niederländerin Kimberley Bos, die auf Platz zwei fuhr. Hannah Neise verpasste in der EM-Wertung hinter Janine Flock (Österreich) und Valentina Margaglio (Italien) als Vierte knapp eine Medaille – aber das war dieses Mal nebensächlich.