Winterberg. Nur zwei Rennen bleiben Jacqueline Lölling und Hannah Neise (Winterberg) noch, um die Olympia-Norm zu erfüllen. Es gibt aber einen Notfallplan.
Bei diesem Termin Rede und Antwort zu stehen, ist normalerweise eine Selbstverständlichkeit für Jacqueline Lölling oder für Hannah Neise. Bevor die Skeleton-Pilotinnen im Rahmen ihres Heim-Weltcups in der Veltins-EisArena in Winterberg den Eiskanal hinab rasen, werden sie als so genannte „local heroes“ bei der offiziellen Pressekonferenz zu verschiedensten Themen befragt. Normalerweise. Doch normal – ist aktuell nichts, weder für Lölling noch für Neise.
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„Es ist ganz gut, dass sie nicht hier sind“, erzählte Christian Baude deshalb während der Pressekonferenz ohne Lölling und Neise. Der Chef-Bundestrainer des deutschen Skeleton-Teams ergänzte: „Der Druck ist für beide natürlich sehr groß. Es sind nur noch zwei Rennen und bei der großen Konkurrenz im Damenfeld muss alles funktionieren.“
Winterberg als vorletzte Chance
Zwei Rennen, in Winterberg und in St. Moritz, haben Lölling, die erfahrene Athletin der RSG Hochsauerland, und Neise, das Talent vom BSC Winterberg, noch Zeit, um ihre Fahrkarte zu den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar) zu lösen – nur noch zwei Rennen. Denn „Jacka“, wie die Weltmeisterin von 2017 und Olympia-Zweite von 2018 meistens genannt wird, muss in diesen beiden Rennen jeweils unter die Top Acht fahren, um die vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) vorgegebene Norm zu erfüllen. Einen Ausrutscher – darf sie sich nicht mehr leisten. Hannah Neise geht es ein wenig besser, da sie in diesem Winter bereits zwei Top-Acht-Platzierungen erreichte und mit nur einer weiteren die Reise nach China planen kann.
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Dass diese Dramatik in Löllings und Neises Kampf um den Olympiastartplatz kommt, überraschte im Saisonverlauf alle Experten. Das Manko ist eindeutig: Während die Konkurrenz am Start den Turbo zündet, tuckern die deutschen Damen ins Rennen, etwas überspitzt formuliert. Besonders bei Lölling ist die Umstellung der Starttechnik dafür verantwortlich. „Sie versteht, was sie falsch macht, aber sie kann die Korrekturen noch nicht umsetzen“, sagte Christian Baude.
Die Skeleton-Startzeiten an diesem Freitag
Um 10 Uhr startet der Skeleton-Weltcup an diesem Freitag mit dem ersten Lauf der Männer. Mit am Start: Alexander Gassner vom BSC Winterberg. Das Olympia-Ticket sicherte sich Gassner bereits beim ersten Weltcup in Winterberg im Dezember. Der zweite Lauf der Männer beginnt um 11.45 Uhr. Die Frauen starten um 14.30 Uhr. Lauf zwei ist für 16 Uhr angesetzt.
Beim zurückliegenden Weltcup in Sigulda/Lettland startete die aus Brachbach stammende 26-Jährige teilweise vier Zehntel langsamer als die „Startraketen“ aus Russland zum Beispiel. „Das, was Jacqueline in der Bahn abliefert, gefällt mir ganz gut“, sagte Baude. Nur: So ein Startrückstand ist auf keiner Bahn der Welt aufzuholen.
Das stimmt positiv
Was den Chef-Bundestrainer im dramatischen Finale um ein Olympia-Ticket positiv stimmt? „Mit Winterberg und St. Moritz kommen jetzt zwei Bahnen, die beiden liegen“, antwortete Baude.
Der Blick auf die Ergebnisse der vergangenen Jahre bestätigt diese Einschätzung. Bei bislang sechs Weltcupstarts auf der Natureisbahn in der Schweiz kam Lölling stets unter die Top Acht. In den vergangenen drei Rennen stand sie sogar jeweils auf dem Podest. In Winterberg absolvierte sie bisher sieben Weltcuprennen. Bei den ersten vier sprangen zwei Siege und zwei zweite Plätze heraus. In den zurückliegenden drei Rennen musste sich Lölling jeweils mit dem eigentlich undankbaren vierten Platz begnügen – der dieses Mal aber freudig stimmen dürfte.
Das sagt Tina Hermann
Hannah Neise belegte bei ihren bisher zwei Weltcupstarts in Winterberg die Plätze neun und fünf. In St. Moritz erreichte sie vor knapp einem Jahr den vierten Platz – und gewann eine Woche später die Junioren-Weltmeisterschaft. „Hannah und Jacka werden zwei starke Rennen machen und wir werden mit drei starken Athletinnen bei den Olympischen Spielen antreten“, sagte Tina Hermann, die ihr Olympia-Ticket sicher hat, vorher.
Und wenn die Norm nicht erfüllt wird? „Es gibt die Möglichkeit, beim Deutschen Olympischen Sportbund einen Ausnahmeantrag zu stellen, was wir im Fall der Fälle auch machen werden“, antwortete Christian Baude: „Aber Winterberg und St. Moritz liegen den beiden, deshalb sollte die Normerfüllung gelingen.“ Denn: Einen Antrag zu stellen ist das eine, den Antrag zu bewilligen, das andere.