Winterberg. Diese Saison wird für die deutschen Rennrodler härter denn je. Warum der Start bei den Olympischen Spielen bereits im Oktober passé sein kann.

Es war nass in Lillehammer. Und es war windig in Lillehammer. „Die Bahn hat während einer Trainingseinheit extrem nachgelassen. Materialtests mit zeitlichen Vergleichen waren daher eher schwierig“, sagte David Gamm nach dem Start in die Eis-Zeit in Norwegen. „Aber um das Fahrgefühl wieder zu erlangen, war es eine gute Woche“, ergänzte der Rennrodler des BSC Winterberg. Fahrgefühl – und gutes Material – werden Gamm, sein Doppel-Kollege Robin Geueke und Vereinskollegin Cheyenne Rosenthal auch mehr denn je benötigen, wenn der Traum vom Start bei den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar 2022) nicht bereits im Oktober platzen soll. Denn Cheftrainer Norbert Loch sorgte mit einer überraschenden Entscheidung für die härteste, Nerven aufreibendste und folgenreichste Qualifikation vor einer Saison.

Das sagt Norbert Loch

„Wer im Weltcup nicht dabei ist, der fährt auch nicht zu Olympia“, sagte Loch jetzt in einem Interview, das der Internationale Rennrodelverband FIL veröffentlichte.

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Der Erfolgstrainer der medaillenverwöhnten deutschen Rennrodler schockierte mit dieser Ansage nicht nur die Athleten aus der zweiten Reihe, die ohnehin Jahr für Jahr um einen Startplatz im Weltcup kämpfen. Loch dürfte auch bei seinen Stars manches stolzes Schmunzeln gefrieren lassen. Denn: Erstmals sind die Medaillengewinner der Weltmeisterschaft nicht automatisch für den Weltcup gesetzt.

Geueke/Gamm sind bereit

„Wir wollen das Niveau der Weltcupqualifikation hochhalten, daher haben wir erstmals niemanden für einen Startplatz gesetzt“, sagte Norbert Loch und erklärte: „Wir hätten bei den Damen auf Grund der WM-Ergebnisse schon drei Startplätze von vier belegt, bei den Doppelsitzern wären zwei von drei Plätzen bereits vergeben und bei den Herren ist es ein Startplatz. Das wäre gegenüber den nicht Medaillen-Gewinnern der WM 2021 schwierig.“

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Es geht also für alle bei Null los, wenn die Qualifikation in der kommenden Woche in Winterberg startet. Felix Loch, Johannes Ludwig, Natalie Geisenberger, Dajana Eitberger und Julia Taubitz müssen sich ebenso ihr Weltcup-Ticket erfahren wie die Top-Doppel Eggert/Benecken und Wendl/Arlt. „Ich bin überzeugt, dass sich die Top-Athletinnen und Athleten auch in der Qualifikation für diesen Winter durchsetzen werden. Wir möchten aber das Vertrauen allen geben“, erklärte Cheftrainer Norbert Loch.

Geueke/Gamm- Ein Eiskanal wird zum Windkanal

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    Nachdem sie in der vergangenen Saison erstmals seit Jahren zu Saisonbeginn nicht im Weltcup starten durften und „ihren“ Platz an das junge Doppel Hannes Orlamünder/Paul Gubitz verloren, wollen vor allem die Winterberger Geueke/Gamm vom ersten Qualifikationsrennen an keine Zweifel an ihrer Klasse aufkommen lassen. Zur Erinnerung: Vor Jahresfrist fremdelten die Sauerländer vor allem mit ihrem neu konzipierten Schlitten.

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    „Wir haben jetzt weniger Kinderkrankheiten im Schlitten und fühlen uns so langsam wohl auf ihm“, sagte Robin Geueke. Er zeichnet maßgeblich für die Materialarbeit verantwortlich und arbeitet teilweise mit Unterstützung der Rodel-Legende Georg Hackl an dem Hightech-Gerät. „Ein paar Feinabstimmungen noch“, erzählt der 29-Jährige, „dann können wir in die erste Qualifikationswoche einsteigen.“

    Entscheidung in Winterberg

    Realistisch betrachtet fahren Geueke/Gamm erneut gegen Orlamünder/Gubitz um den dritten Weltcupplatz hinter Eggert/Benecken und Wendl/Arlt. Ihrer Vereinskollegin Cheyenne Rosenthal geht es ähnlich. Während Taubitz, Geisenberger und Eitberger unter normalen Voraussetzungen drei Weltcupplätze in Beschlag nehmen, kämpft die 21-Jährige gegen Anna Berreiter um den vierten Platz – und damit das Weiterleben des Olympia-Traums über Oktober hinaus.

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    Die Entscheidung könnte ausgerechnet auf der Heimbahn des Trios in Winterberg fallen. Nach dem vierten und letzten Qualifikationsrennen am 28. Oktober in der Veltins-EisArena wird Loch das Weltcupteam aus vier Damen, drei Doppelsitzern und fünf Herren nominieren. Nur dieses Team wird anschließend zur Trainingswoche und zum Weltcupauftakt auf der Olympiabahn nach China fliegen.