Winterberg/St. Moritz. Ihr Start beim Weltcupfinale wurde zur Nebensache: Um das Doppel Geueke/Gamm (Winterberg) ist eine Debatte entbrannt. Cheftrainer Loch schweigt.

Sie mögen diesen Eiskanal, dieses Fahrgefühl und auch diese Aussicht. „Nach vier Jahren sind wir endlich wieder in St. Moritz“, sagten Robin Geueke und David Gamm, Doppelsitzer des BSC Winterberg, vor dem Weltcupfinale der Rennrodler in der Schweiz, das sie mit einem zwölften Platz beendeten. Allerdings schmälerte ein Thema die Vorfreude der Sauerländer stark. Es ist ein Thema, zu dem sie sich zwar nicht äußern wollten, zu dem sie aber während der Weltmeisterschaft Zahlen sprechen ließen. Zahlen, die Norbert Loch, der Chef-Bundestrainer, auch auf Nachfrage nicht kommentierte.

Loch verzichtet auf Geueke/Gamm

„Bei den Doppelsitzern haben wir uns für das junge Doppel Orlamünder/Gubitz entschieden, die damit ihre Chance für die U23-WM nutzen können. [...] Beide Doppel haben bei den vier Weltcupeinsätzen teilweise gute, teilweise nicht so gute Ergebnisse erbracht.“

Mit unter anderem diesen zwei Sätzen begründete Loch vor der Weltmeisterschaft am vergangenen Wochenende am Königssee seine Entscheidung, nicht das erfahrene Doppel Geueke/Gamm aus dem Sauerland, sondern das junge Doppel Orlamünder/Gubitz aus Thüringen hinter den Top-Doppeln Wendl/Arlt und Eggert/Benecken in die Titelkämpfe zu schicken.

Seit den Selektionen vor der Saison lieferten sich Geueke/Gamm und Orlamünder/Gubitz das Duell um Platz drei im deutschen Team. Weil sich Robin Geueke anfangs mit einer Rückenverletzung herumplagte und das neue Material nicht optimal funktionierte, starteten die Thüringer in die Weltcupsaison. Die beiden Sauerländer trainierten im B-Team – und erhielten wie angekündigt ab Anfang Januar ihre Chance.

Finanzielle Folgen

Dass Cheftrainer Loch allerdings zum Saisonhöhepunkt dem unerfahreneren von zwei Doppeln auf Augenhöhe eine Chance gab, sorgt hinter den Kulissen mittlerweile für kontroverse Diskussionen. Zumal Geueke/Gamm als Vorläufer bei der Weltmeisterschaft starteten – und Zeiten fuhren, mit denen sie die Bronzemedaille hinter den Weltmeistern Eggert/Benecken sowie den zweitplatzierten Wendl/Arlt geholt hätten. Orlamünder/Gubitz beendeten ihre ersten Titelkämpfe auf Rang zehn und holten in der U23-Wertung die Silbermedaille.

Hätten Sie mehr Vertrauen in Ihr langjähriges drittes Doppel haben müssen?

Haben Sie eine weitere WM-Medaille für ein eher unbedeutendes U23-Silber geopfert?

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Auf diese Fragen antwortete Norbert Loch in der Woche zwischen WM und Weltcupfinale nicht. Michael Wenzl, Geschäftsführer der BSC Winterberg Marketing GmbH, kommentierte das Thema kurz angebunden. „Ich hätte mir auf jeden Fall im Vorfeld der WM mehr Vertrauen in die Leistungsfähigkeit von Robin und David gewünscht, und mehr Rückgrat vom Verband“, sagte Wenzl auf Nachfrage dieser Zeitung. Denn ohne eine Top-Sechs-Platzierung im Gesamtweltcup oder eine Top-Acht-Platzierung bei der WM verlieren die Sauerländer jetzt sogar ihren Olympiakader-Status. „Sie werden in den Perspektivkader kommen, was auch finanzielle Folgen hat“, sagte Wenzl.

Ränkespielchen im Verband?

WM-Bronze hingegen hätte Geueke/Gamm nach den üblichen Richtlinien des BSD (Bob- und Schlittenverband für Deutschland) für die kommende Saison den Platz im Weltcup ohne zusätzliche Selektion gesichert. Vor Olympischen Spielen als Saisonhöhepunkt ist das ein gewaltiger Vorteil. Doch Norbert Loch entschied sich vor der WM gegen Geueke/Gamm, die bei ihrem Weltcup-Comeback Anfang Januar auf der WM-Bahn am Königssee auf Anhieb Sechster wurden und auch bei der Deutschen Meisterschaft vor der Saison den dritten Platz hinter den beiden Top-Doppeln belegten.

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Generell fuhren die Sauerländer am Königssee in den vergangenen Jahren stets um das Podest, mindestens in den Top Sechs mit. „Jeder Mensch macht Fehler, ich ja auch“, sagte Michael Wenzl noch, um zu ergänzen: „Aber man bricht sich doch keinen Zacken aus der Krone, wenn man einen Fehler zugibt – ganz im Gegenteil.“

Für Robin Geueke und David Gamm würde das vorerst nichts mehr ändern. Sollten sie darüber hinaus das Opfer irgendwelcher Ränkespielchen innerhalb des Verbandes oder der Interessen von Stützpunkten in Thüringen und Bayern geworden sein, wären die offiziellen Vertreter des Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes gefordert.

In das Weltcupfinale in St. Moritz starteten Geueke/Gamm komplett ohne Druck – und konnten die legendäre Natureisbahn doch nicht genießen. Zu Rang elf fehlten ihnen letztendlich drei Tausendstel.

So lief es in St. Moritz

„Die Wettkampfsaison ist vorbei. Fahrerisch haben wir uns nichts vorzuwerfen, aber mit meinem Rücken war am Start nicht mehr viel drin. Da waren wir zu langsam. Hinzukam, dass das Material nicht richtig läuft“, meinte Robin Geueke nach Rang zwölf.

Beim lettischen Doppelsieg von Martins Bots/Roberts Plume und Andris Sics/Juris Sics vor den Italienern Ludwig Rieder/Patrick Rastner verpassten auch die anderen deutschen Duos Podiumsplatzierungen. Toni Eggert/Sascha Benecken und Tobias Wendl/Tobias Arlt landeten in St. Moritz auf den Rängen vier und fünf vor den Österreichern Thomas Steu/Lorenz Koller, deren Gesamtweltcupsieg bereits seit zwei Wochen feststand.