Sundern. Erst ab einer stabilen Inzidenz von unter 50 dürfen Fitnessstudios im HSK öffnen. Warum Betreiber in Sundern und Arnsberg „fassungslos“ sind.

Ob er das monatelange Bangen, die Existenzsorgen, das Verzweifeln, das erneute Hoffen und die wiederkehrenden Enttäuschungen mit in den Schlaf nimmt? Vor seiner Antwort auf diese Frage muss sich Torsten Just kurz sammeln. „Natürlich haben wir schlaflose Nächte“, sagt der Betreiber des „Vitalwerks“ in Sundern entschieden. „Wir sind ein Familienbetrieb, müssen seit sieben Monaten geschlossen bleiben und erhalten kein wirkliches Gehalt.“

Dass Fitnessstudios in Nordrhein-Westfalen laut der überarbeiteten Coronaschutzverordnung erst ab einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 wieder öffnen dürfen, macht Torsten Just und seinen Sohn Christopher Just, mit dem er sich die Geschäftsleitung des Hauptstudios in Sundern und des zweiten kleineren Studios in Arnsberg-Niedereimer teilt, fassungslos.

Fitnessstudios Sauerland – Freizeit- oder Sportbetrieb?

Einer der größten Kritikpunkte des erfahrenen Fitness-Duos: die politische Einordnung aller Studios unter dem Oberbegriff „Freizeit“. Torsten Just: „Wir sind keine Freizeiteinrichtung, sondern gleichzusetzen mit einer Physiotherapie. Im Vitalwerk kümmern wir uns intensiv um die Gesundheit unserer Mitglieder, werden aber leider in die Schiene ,Bizeps aufpumpen und Knackarsch antrainieren’ einsortiert. Dass wir erst ab einer Inzidenz von unter 50 wieder öffnen dürfen, war für uns ein Schlag ins Gesicht.“

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Christopher Just betont, „dass wir mit unseren Angeboten überall eingreifen, wir stärken das Immunsystem, bieten gezieltes Muskel- und Herz-/Kreislauftraining an, helfen unseren Kunden, sich gesund und bewusst zu ernähren sowie schmerzfrei zu bewegen. Die Menschen wollen nicht nur Coronapfunde abtrainieren, sondern gezielt ihr Immunsystem stärken“. Wichtig sei vor allem die Ausschüttung von Myokinen, also Botenstoffen, die Entzündungen stoppen und die Immunabwehr regulieren – aber vom Körper nur bei intensivem Gerätetraining freigesetzt würden.

Es werden keine Beiträge abgebucht

Wer das Hauptstudio des Vitalwerks in Sundern betritt, merkt schnell: Stillstand herrscht auf den etwa 1700 Quadratmetern nicht – trotz fast siebenmonatiger Zwangspause. Ein frischer Boden, neue digitale Zutrittskontrollen zur optimalen Nachverfolgung und für viel Geld erworbene Hygienefilter beziehungsweise Luftreiniger sind installiert worden oder im Prozess. „Wir würden auch für nur fünf oder acht Leute aufmachen“, betont Christopher Just, wie groß die Sehnsucht nach dem Re-Start ist.

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Genau diese fühlen auch die etwa 1500 Mitglieder, die beide Fitnessstudios an den Standorten in Sundern und Niedereimer vereinen. „Wir haben uns damals schnell dafür entschieden, dass wir in der Pandemie keine Beiträge abbuchen werden“, sagt Christopher Just.

Mitglieder zeigen Loyalität zum Vitalwerk

Zwar kündigten kaum Mitglieder, doch die stets dringend benötigten Neu-Kunden – beispielsweise nach dem Jahreswechsel – fielen weg. „Unsere Mitglieder haben aber eine große Loyalität zu uns – das ist wirklich schön“, erzählt Torsten Just. Dies sei erst jüngst in Telefongesprächen, die die Betreiber nun gezielt mit ihren Kunden führen, um sich über deren Fitnesszustand zu informieren, deutlich geworden. Dass bisweilen altbekannte Probleme mit dem Rücken oder Knie wiederkämen, weil so lange das Training wegfalle, tue ihm als Fitnesstrainer weh, sagt Christopher Just.

Weil die Sieben-Tage-Inzidenz im HSK (Wert am Mittwoch, 19. Mai: 71,6) beständig unter der magischen 100er-Grenze liegt, haben die Justs immerhin vage Hoffnungen auf einen absehbaren Re-Start, der im Juni erfolgen könnte. Fünf Zähltage in Folge muss jedoch zunächst die 50er-Marke geknackt werden. „Wir werden wohl nach Pfingsten den Rehasport wieder anbieten können“, sagt Christopher Just.

Wie schwer in der dynamischen Entwicklung der Pandemie trotz fallender Inzidenzzahlen die Planungen seien, erläutert Torsten Just: „Unsere Eröffnungsstrategie haben wir in den vergangenen Monaten schon fünf Mal über den Haufen geworfen. Wir wünschen uns eine Detailprüfung der Behörden bei uns vor Ort und eine baldige Öffnung.“