Sauerland. Es ist ein Hammer: Patrick Wiencek, deutscher Handball-Nationalspieler, verzichtet freiwillig auf die WM 2021. Wie HSK-Handballer das bewerten.
In diesen Zeiten in die Zukunft zu blicken – ist schwierig. Doch man stelle sich das mal vor: Im Mai 2021 erklärt Manuel Neuer, Fußball-Nationalspieler und Kapitän der DFB-Elf, seinen Verzicht auf die Fußball-Europameisterschaft, die ab dem 11. Juni 2021 in zwölf Städten in Europa und Asien ausgetragen wird. Der Grund: seine große Bedenken, ein solches Turnier in der Coronapandemie zu bestreiten und Sorgen um die eigene Familie.
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Ein unrealistisches Szenario – doch im Handball ist nun ein vergleichbarer Fall eingetreten. Patrick Wiencek – Spitzname „Bam Bam“ –, 146-facher Nationalspieler für Deutschland und Führungsspieler des deutschen Rekordmeisters THW Kiel, hat seine Teilnahme an der Handball-Weltmeisterschaft in Ägypten (14. bis 31. Januar 2021) abgesagt. Er ist der erste deutsche Nationalspieler, der diesen Schritt wagt.
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„Jeder weiß, wie stolz ich auf jedes meiner Länderspiele bin. Aber ich bin nicht nur Nationalspieler, sondern auch Spieler des THW Kiel und vor allem Familienvater. In dieser Konstellation und in dieser immer noch besonderen Situation hat es sich einfach nicht richtig angefühlt, im Januar vier Wochen weit weg von zu Hause zu sein“, sagte der 31-Jährige. Dieser Verzicht sei „eine der schwersten Entscheidungen meines Sportlerlebens“ gewesen.
Warum Patrick Wiencek ein Zeichen setzt
Handballer aus dem Hochsauerlandkreis erklären, warum sie Wienceks Schritt loben – und warum sie für den Amateurbereich kaum an eine Fortsetzung der aktuellen Saison glauben.
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Was Frank Mähl, Trainer des Bezirksligisten TV Arnsberg, und Nationalspieler Patrick Wiencek eint? Auf jeden Fall ein cooler Spitzname. Denn in dieser Kategorie steht „Tiger“ Mähl „Bam Bam“ Wiencek in nichts nach. Auch den Schritt des Kreisläufers der Nationalmannschaft, auf die WM in Ägypten zu verzichten, kann Frank Mähl nachvollziehen. „Natürlich ist das eine enorme Schwächung für die Nationalmannschaft, aber ich finde, das ist eine gute Entscheidung. Patrick Wiencek setzt damit ein Zeichen. Es zeigt vielleicht auch, dass man in solchen Zeiten nicht alles durchboxen sollte“, sagt er.
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Der Coach des TV Arnsberg arbeitet selbst im Technischen Dienst des Karolinen-Hospitals in Hüsten und erlebt daher tagtäglich, welche Auswirkungen Covid-19 auf Menschen haben kann. Auch deshalb könne er den Verzicht des sanften Riesen Wiencek „gut verstehen“, sagt Mähl.
Unverständnis für Großereignisse
Als Führungsspieler des Handball-Bezirksligisten TV Neheim und ebenso als Handballfan setzt sich auch Sören Frohne mit Ginceks WM-Verzicht auseinander. „Im ersten Impuls kann man das natürlich als frech gegenüber Ägypten als Gastgeber werten – die sollten ja eigentlich ihre Hygienekonzepte durchdacht haben. Allgemein finde ich aber, dass Großereignisse im Sport zur Zeit so oder so Quatsch sind“, betont er.
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Sören Frohne: „Einen Weltmeisterpokal will ja niemand vor so wenigen Zuschauern in die Höhe strecken. Die Olympischen Sommerspiele in Tokio wurden ebenfalls auf das kommende Jahr verschoben – ich kann Wiencek also verstehen.“
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Dass in dieser Lage überhaupt eine Handball-Weltmeisterschaft mit 32 Mannschaften ausgerichtet wird, kann auch Frank Moormann, Coach des Handball-Landesligisten SG Ruhrtal, nicht nachvollziehen. „Dass die WM ausgetragen wird, wundert mich sehr. Für den Handball hätte es keine Nachteile, wenn dieses Turnier nicht stattfinden würde“, betont Moormann.
Gefahren – auch für Profisportler
Der erfahrene Trainer im gehobenen Amateurbereich möchte den Fokus vor allem auf die Gefahr gesetzt wissen, der in der Coronakrise ebenso Profisportler ausgesetzt seien. „Man kann Wienceks Entscheidung nachvollziehen, denn das Nationalteam hat ja ebenso Risiken, die Spieler müssen essen und trinken, in Hotels übernachten und zu den Spielen an- und abreisen – da gibt es viele Kontakte“, sagt Moormann.
Insgesamt spiele der Handballsport derzeit „eine untergeordnete Rolle. Für uns Amateure ist es aus meiner Sicht total verständlich, dass wir aktuell nicht spielen. Ich denke auch, dass wir dazu in dieser Saison nicht mehr kommen“.
An eine Fortsetzung der Spielzeit im Amateurbereich glaubt auch Anke Dannhauer, Trainerin des Frauen-Landesligisten HV Sundern, nicht. „Das ist aber auch nicht schlimm, auch wenn es natürlich schade für uns alle ist“, sagt sie. Wienceks Entscheidung, der Weltmeisterschaft im kommen Jahr fernzubleiben, „kann ich total verstehen – die Gesundheit geht vor!“