Sigulda/Winterberg. Hannah Neise (BSC Winterberg) kann eigentlich ohne Druck ihre Premiere im Skeleton-Weltcup genießen. Doch etwas fürchtet die Schmallenbergerin.

Für Christian Baude liegen die Dinge eindeutig. „Hannah ist für mich einfach das Küken, welches erstmal Erfahrungen sammeln darf“, sagt der Chef-Bundestrainer. Hannah Neise , die Skeleton-Pilotin des BSC Winterberg, soll vor dem Weltcup-Auftakt am Freitag in Sigulda, vor ihrer Weltcup-Premiere, nicht den leisesten Hauch von Druck spüren. Doch Baudes Rechnung geht nicht auf. Und das – liegt an der 20-jährigen Schmallenbergerin selbst .

Neise: Bahn liegt mir ganz gut

„Na ja“, sagt Hannah Neise, „ich bin nicht nervös, aber schon ein bisschen angespannt.“ Sie merkt das in diesen Tagen in Lettland, wenn sie auf ihrem Schlitten liegt und durch den Eiskanal rast. Athletiktraining, Materialbearbeitung – business as usual, wie gewöhnlich eben. Doch geht es zum Fahren im Kreis internationalen Spitze, beginnt das Kribbeln.

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Die Laufzeiten sind es, die Neise verdeutlichen, dass sie doch angespannter ist, als sie es sich selbst eingestehen möchte. „Die Bahn liegt mir eigentlich ganz gut“, sagt die Sauerländerin, „aber im Training lief es nicht so gut.“ Warum sie sich trotz der mehrfachen Äußerungen des Cheftrainers, dass sie im Schatten der Stars Tina Hermann (WSV Königssee) und Jacqueline Lölling (RSG Hochsauerland) einfach nur Erfahrungen sammeln solle, unterbewusst Druck macht? Die Antwort ist ehrlich: „Ich bin so eine Person“, sagt Neise, „ich möchte mich nicht blamieren oder versagen.“

In der Selektion wechselte sie auf die Überholspur, dort möchte sie im Weltcup bleiben – und würde damit eine weitere Parallele zu ihrem Vorbild Lölling aufweisen. Denn „Jacka“, mit jetzt 25 Jahren selbst noch jung, feierte ebenfalls mit 20 ihre Premiere im Weltcup.

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Der Weg dorthin verläuft bei Lölling und Neise identisch. Beide besuchen das Sportinternat in Winterberg, beide beginnen anschließend eine Ausbildung bei der Bundespolizei. Seit diesem Sommer gehört Neise zudem zur Trainingsgruppe von Heiner Preute, der auch Lölling zu neuen Startbestzeiten antreibt.

Apropos Start: „Dort sehe ich bei mir Steigerungspotenzial“, sagt Hannah Neise, „meine Technik habe ich zwar schon verbessert, aber wir wissen ja schon länger, dass ich keine Startrakete bin.“

Herausragendes Fahrgefühl

Diesen Satz – hätte auch Lölling vor fünf Jahren sagen können. Vermutlich tat sie es. Schließlich verfügt die Olympia-Zweite von 2018 und Weltmeisterin von 2017 sowie amtierende Gesamtweltcup-Siegerin über ein herausragendes Fahrgefühl, welches in ähnlicher Form auch Neise attestiert wird, aber ihre Achillesferse war, ist und bleibt der Start. „Nach der schwierigen Qualifikation für das Weltcup-Team ist für mich wichtig, jetzt erstmal wieder Konstanz reinzubringen“, sagt die Athletin der RSG Hochsauerland, die sich erst auf den letzten Drücker bei der DM in Winterberg mit Rang zwei das Weltcup-Ticket sicherte. „Ich möchte natürlich an die Leistungen vom letzten Jahr anknüpfen und vor allem in Sigulda gut starten und mich da noch einmal verbessern“, ergänzt sie.

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Bei allen persönlichen Schwierigkeiten steht Lölling auch Neuling Neise helfend zur Seite, wenn die 20-Jährige Fragen hat. Was im Übrigen auch für Alexander Gassner gilt, den Skeleton-Piloten des BSC Winterberg, der das Trio aus dem Sauerland komplettiert.

Helfen deren Worte nicht, weiß Hannah Neise eine weitere Alternative, ihre unterbewusste Anspannung zu senken: „Ich habe zuletzt nicht nur mit Heiner telefoniert“, sagt sie, „sondern auch mit meiner Mama.“ Beruhigung fernmündlich aus Schmallenberg – wohl wissend, dass die Tochter, wenn sie die Leistungen der vergangenen Wochen wiederholt, ohne Druck sehr gute Platzierungen einfahren wird.

Übrigens: Jacqueline Lölling beendete ihre Weltcup-Premiere in Altenberg auf Rang drei.