Winterberg. Die Brachbacherin Jacqueline Lölling wird Deutsche Vize-Meisterin im Skeleton. Etwas zählte in Winterberg aber mehr: Das Weltcup-Ticket.

Als sich Jacqueline Lölling die Jacke abstreift und in den vor ihr liegenden Eiskanal schaut, bemerkt sie dieses ungewohnte Gefühl zum ersten Mal. Als sie ihren Helm aufsetzt und der Start nur noch wenige Augenblicke entfernt ist, nimmt es komplett von ihr Besitz. „So nervös war ich in Winterberg noch nie. Der Druck war schon sehr groß. Vor allem: Ich kannte das gar nicht mehr, weil ich in den vergangenen Jahren immer gesetzt war“, sagt Lölling später. Ein zufriedenes Grinsen fällt der sonst so fröhlichen Brachbacherin selbst zu diesem Zeitpunkt noch schwer – obwohl ein großes Ziel erreicht ist.

Mit Abstand bei der Siegerehrung: Hannah Neise (Bronze, links), Tina Hermann (Gold, Mitte) und Jacqueline Lölling (Silber) bilden das DM-Podium in Winterberg.
Mit Abstand bei der Siegerehrung: Hannah Neise (Bronze, links), Tina Hermann (Gold, Mitte) und Jacqueline Lölling (Silber) bilden das DM-Podium in Winterberg. © Dietmar Reker

Denn „Jacka“, wie ihre Fans sie nennen, startet auch in der kommenden Saison im Weltcup. Mit Tina Hermann und Hannah Neise bildet die unter anderem amtierende Gesamtweltcup-Siegerin, Weltmeisterin von 2017 und Olympia-Zweite von 2018 das deutsche Trio vorerst bis zur Weihnachtspause.

Jacqueline Lölling- Noch nie so nervös in Winterberg

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    Die Auflistung nur dieser Erfolge zeigt, welche Sensation es gewesen wäre, hätte die 25-jährige Athletin der RSG Hochsauerland in der ersten Saisonhälfte lediglich im zweitklassigen Intercontinentalcup starten dürfen. Doch mit einer insgesamt souveränen Vorstellung beim vierten und letzten Selektionsrennen, gleichzeitig als Deutsche Meisterschaft gewertet, setzt Lölling der Zitterpartie ein Ende.

    Tina Hermann holt den DM-Titel

    „Das war eng“, sagt Chef-Bundestrainer Christian Baude über die Qualifikation seiner Top-Athletin. „Ich habe aber gewusst, dass Jacka in Winterberg auf ihrer Heimbahn, sozusagen in ihrem Wohnzimmer, eine starke Leistung zeigen wird – und das hat sie bestätigt“, ergänzt Baude noch.

    Als erste Dame geht Jacqueline Lölling bei besten Witterungs- und Eisverhältnissen in den Wettbewerb und setzt sofort ein Ausrufezeichen. „Ich wollte vorlegen“, sagt sie: „Ich stand genug unter Druck und wollte nicht noch ansehen müssen, wie die anderen fahren.“ Die Anderen sehen hingegen, wie Lölling einen neuen Bahnrekord ins Eis brennt und sich im Duell mit Sophia Griebel um den dritten und letzten Weltcup-Platz einen psychologischen Vorteil verschafft.

    Jacqueline Lölling muss sich bei der DM in Winterberg nur Tina Hermann geschlagen geben und qualifiziert sich damit für das deutsche Weltcup-Team.
    Jacqueline Lölling muss sich bei der DM in Winterberg nur Tina Hermann geschlagen geben und qualifiziert sich damit für das deutsche Weltcup-Team. © Dietmar Reker

    Tina Hermann knackt den Bahnrekord zwar wenig später und gewinnt auch den Titel der Deutschen Meisterin. Doch der Vizetitel vor der drittplatzierten Hannah Neise bedeutet für Lölling das Weltcup-Ticket, zumal Griebel lediglich Rang sechs belegt. „So kann eine Deutsche Meisterschaft zum vorerst wichtigsten Rennen der Saison werden“, sagt die Brachbacherin nach der Siegerehrung zwar erleichtert, aber immer noch etwas ungläubig über das trotz all der zurückliegenden Erfolge so nahe vorläufige Weltcup-Aus.

    Weltcup beginnt mit „Doppelpack“ in Sigulda

    Jacqueline Lölling fuhr bei der DM mit einem Rückstand von 0,20 Sekunden auf Tina Hermann (WSV Königssee), die mit 57,14 Sekunden einen neuen Bahnrekord aufstellte, auf den Silberrang vor Hannah Neise (+ 0,29). Der Weltcup startet mit einer Doppelveranstaltung in Sigulda/Lettland (20. und 27. November).

    „Ich bin stolz und glücklich“, erzählt Löllings Athletiktrainer Heiner Preute: „Bei Jacka hat man gesehen, dass sie schnell ist, wenn sie sich befreit auf den Schlitten legen kann.“ Die gute Trainingswoche mit einer Menge Spaß und Lockerheit innerhalb der Trainingsgruppe habe dazu beigetragen. „Das gilt es zu stabilisieren – und dann können wir uns auch bald wieder über Erfolge im Weltcup freuen“, sagt Preute.