Sauerland. Turbulente Zeiten bei Fußball-Erstligist FC Schalke 04 – Fans aus der Sauerländer Sportszene nehmen Stellung zum Chaos bei den Königsblauen.
Wer Fan des Fußball-Erstligisten FC Schalke 04 ist, der weiß den Begriff „Leidenschaft“ vielfältig auszulegen. Königsblaue Anhänger stehen ihrem Verein stets eng zur Seite – doch in den vergangenen Monaten wurde ihre Geduld seitens der Verantwortlichen des Bundesligisten vermehrt auf die Probe gestellt.
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Nach der jüngsten Freistellung des erfolglosen Trainers David Wagner hat diese Zeitung bei Schalker Fanclubs, Anhängern und Sportlern aus dem Hochsauerlandkreis nachgefragt – zu David Wagner, der sportlichen Langzeitkrise und den Wünschen der Fans zur Neubesetzung des Trainerpostens bei den Königsblauen.
Georg Vonnahme (Vorsitzender des Fanclubs Königsblau Brilon): Bereits Anfang Juli hatte der leidenschaftliche Schalker, der dem weltweit größten S04-Fanclub Königsblau Brilon vorsteht, im Gespräch mit dieser Zeitung bezweifelt, dass es richtig sei, dass David Wagner nach der historisch schlechten Serie mit 16 Partien in Folge ohne Sieg in der vergangenen Saison als Trainer weitermachen durfte. Nach den weiteren zwei Niederlagen Schalkes in dieser Spielzeit (0:8 bei Bayern München und 1:3 gegen Werder Bremen) sagt Georg Vonnahme: „Man kennt den FC Schalke 04 und die Gesetzmäßigkeiten im Fußball. Aber: Auf der einen Seite gibt es den Verein – und auf der anderen Seite die handelnden Personen, die eben austauschbar sind.“
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Viel mehr als der Trainerwechsel oder die sportliche Krise habe ihn zuletzt das Bild des Schalker Vorstands und der Verantwortlichen von Bayern München auf der Tribüne der Allianz-Arena gestört. „Dort saßen die Herren ohne Abstand und ohne Masken. Da muss man doch versuchen, dem Volk gerecht zu werden, und nicht so etwas tun. Das wird von den Fans ganz genau registriert“, betont Vonnahme.
Schalke habe bereits „viele Trainer verschlissen“, insofern sei der Wunsch nach einem neuen Coach gar nicht leicht zu formulieren. „Der Einzige, dem ich das wirklich zutraue, ist Ralf Rangnick. Er kennt den Verein Schalke 04 – und wir Fans kennen ihn. Ich wäre gespannt darauf, ob das mit ihm klappt“, sagt Georg Vonnahme.
Frank Mähl (Coach des Handball-Bezirksligisten TV Arnsberg und Schalke-Fan): Auch Handballer Frank Mähl, seit Jahrzehnten leidenschaftlicher Schalker, findet, „dass man den Schnitt mit David Wagner früher hätte machen müssen. Vielleicht hätte er auch selbst zurücktreten sollen“. Aus seiner Sicht wirkt die Schalker Mannschaft aktuell „völlig leer. Man weiß ja, dass einige Spieler weg wollen, aber sie präsentieren sich auf dem Spielfeld total inakzeptabel. Das verstehe ich nicht, denn gerade in der Coronakrise überlegen Vereine zwei, drei Mal mehr, ob sie neue Spieler verpflichten“, sagt Mähl.
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Als neuen Trainer für S04 wünsche er sich einen Fußballlehrer, „der hoffentlich kein Schnellschuss wird“. Frank Mähl: „In Sachen Taktik und Entwicklung neuer Spieler ist Ralf Rangnick sicher unschlagbar – aber kaum zu finanzieren. Auch Manuel Baum oder Vereinslegende Marc Wilmots halte ich für gute Kandidaten. Ich habe trotz allem die Hoffnung, dass es wieder aufwärts geht mit Schalke.“
Rainer Keßler (Vorsitzender des Fanclubs Krähenpower Herdringen): Die 1:3-Niederlage gegen Werder Bremen war für Rainer Keßler die TV-Premiere während der Coronapandemie. „Vorher habe ich mir weder Spiele in der Bundesliga noch in der Champions League angeschaut. Diese Geisterspiele, auch wenn jetzt einige Zuschauer wieder erlaubt sind, machen mir einfach keinen Spaß“, sagt der 59-Jährige. Alles andere als spaßig findet Keßler auch die aktuelle Situation des FC Schalke 04. „Noch einmal zurück zu den Spielen ohne Zuschauer. Mit 60.000 Fans in der Arena wären wir nie in diese Situation gekommen. Da hätte sich keiner von den Spielern getraut, solche Leistungen abzuliefern. Die Fans wären auf die Barrikaden gegangen“, glaubt der Vorsitzender des Schalke-Fanclubs Krähenpower aus Herdringen.
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Wie soll es nun weitergehen nach der Freistellung von Trainer David Wagner? „Mein Wunschkandidat ist Ralf Rangnick. Meiner Meinung nach sollte er dann aber auch Trainer und Sportlicher Leiter werden“, teilt Keßler mit. „Wir brauchen jetzt keinen Manuel Baum oder Sandro Schwarz. Beide sind für mich Notlösungen. Wir brauchen eine Respektsperson, wie es Felix Magath auf Schalke war.“
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Zudem hofft Keßler, dass sich in Zukunft mit einem neuen Trainer nicht nur die Einstellung der Spieler („Der Kader hat Qualität, die Jungs müssen sie nur abrufen“), sondern auch die Außendarstellung so schnell wie möglich ändert. „Wir lassen zurzeit kein Fettnäpfchen aus. Da gab es unter anderem die Sache mit den Rückerstattungen von bereits bezahlten Eintrittskarten. Da sollten die Fans begründen, warum sie auf das Geld angewiesen sind, zum Beispiel aufgrund von Arbeitslosigkeit. So etwas geht gar nicht. Dann kam der Tönnies-Rücktritt und damit ist das Ende der Fahnenstange wahrscheinlich noch nicht erreicht“, glaubt Rainer Keßler.
Zudem hätte man sich „nie und nimmer“ vom gebürtigen Hüstener Oliver Ruhnert als Direktor der „Knappenschmiede“ trennen dürfen. „Jetzt zeigt er uns bei Union Berlin, welche Qualitäten er besitzt“, sagt Keßler und ergänzt. „Trotzdem wird der Verein nicht untergehen. Wir haben unter anderem den Bundesliga-Skandal und den Sonnenkönig Eichberg überlebt. Wir werden auch diese Krise meistern.“
Thorsten Stein (Trainer der Bezirksliga-Fußballerinnen des TuS Oeventrop und Schalke-Fan): „Mit dieser Mannschaft muss man eigentlich besser dastehen“, sagt Stein. „Ich weiß einfach nicht, was in den Köpfen der Spieler vorgeht.“
Bislang hat sich der Oeventroper die Schalke-Spiele trotz der Niederlagenserie immer noch im Fernsehen angeschaut. „Manchmal hätte ich am liebsten bereits nach fünf Minuten wieder ausgeschaltet“, teilt Stein mit. „Wahrscheinlich werde ich in Zukunft für ein Schalke-Spiel nicht mehr zu Hause bleiben.“