Sauerland. Der Strafstoß – er gilt als der leichteste, doch ebenso schwierigste Schuss im Fußball. Schützen und Torhüter aus dem HSK verraten ihre Tricks.
Es ist die wahrscheinlich größte individuelle Drucksituation im Fußballsport: der Elfmeter. Schütze und Torhüter stehen sich beim Strafstoß zum Duell gegenüber, Spannung liegt in der Luft und die Besucher schauen gebannt zu. Das Psychoduell vom Punkt kann Spiele entscheidend beeinflussen. Nach Aufstiegen, Pokalsiegen oder dem Klassenerhalt werden Jubelstürme entfacht – oder nach Niederlagen wie Abstiegen Trübsal geblasen und Häme ausgeschüttet.
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Im Profifußball genau wie bei den Amateuren wurden durch Elfmeter schon immer Helden geboren oder Sündenböcke erschaffen. Erinnert sei beispielsweise an Uli Hoeneß’ legendären Fehlschuss in den Nachthimmel von Belgrad im Finale der Europameisterschaft 1976, Andreas Brehmes goldenes Tor im Endspiel der Weltmeisterschaft 1990 gegen Argentinien oder Zinédine Zidanes „Panenka-Elfer“ im WM-Finale 2006 in Deutschland – die Liste ließe sich beliebig verlängern.
Elfmeterschützen sollten selbstbewusst und locker zu Werke gehen – doch trotzdem bleibt der Schlussmann als letzter Gegner vor dem Torerfolg. Schützen, Torhüter und Trainer aus dem Hochsauerlandkreis geben Einblicke in ihre Tricks.
Strafstöße: Die Statistik spricht Bände
Alle relevanten Statistiken geben bei der Recherche ein klares Bild ab: Beim Elfmeter stehen die Chancen für den Schützen, der zum Schuss antritt, statistisch gesehen sehr gut. Etwa 75 Prozent aller Strafstöße werden verwandelt – das sind drei von vier Versuchen.
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Ein Fußballtor misst etwa 18 Quadratmeter, die ein Torhüter maximal zu einem Drittel abdecken kann. Wird ein Elfmeter mit 70 Kilometern pro Stunde abgefeuert, benötigt die Kugel nur eine halbe Sekunde bis zum Tor. Rein mathematisch ist es unlogisch für den Torwart, abzuwarten, wohin der Ball fliegt – dann wäre dieser schon längst im Kasten eingeschlagen, wenn der Schütze nicht doch neben oder über das Tor geschossen hat.
Die Psychotricks der Torhüter
Man kann es recht deutlich formulieren: Wenn alles normal läuft, dann spricht beim Elfmeter alles gegen den Torwart. Weil die Statistik den Schlussleuten nicht wohlgesonnen ist, haben sie allerdings auch nichts zu verlieren – und genau das verleiht ihnen eine Chance, denn auch die Schützen wissen natürlich um den teils gewaltigen Druck, der auf ihnen als dem Favoriten in diesem Zweikampf lastet. Die Schussrichtung des Gegenübers lesen, einfach konsequent in eine Ecke springen, den Schützen mit Psychospielchen beeinflussen: Es gibt durchaus Wege für die Torleute, zum Erfolg zu kommen.
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Wenn sein Team einen Elfmeter gegen sich bekomme, freue er sich natürlich nicht, sagt Raphael Humpert, Torwart des A-Ligisten SuS Westenfeld. „Meistens mache ich dann noch ein paar Spielchen mit dem Schützen, nehme viel Augenkontakt auf, übergebe zum Beispiel den Ball, gehe langsam ins Tor zurück und schinde so Zeit. Dann springe ich nie einfach in eine Ecke, sondern warte, bis der Schütze mir durch seine Gestik und Haltung eine Ecke anbietet, in die ich dann mit voller Überzeugung springe“, erklärt Humpert. Besonders die Elfmeterschießen im Pokal oder die Neunmeter-Duelle in der Halle finde er „ziemlich geil, auch wenn es eine Glückssache bleibt“.
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Jannik Erlmann, der in der kommenden Saison von Regionalligist SV Lippstadt freiwillig vier Ligen absteigt und zurück zu Heimatverein TuRa Freienohl in die Bezirksliga 4, die „Bundesliga des Sauerlandes“, wechselt, weiß: „Ein wirklich gut geschossener Elfmeter ist nicht zu halten. Am Ende kommt es für mich darauf an, den Bewegungsablauf des Schützen richtig lesen zu können.“ Das versucht auch Timo Bange, zweiter Torwart des Landesligisten SV Brilon. Er sieht den Elfmeter als „mentales Spiel gegen den Schützen“. Bange: „Wenn man dann auch mal einen Elfmeter hält, ist es für einen Torwart natürlich mit das geilste Gefühl der Welt!“
Schützen: Druck und Vertrauen
Selbstbewusstsein, Präzision, Vertrauen in die eigene Stärke, Abgezocktheit: All diese Eigenschaften bringt ein Elfmeterschütze idealerweise mit, wenn er den Gang zum Punkt antritt. Der Druck liegt beim Schützen – viele entscheiden bereits weit vor ihrem Schuss, in welche Ecke des Tores sie zielen.
Um den Druck ausblenden, provoziert Riad Amor, Bezirksligafußballer des TuS Voßwinkel, gern mal den gegnerischen Torwart: „Ich gebe ihm das Gefühl, dass ich unsicher bin, obwohl ich innerlich ganz ruhig bin.“ Mit der Belastung könne er nun viel besser umgehend als zu seiner Zeit in der Jugend. „Vom Punkt war das zu viel für mich – ich wurde total nervös“, gibt Amor zu.
Das Scheitern bleibt gleichwohl möglich. So schied der TuS Voßwinkel in der ersten Runde des Arnsberger Kreispokals in dieser Saison gegen den TuS Hachen im Elfmeterschießen aus (6:7) – durch einen Fehlschuss Riad Amors.
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Sich trauen, notfalls vom Punkt anzutreten – das ist für Sebastian Held, Leistungsträger des Fußball-Bezirksligisten TuS Sundern, selbstverständlich. Auch wenn er nicht erster Elfmeterschütze seiner Mannschaft ist, verfolgt er einen festen Plan. „Ich habe eine Ecke des Tores, in die ich auch im Training immer schieße. Da hast Du ein gutes Gefühl, weil Du schon oft getroffen hast. Und wenn ich dann im Spiel nicht in meine Ecke geschossen habe, hat es nie geklappt. Aber: Es gibt auch eben Torhüter, die können einen gut geschossenen Elfmeter entschärfen“, sagt Held.
Spieler wie Baran Arslan, Zugang des Landesligisten RW Erlinghausen, wünscht sich für das Elfmeterschießen wohl jeder Trainer. „Ich empfinde keinen großen Druck bei Elfmetern, da es mir gefällt, Verantwortung zu übernehmen. Deswegen trete ich gerne vom Punkt an“, erklärt Arslan. Trainer wie Tobias Walter, Coach des A-Ligisten SV Bachum/Bergheim, oder Tim Kuhlmann, Trainer des Frauen-A-Ligisten SG Bruchhausen/Niedereimer, bestimmen die Schützen für ein Strafstoßschießen am liebsten selbst. „Sollte jemand verschießen, kann ich die Schuld für eine falsche Entscheidung auf mich nehmen“, erklärt Tim Kuhlmann.
Den perfekten Elfmeter auf Wiedervorlage zu legen – das geht nicht. Ob mit Wucht, mit Technik oder gelupft, ist letztlich egal. Entscheidend ist: Der Ball muss rein ins Tor. Ist doch ganz leicht – oder?