Sauerland. Wie geht es im Amateur-Fußball in Westfalen weiter? Die Sauerlandsport-Redaktion hat die vier Szenarien des Verbandes unter die Lupe genommen.
Es gibt Licht am Ende des Tunnels. Die Entscheidung, wie es mit der aufgrund der Coronakrise bis auf Weiteres ausgesetzten Fußballsaison 2019/20 in Westfalen weitergeht, wird in der kommenden Woche fallen – und zwar am Donnerstag, 23. April. Dann wird der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) seine Entscheidung bekannt geben. Zuvor will sich der Verband noch ein Meinungsbild bei den Vereinen verschaffen, hat sämtliche Klubs angeschrieben und die können bis zum 22. April zwischen vier Szenarien auswählen. Die Sauerlandsport-Redaktion hat sich im Vorfeld der Entscheidung mit folgenden Fragen beschäftigt.
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Besteht immer noch die Chance, dass im Mai oder Juni wieder Fußball gespielt wird?
Nein. Die Fußballpause wird bis mindestens zum 31. August (bis dahin hat die Bundesregierung auch Großveranstaltungen untersagt) dauern - zumindest in Westfalen. Denn: Egal für welches Szenario sich der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen am 23. April entscheiden wird, es werden in diesem Sommer keine Fußballspiele mehr stattfinden. In den ersten drei Szenarien geht es um eine Annullierung beziehungsweise einen Abbruch der Saison 2019/20 und im vierten Fall ist eine Fortsetzung der Saison im Herbst geplant.
Welche Szenarien des Verbandes gibt es?
Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen hat folgenden Fragebogen an die Vereine verschickt: Sollte die Saison fortgesetzt werden? Falls nicht, wie sollte die Saison bei einem Abbruch gewertet werden?
1. Abbruch: Die Saison wird annulliert. Es gibt keine Auf- und keine Absteiger.
2. Abbruch I: Der Stand der Hinrunde wird gewertet. Es gibt ausschließlich Aufsteiger und keine Absteiger.
3. Abbruch II: Der aktuelle Tabellenstand wird gewertet. Auch hier gibt es nur Aufsteiger und (fast) keine Absteiger. Ausnahme: Zurückgezogene Mannschaften, wie der TuS Erndtebrück II in der Landesliga 2, steigen auf jeden Fall ab.
4. Die zurzeit ausgesetzte Serie wird im Herbst fortgesetzt, voraussichtlich nach dem 31. August.
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Was spricht für/gegen die einzelnen Szenarien?
„Wir werden nicht alle Vereine zufrieden stellen können“, sagt Michael Schütte, Vorsitzender des Fußballkreises Hochsauerlandkreis, und liegt mit seiner Aussage goldrichtig.
Von einer Annullierung der Saison würden nur die Mannschaften, die derzeit auf einem Abstiegsplatz stehen, profitieren.
Bei einem Abbruch nach der Hinrunde hätten zumindest alle Mannschaften jeweils einmal gegeneinander gespielt. Ausnahme wäre die Westfalenliga 2, wo es noch Nachholspiele aus der ersten Serie gibt. Trotzdem würde diese Regelung den Teams, die sich erst nach der Winterpause auf einen Aufstiegsplatz verbessert haben, nicht gerecht.
Bei der dritten Variante, einem Abbruch der Saison und der Wertung des jetzigen Tabellenstandes, profitieren in erster Linie wieder die Mannschaften, die auf einem Abstiegsplatz stehen. Zumindest wären die Aufsteiger aus der Bezirksliga 4 (FC Arpe/Wormbach) sowie der A-Liga Ost (SG Winterberg-Züschen) sowie der A-Liga West (SG Bödefeld/Henne-Rartal) und der A-Liga Arnsberg (TuS Oeventrop) identisch mit denen nach der Hinrunde. In der A-Kreisliga Arnsberg würde es nur das Problem geben, dass mit dem TuS Oeventrop und TuS Rumbeck aktuell zwei Mannschaften punktgleich an der Spitze stehen. Und da in den Kreisligen nicht das Torverhältnis zählt, müssten beide Teams aufsteigen.
Bei einer Fortsetzung der Saison würde die aktuelle Spielzeit voraussichtlich erst im Oktober enden. Wann würde danach die Spielzeit 2020/21 starten? Was ist mit einer Herbst- statt Sommerpause für die Vereine? „Wir brauchen dazwischen mindestens vier bis fünf Wochen Pause“, sagt Mario Droste, Trainer des Fußball-Bezirksligisten SuS Langscheid/Enkhausen. „Man muss ja zum Beispiel auch die neuen Spieler integrieren. Wir haben jetzt schon zehn Zugänge für die neue Saison.“ Für Andreas Mühle, Sportlicher Leiter des TuS Sundern, gibt es nur eine Möglichkeit: „Eine Wertung nach der Hinrunde wäre die fairste unter den vier unglücklichen Entscheidungen. Die Saison braucht einen Reset-Knopf und keine Neverending Story.“
Welches Szenario bevorzugt der Kreisvorstand?
„Ich habe mich da noch nicht festgelegt oder entschieden. Ich muss die ganzen Szenarien erst einmal für mich durchspielen“, sagt Uli Lemmer, Vorsitzender des Kreises Arnsberg. „Ich muss aber schon jetzt die Vereine loben, die sich vorbildlich verhalten und immer die Ruhe bewahrt haben.“
Bereits festgelegt hat sich dagegen Michael Schütte, Vorsitzender des Kreises Hochsauerlandkreis. „Ich würde mich für die Alternative drei entscheiden. Die Tabellenersten sollen aufsteigen“, sagt Schütte und fügt hinzu: „In erster Linie hoffe ich, dass sich die Vereine zu den Szenarien des Verbandes auch äußern.
Was bedeutet das finanziell für die Vereine?
Die Vereine müssen auf jeden Fall bis August weiter auf Einnahmen aus dem Eintrittskarten- sowie Speisen- und Getränkeverkauf verzichten. „Die Kosten laufen aber weiter“, sagt Erwin Jenke, Gesamtkassierer des TuS Medebach. „Die Lücken in der Vereinskasse können nur durch Einsparungen vorgenommen werden. Wir sind aber frohen Mutes, dass es im im August wieder weitergeht.“
Welche Fragen sind jetzt noch offen?
Bei einer Fortsetzung der Saison käme zwangsläufig die Frage auf: Werden Großveranstaltungen nach dem 31. August wieder zugelassen oder wird die bestehende Regelung noch einmal verlängert? Wenn es dazu kommen sollte, wo ist dann die Untergrenze? „Die 50 bis 100 Zuschauer in den Kreisligen könnte man auf den Sportplätzen mit dem nötigen Abstand verteilen. Aber wer hält sich daran? Die meisten gehen doch dahin, wo es eine Wurst und ein Bier gibt. Auf dem Sportplatz ist es wie in der Kirche, da hat fast jeder seinen Stammplatz“, teilt HSK-Kreischef Michael Schütte mit und ergänzt: „Es wird Zeit, dass jetzt endlich eine Entscheidung fällt.“
Das sagen Trainer und Funktionäre
Was halten Vereinsfunktionäre und Trainer aus dem Fußball-Sauerland von den vier Szenarien des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen? Die Sauerlandsport-Redaktion hat nachgefragt.
Jens Richter, Trainer von Bezirksliga-4-Tabellenführer FC Arpe/Wormbach: „Meiner Meinung nach sind sind die Vereine nicht zu spät ins Boot geholt worden. Die Frage ist nur, welche Vereine nehme ich ins Boot? Alle oder nur die noch Titelchancen haben? Wenn es nach mir geht, würde ich die Serie im Herbst gerne sportlich zu Ende spielen. Dies wäre aber mit großem organisatorischen Aufgaben verbunden. Von daher glaube ich nicht daran. Sollte die Serie so wie die Tabelle jetzt ist gewertet werden, nehmen wir das natürlich an. Wir haben schließlich bisher eine überragende Saison gespielt. Wenn die Saison allerdings annulliert werden würde, wäre das für alle eine Katastrophe.“
Markus Hermes, Trainer von A-Liga-West-Tabellenführer SG Bödefeld/Henne-Rartal: „Ich halte nicht so viel davon, dass die Vereine befragt werden. Meines Erachtens muss die Entscheidung, wie bei vielen anderen Dingen, zum Bespiel Schützenfeste, von oben getroffen werden. Ein einheitliches Bild wird der Verband durch die Befragung ohnehin nicht bekommen. Wir nehmen es so wie es kommt. Ich glaube, dass die Saison nicht zu Ende gespielt wird. Wichtig ist, dass zeitnah eine Entscheidung fällt, damit man weiter planen kann.“
Marco Grebe, Trainer des Fußball-Bezirksligisten TuS Voßwinkel, der aktuell Tabellenvorletzter ist: „Ich bin für einen Abbruch und zwar nach dem jetzigen Tabellenstand, denn eine Fortsetzung der Saison ist für unmöglich. Jeder Verein bräuchte eine zwei- bis dreiwöchige Vorbereitungszeit, um wieder in Tritt zu kommen.“
Andreas Schneider, Trainer von A-Liga-Ost-Tabellenführer SG Winterberg/Züschen. „Für uns wäre die vom Verband vorgegebene Variante zwei und drei am besten. Dann wären wir aufgestiegen. Eine Annullierung der Saison ist für mich überhaupt keine Option. Da wären wir der große Verlierer. Sportlich gesehen, wäre mir allerdings die Fortsetzung der Saison noch am liebsten.“
Sandra Kraft, Vorstandsmitglied der Landesliga-Fußballerinnen des SV Thülen: „Wir stehen in der Tabelle jenseits von Gut und Böse. Von daher wäre es mir egal, wenn nicht mehr weitergespielt wird. Wir sind auch schon länger nicht mehr im Training. Von daher weiß ich auch nicht, ob die Spielerinnen überhaupt noch Bock haben. Für mich macht es zudem keinen Sinn, die Saison im Herbst weiterzuführen. Ich finde es allerdings gut, dass der Verband die Vereine bei der Entscheidung mit ins Boot genommen hat.“