Sauerland. Die Corona-Krise weitet sich aus: Auch im Hochsauerlandkreis müssen jetzt Fitnessstudios schließen. Das sorgt mitunter auch für Existenzängste.

Der enge Körperkontakt bei Kursen und im Training, viel Schweiß, Handshakes und Umarmungen sowie das gemeinsame Duschen: Auch Fitnessstudios und Rehazentren gelten in der aktuellen Corona-Krise als Orte mit großem Ansteckungspotenzial. Ein Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums sorgt nun dafür, dass von Dienstag, 17. März, an „auch der Betrieb von Fitness-Studios, Schwimm- und Spaßbädern sowie Saunen untersagt“ ist, wie die NRW-Staatskanzlei erklärt.

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Wie reagieren Betreiber von Fitnessstudios und Rehazentren im Hochsauerlandkreis? Vor welche Probleme werden sie gestellt – und was sind mögliche Lösungen? Diese Zeitung liefert einen Überblick.

Der Erlass

Im Zuge einer Kabinettssitzung hat die NRW-Landesregierung am Sonntag weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie beschlossen. Mit Hilfe eines Erlasses des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales wurden bereits beziehungsweise werden von heute an nahezu alle Freizeit-, Sport-, Unterhaltungs- und Bildungsangebote in ganz Nordrhein-Westfalen eingestellt.

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Nach Theatern, Kinos, Diskotheken, Spielhallen oder Museen müssen ab heute unter anderen auch Schwimmbäder, Saunen und Fitnessstudios ihren Betrieb einstellen. „Alle Freizeitaktivitäten und nicht unbedingt notwendige soziale Kontakte müssen unverzüglich vermieden werden. So sehr das für viele Menschen ein Opfer und eine Einschränkung bedeutet, so wichtig ist es jetzt, besonnen, aber auch entschlossen unser Leben zu entschleunigen“, sagt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).

Die erste Reaktion

Zwar verfolgten seine Mitarbeiter und er die Entwicklungen bezüglich des Coronavirus’ „natürlich schon länger, aber dass wir jetzt erst mal schließen müssen, haben wir endgültig auch erst am Sonntag, 15. März, erfahren“, erzählt Michael Fondacaro, Geschäftsführer des Inmotion-Fitnesstreffs in Sundern.

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„Wir haben zwar mit diesem Schritt gerechnet, wurden von den Maßnahmen aber trotzdem kalt erwischt“, sagt Karl-Heinz Vollmer, Geschäftsführer des Sport- und Gesundheitsparks Pro Vital in Meschede-Enste. „Wirtschaftlich ist das eine schwierige Situation“, betont auch Alex Homann, der in der Geschäftsführung von Sam’s Fitnessclub in Neheim sowie als Fitnesstrainer tätig ist.

Die Rückmeldungen

Der Eindruck: Es gibt kaum Panikreaktionen von Kunden, die nun unbedingt ihre Verträge kündigen möchten. Der Kampf gegen den unsichtbaren Feind, das Coronavirus, schweißt allerorten offensichtlich Studios und Sportler zusammen.

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Das Fitnessstudio Life in Sundern wendet sich erstaunlich offen an seine Mitglieder. Auf Facebook schreiben die Betreiber: „Als kleiner Betrieb und Dienstleister sind wir in diesen Zeiten auf loyale Kunden angewiesen. Wir und unsere Mitarbeiter waren immer bei anderen Betrieben in der Region loyale Kunden und werden es auch weiterhin sein! Wir bitten dich inständig darum, keine Mitgliedsbeiträge zurück zu buchen.“ Die Einstellung vieler Zahlungseingänge würde das Studio nicht verkraften, da die Gläubiger weiterhin bedient werden müssten, heißt es weiter.

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Dass die aktuelle Situation existenzbedrohend sein kann, betont auch Alex Homann von Sam’s Fitnessclub in Neheim. Etwa 1000 Kunden trainierten in dem Studio. „Viele Kunden verstehen die Situation, können aber – genau wie ich – nicht nachvollziehen, dass es jetzt auch unser Studio trifft. Wir haben eine Fläche von etwa 2400 Quadratmetern und in der Spitze höchstens 50 Kunden gleichzeitig hier. Das verläuft sich meiner Meinung nach sehr gut“, sagt Alex Homann. Besonders ärgerlich sei die Krise für Leistungssportler wie Bodybuilder, die in Neheim trainieren. Homann: „Sie trainieren viel, um auf die Bühne zu gehen. Fallen jetzt vier Wochen weg, ist das eine Katastrophe.“

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Brigitte Brüggemann betreibt in Schmallenberg ihr Only Women Bewegungsstudio, das nur Frauen nutzen dürfen. Sie wolle am Dienstag, 17. März, „ganz normal öffnen“, erklärt Brüggemann: „Bislang habe ich keine behördliche Anordnung erhalten, dass ich schließen muss.“ Bei ihr liefen „keine 80 Leute gleichzeitig herum, sondern wesentlich weniger“, so die Betreiberin.

Die alternativen Angebote

Mindestens einen Monat lang können Kunden von Fitnessstudios nun nicht trainieren – das sorgt bisweilen auch für Ärger und ruft auch die Frage nach möglichen Ausgleichen hervor. „Wir haben viele Kunden mit Monatsverträgen. Diese können einfach für einen Monat aussetzen. Anders ist es bei Festverträgen: Da wissen wir selbst noch nicht, wie wir verfahren können. Man könnte die ausgefallene Zeit hinten dranhängen“, sagt Michael Fondacaro.

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Ähnliche Wege geht das Studio Life, ebenfalls in Sundern. „Jedes Mitglied bekommt die Zeit der Schließung auf seinem Zeitguthabenkonto angerechnet und diese Zeitgutschrift wird bei jedem Teilnehmer am Ende seiner Laufzeit zurück erstattet“, heißt es auf der Facebookseite des Life. Zusätzlich sei es möglich, dass die Mitglieder nach der Zwangspause zur Wiederaufnahme ihres Trainings einen Trainingspartner ihrer Wahl kostenlos ins Studio mitbringen dürften.

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Bereits seit Montag, 16. März, hat das Fitnessstudio Injoy in Olsberg geschlossen. Via Facebook wendeten sich die Verantwortlichen jetzt an ihre Kunden: „Damit du auch weiterhin deine Fitness und deine Gesundheit – und damit auch dein Immunsystem – trainieren kannst, empfehlen wir Injoy@home“, schreiben sie dort.

Mehr als 1000 Onlinekurse mit Instruktoren seien im Internet nach einer Registrierung abrufbar (injoy.de/onlinefitness). Zudem will das Injoy Olsberg regelmäßig via Facebook Ratschläge zu den Themen Ernährung, Entspannung und Training geben. „Auch für uns ist das eine noch nie dagewesene Situation. Wir werden dich über alle folgenden Maßnahmen soweit als möglich auf dem Laufenden halten“, heißt es seitens des Studios.

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Mögliche Alternativen zu einem Studiobesuch wie einem Training per Videostream werde der Inmotion-Fitnesstreff wohl nicht anbieten, so Michael Fondacaro: „Ich persönlich halte davon wenig und plädiere sehr für das Training von face to face. Wenn man für sich zu Hause bestimmte Übungen trainiert, dann reicht nur ein falscher Winkel, in dem man das Ganze vollzieht, und schon ist die ganze Übung nicht sinnvoll. Ein Trainer greift dagegen sofort ein und korrigiert“, erklärt er.

Das Glück im Unglück

Er empfinde es derzeit nicht so, dass die vielen Fitnessstudios Konkurrenten seien, sondern sich viel mehr gegenseitig helfen, sagt Michael Fondacaro.

„Wir sind Mitglied in einer Whatsapp-Gruppe mit anderen Studios. Wenn jemand etwas hört zur aktuellen Entwicklung, postet er das. So helfen wir uns alle gegenseitig – ein toller Nebeneffekt der Corona-Krise“, erklärt er.